Breite Allianz für eine Kita-Offensive

Von der Mitte bis zur SP und den Gewerkschaften: Eine breite, überparteiliche Allianz hat heute die Kita-Initiative eingereicht. Mit genügend und bezahlbaren Kita-Plätzen können der Fachkräftemangel bekämpft und die Gleichstellung vorangetrieben werden, lautet es unisono von Seiten der Initiant:innen. Derzeit gibt die Schweiz nur 0,1 Prozent des BIP für die familienergänzende Kinderbetreuung aus. Damit ist die Schweiz das Schlusslicht der OECD-Länder.

Einreichung Kita-Initiative: Menschen stehen mit den Kisten voller Unterschriftenbögen vor der Bundeskanzlei.
Foto: SP Schweiz

Der «Child Penalty Gap», der Lohnunterschied zwischen Müttern und Vätern nach der Geburt des ersten Kindes, beträgt in der Schweiz satte 68 Prozent, wie eine Studie der Princeton University zeigt. Dafür sind konservative Denkmuster sowie die geschlechterspezifische Lohnungleichheit verantwortlich. Aber: Die grosse Differenz lässt sich auch mit der eher bescheidenen Infrastruktur für die familienergänzende Kinderbetreuung erklären. Die Schweiz bildet in Sachen Finanzierung der familienergänzende Kinderbetreuung das europäische Schlusslicht.

Dies soll sich nun ändern, wenn es nach der Kita-Initiative geht. Eine breite Allianz von Mitte-Rechts bis SP und Gewerkschaften hat heute rund 105’000 Unterschriften bei der Bundeskanzlei in Bern eingereicht. Die Initiative fordert mehr bezahlbare Kita-Plätze in der ganzen Schweiz und bessere Arbeitsbedingungen für die Kita-Angestellten.

Nach wie vor wird vor allem auch von bürgerlicher Seite immer wieder vergessen oder schlicht ignoriert, dass wir es uns nicht leisten können, auf unzählige Frauen auf dem Arbeitsmarkt zu verzichten.Rosmarie Quadranti, alt Mitte-Nationalrätin

Mittel gegen Fachkräftemangel

An der Medienkonferenz betonten alle Vertreter:innen der Allianz, dass die Schweiz im Bereich der familienergänzenden Kinderbetreuung im europäischen Vergleich weit zurückliege. Mitte und Grünliberale unterstrichen, dass ein Ausbau des familienergänzenden Betreuungsangebot und mehr Qualität dem Fachkräftemangel entgegenwirken können.

«Nach wie vor wird vor allem auch von bürgerlicher Seite immer wieder vergessen oder schlicht ignoriert, dass wir es uns nicht leisten können, auf unzählige Frauen auf dem Arbeitsmarkt zu verzichten», sagte etwa die alt Nationalrätin und heutige Mitte-Stadträtin von Illnau-Effretikon, Rosmarie Quadranti.

Massnahme für mehr Gleichstellung

Laut Cédric Wermuth, Co-Präsident der SP Schweiz, gehen die jüngsten Entwicklungen im Bereich der familienergänzenden Kinderbetreuung zwar in die richtige Richtung. Sie würden aber nicht ausreichen, wie er an der Medienkonferenz bei der Einreichung der Initiative betont: «Für junge Familien ist es immer noch sehr schwierig, einen bezahlbaren und guten Kita-Platz zu finden», sagt der Aargauer Nationalrat und ergänzt, dass die Konsequenzen der fehlenden Betreuungsmöglichkeiten in erster Linie die Frauen tragen müssten.

Dass die Schweiz in Sachen Gleichstellung mehr tun kann, zeigt der «Global Gender Gap Report 2023». Darin hat die Schweiz seit der letzten Umfrage acht Ränge und damit ihren Platz in den Top 20 verloren. Doch hat der Ausbau der familienergänzender Kinderbetreuung tatsächlich einen positiven Effekt auf die Gleichstellung? Laut einer Untersuchung aus dem Kanton Neuenburg, ist dies der Fall. 800 zusätzliche Kita-Plätze hat der Westschweizer Kanton bereitgestellt, und Ökonom:innen haben die Auswirkungen untersucht. Das Resultat: Die Schaffung der neuen Betreuungsmöglichkeiten hat dazu geführt, dass Mütter ihre Beschäftigungsquote erhöhen konnten. Rund 2000 Frauen haben gemäss Untersuchung von dieser Massnahme profitiert.

Ich bin von meinem Beruf begeistert, aber jeden Tag mit Schwierigkeiten, Stress, mentaler Überlastung und gesundheitlichen Sorgen konfrontiert.Amelie Ojalvo, Fachfrau Kinderbetreuung

Dreijähriges Kind, das bei der Einreichung der Kita-Initiative mit Kreide auf den Boden zeichnet.
Foto: SP Schweiz

Verbesserung der Arbeitsbedingungen

Neben der Schaffung von mehr bezahlbaren Kita-Plätzen will die Initiative auch die Arbeitsbedingungen der Angestellten verbessern. An der Medienkonferenz schilderte Amelie Ojalvo, Fachfrau für Kinderbetreuung aus Genf, dass Erschöpfung und Stress unter den Angestellten weit verbreitet seien: «Ich bin von meinem Beruf begeistert, aber jeden Tag mit Schwierigkeiten, Stress, mentaler Überlastung und gesundheitlichen Sorgen konfrontiert.» Es sei deshalb notwendig, die Arbeitsbedingungen der Mitarbeitenden zu verbessern. Denn auch in den Kitas spitzt sich der Fachkräftemangel zu.

 

Die Kita-Initiative:

Die Kita-Initiative sieht verschiedene Massnahmen zum Ausbau der familienergänzenden Kinderbetreuung vor:

  • Allen Kindern soll bis zum Ende der Grundschule ein Kita-Platz garantiert sein.
  • Eltern sollen nicht mehr als 10 Prozent ihres Einkommens für die Kita-Betreuung ihrer Kinder bezahlen müssen.
  • Die Arbeitsbedingungen für die Kita-Angestellten sollen verbessert werden.

Sobald die Bundeskanzlei die eingereichten Unterschriften geprüft hat, müssen sowohl Bundesrat als auch Parlament über die Initiative entscheiden. Anschliessend kann die Bevölkerung darüber und gegebenenfalls über einen Gegenvorschlag abstimmen.

 

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