Nicht nur die Mitarbeitenden der Credit Suisse hielten am Sonntagabend des 19. März 2023 den Atem an, als Finanzministerin Karin Keller Sutter die Neuigkeit verkündete: Die UBS übernimmt die CS für drei Milliarden Franken. Der Bund und somit die Steuerzahlenden stellen dafür satte 259 Milliarden Franken an Garantien zur Verfügung.
Schon wieder musste der Staat eine Grossbank retten. Dies nur fünfzehn Jahre nach dem UBS-Debakel. Wie konnte das trotz der damals eingeführten Too-big-to-fail-Gesetzgebung passieren? Dies fragten sich auch sämtliche Parteien von links bis rechts. Der Aufschrei war gross. Doch was ist davon übrig ein Jahr danach? Eine Übersicht.
Bürgerliche lenken zunächst ein
Frühling 2023. Es ist der Beginn des Wahlkampfs für die nationalen Wahlen, die im Herbst folgen werden. Die Misswirtschaft der CS-Spitze und das darauffolgende Aus der Grossbank verärgert die Schweizer Wahlbevölkerung nachhaltig. Darüber sind sich die bürgerlichen Parteien im Klaren. Bisher haben sie jegliche Vorstösse zu stärkeren Regulierungen bei den Grossbanken abgelehnt.
Tatsächlich kommen nach dem CS-Crash im Parlament Mehrheiten zustande, die vorher nicht denkbar waren: Der Nationalrat stimmt in der Sondersession vom Mai 2023 sowohl dem von der SP geforderten Boni-Verbot als auch den höheren Eigenkapitalvorschriften zu. Bald schon schiebt die zuständige Kommission im Ständerat jedoch beide Vorstösse auf die lange Bank. Sie wolle die Evaluation zum Too-big-to-fail-Regelwerk vom Bundesrat abwarten, sagt sie. Diese sollte im April dieses Jahres vorliegen.
Verzögerungstaktik
Auf diese Art und Weise vertagte die Wirtschaftskommission letztes Jahr die Diskussionen rund um die Bankenregulierung auf nach den nationalen Wahlen. Bis heute ist unklar, wann die beiden Vorstösse wieder auf die Traktandenliste gesetzt werden. Trotzdem musste zumindest die mit der Finanzindustrie am stärksten verbandelte FDP bei den Wahlen Federn lassen. Heute hat sie den tiefsten Wähler:innenanteil in ihrer Geschichte. Neben den Listenverbindungen mit der SVP dürfte auch das CS-Debakel seinen Teil dazu beigetragen haben.
Auch die SVP machte in der Frühlingssession 2024 deutlich, dass sie es mit mehr Regulierungen für die Grossbanken doch nicht so ernst meint. In einer Motion forderte sie, dass keine Bank too-big-to-fail sein dürfe. Bevor die Debatte im Nationalrat aber beginnen konnte, stelle SVP-Fraktions-Chef Thomas Aeschi selbst einen Ordnungsantrag, um die Motion zurück in die Kommission zu schicken. Begründung: Diese könne den Vorstoss dann sistieren, bis der Bericht der Parlamentarischen Untersuchungskommission vorliege. Das wird voraussichtlich erst Ende Jahr der Fall sein.
Trotz Widerstand von Links stimmte die bürgerliche Mehrheit im Parlament der Rückweisung zu. Gar nicht einverstanden mit dem «durchschaubaren Manöver» der SVP war SP-Co-Präsident Cédric Wermuth. An die Adresse von Aeschi sagte er, dass sich dieser davor gefürchtet habe, dass die Motion eine Mehrheit erhalten könnte: «Sie kriegen kalte Füsse, wenn es ernst wird. Offenbar hat die Bankenlobby gut gearbeitet und Ihre Partei wieder im Griff.»
Klumpenrisiko
Die Taktiererei der Bürgerlichen zeigt, dass die Monsterbank auch dann ein Problem für unser Land und die Demokratie ist, wenn sie nicht in der Krise steckt. Ihr Einfluss erstreckt sich bis tief ins Bundeshaus.
Diese enorme Macht bringt ein enormes Risiko mit sich. Bis heute ist unklar, wie die Schweiz damit umgehen will. Ein erneuter Crash wäre für die kleine Schweiz verheerend. Dies muss um jeden Preis verhindert werden. Neben den Regulierungen bei den Löhnen und der Forderung nach mehr Eigenkapital liegen daher noch andere Vorschläge von der SP auf dem Tisch: So soll die Finanzmarktaufsicht FINMA gestärkt und der Eigenhandel der Grossbank eingeschränkt werden. Ob sich die bürgerlichen Parteien doch noch zu griffigerer Bankenregulierung durchringen können, wird sich zeigen.