Albert Rösti: Wie ein Bundesrat mit der eigenen Agenda durchprescht

Seit seinem Amtsantritt als Verkehrs- und Energieminister fällt SVP-Bundesrat Albert Rösti mit staatspolitisch fragwürdigem Vorgehen auf. Drei aktuelle Beispiele zeigen, wie Rösti konsequent eigene Interessen verfolgt – und damit demokratische Prozesse umgeht.

Bundesrat Albert Rösti bei der Eröffnung der Umfahrung der Autobahn A9 in Visp. (KEYSTONE/Gabriel Monnet)

Es ist fast schon ein Markenzeichen seines Regierungsstils: Seit seiner Wahl in den Bundesrat fällt Albert Rösti durch Alleingänge auf – sei es durch Verordnungen, mit denen er das Parlament umgeht, oder durch politische Projekte, mit denen er den Willen der Stimmbevölkerung untergräbt. Drei Beispiele zeigen, wie der ehemalige Auto- und Öl-Interessensvertreter mit klarer Agenda Politik macht.

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Autobahnausbau trotz Volks-Nein

Im Herbst 2023 lehnte die Stimmbevölkerung die milliardenteure Vorlage zum Ausbau der Autobahnen ab. Die Vorlage sah sechs Projekte vor – unter anderem in Basel, Schaffhausen und St. Gallen. Doch Verkehrsminister Rösti lässt nicht locker: Trotz dem Nein an der Urne will er einzelne Ausbauvorhaben erneut prüfen lassen.

Der Verkehrs-Club Schweiz (VCS) kritisiert dieses Vorgehen scharf. Die Wiederaufnahme abgelehnter Projekte widerspreche dem Volksentscheid, heisst es in einer Mitteilung. Der Entscheid Röstis erstaune umso mehr, als dass zurzeit die Auslegeordnung für das Projekt «Verkehr 2045» läuft: Der Bundesrat hat zu Beginn des Jahres die ETH beauftragt, verschiedene Projekte in der Verkehrspolitik zu überprüfen und zu priorisieren. Statt diese Resultate abzuwarten, die im Herbst erwartet werden, presche Rösti vor und bringe persönliche Präferenzen ins Spiel, so der VCS.

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Atomkraftwerke statt Energiewende

Die Schweiz hat sich mit der Energiestrategie 2050 sowie mit dem klaren Ja zum Stromgesetz im Juni 2024 für den schrittweisen Atomausstieg und den Ausbau erneuerbarer Energien ausgesprochen. Dennoch überraschte der Gesamtbundesrat nur Monate später mit einer Kehrtwende: Auf Initiative von Rösti erklärte er sich offen für den Bau neuer Atomkraftwerke.

Diesen Sommer doppelte Rösti auf einer Medienreise nach und forderte ein neues AKW, um den wachsenden Strombedarf zu decken. Damit ignoriert der SVP-Bundesrat zwei grundlegende Dinge: einen klaren Volksentscheid und die Sicherheitsbedenken bei Atomenergie für die gesamte Bevölkerung. Letzteres gilt auch für neue, angeblich sicherere Atomkraftwerke. Denn: Auch sie produzieren radioaktiven Abfall, der über 100’000 Jahre lang extrem gefährlich bleibt und dessen «Entsorgung» bis heute ein ungelöstes Problem darstellt.

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Grundversorgung bei der Postzustellung gefährdet

Röstis Lieblingsmittel für den Abbau im Service public sind Verordnungen. Diese liegen in der Kompetenz des Bundesrates. So will Bundesrat Rösti auch im Bereich der Post-Grundversorgung bereits Tatsachen mittels Teilrevision der Postverordnung schaffen – noch bevor das eigentliche Postgesetz überarbeitet wird. Ein staatspolitisch fragwürdiges Vorgehen.

Der Vorschlag Röstis bei der Teilrevision der Postverordnung sieht vor, dass künftig 60’000 Haushalte von der Zustellung ausgeschlossen werden sollen – darunter fast alle Bauernhöfe. Gleichzeitig soll auch ein massiver Qualitätsabbau bei der Pünktlichkeit der Zustellung stattfinden.

Bei der Konsultation der zuständigen Kommission für Kommunikation, Verkehr und Fernmeldewesen des Nationalrats Anfang Juli 2025 fand jedoch ein SP-Antrag eine Mehrheit: Die Hauszustellungen sollen künftig weiterhin für alle ganzjährig bewohnten Häuser in der Schweiz garantiert bleiben und die heutigen Qualitätsvorgaben dürfen nicht gesenkt werden. Gemäss der SP widerspricht der Zustellungsstopp für 60’000 Haushalte dem Auftrag der Grundversorgung.


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