Mitte-Rechts will Mindestfranchise bei Krankenkassen erhöhen

Die bürgerliche Mehrheit im Parlament hat einer Erhöhung der Mindestfranchise zugestimmt. Das führt faktisch dazu, dass chronisch Kranke, ältere Menschen und generell vulnerable Personen mehr für die Krankenkasse bezahlen müssen.

Bild: Enio Leanza (Keystone)

Wer häufig ärztlich behandelt werden muss oder weniger Einkommen zur Verfügung hat, wählt bei der Krankenkasse wahrscheinlich die Mindestfranchise. Die monatlichen Prämien steigen dadurch zwar an, dafür übernimmt die Krankenkasse jedoch schon ab einem niedrigeren Betrag die Kosten.

Hinter dem Vorwand der «Kostendämpfung» wollen die Bürgerlichen nun diese Mindestfranchise erhöhen. Heute liegt sie bei 300 Franken. Sie soll zudem periodisch an die Kostenentwicklung im Gesundheitssystem angepasst werden.

Die SVP, aus deren Feder die entsprechende Motion stammt, lässt noch offen, um wie viele Franken sie die Franchise erhöhen wollen. Doch selbst bei einer kleinen Erhöhung dürfte dies den ohnehin schon grossen Druck auf die Versicherten massiv erhöhen. Es sind neben chronisch Kranken auch gerade Personen mit tiefem Einkommen, die aus Kostengründen die Mindestfranchise wählen müssen.

Höherer Selbstbehalt für chronisch Kranke

Die Konsequenzen sind klar: Für chronisch kranke Menschen steigt durch die Erhöhung der Mindestfranchise der Selbstbehalt bei teuren Behandlungen. Ältere Menschen, die auch mehr Ärzt:innenbesuche in Anspruch nehmen, müssen trotz bescheidener Rente ebenfalls mehr selbst bezahlen. Und Patient:innen mit tiefem Einkommen verzichten auf medizinische Behandlungen, weil sie nicht genügend Geld für die Rechnung auf der Seite haben.

Schon heute haben Menschen in der Schweiz im Vergleich zu anderen Bewohner:innen in OECD-Ländern viel höhere Selbstkosten. Mit der Erhöhung der Mindestfranchise wird dies nur verschärft. Auch gehen schon heute etwa 15 Prozent der Menschen nicht oder zur spät zur Ärztin oder zum Arzt, weil sie sich das nicht leisten können. Dieser Anteil ist über die letzten Jahre gestiegen.

Dass genau dies ein Ziel der Erhöhung ist, verstecken die Krankenkassen nicht. Patient:innen würden sich «noch bewusster überlegen, ob und wann sie zum Arzt gehen», sagt eine Gesundheitsökonomin, der für eine Krankenkasse arbeitet. Was er eigentlich sagen wollte: Nur noch reiche Leute sollen die Möglichkeit und das Privileg haben, jederzeit Zugang zu gesundheitlichen Behandlungen zu haben.

Massnahmen für tiefere Prämien auf dem Tisch

Um dieser Ungleichheit ein Ende zu setzen, müssten die Krankenkassenprämien progressiv berechnet werden: Wer mehr verdient, bezahlt auch mehr – und umgekehrt. Ausserdem kann das Parlament die Prämien nur wirksam senken, wenn Kostensenkungsmassnahmen beschlossen werden. Dazu gehören etwa neue Tarife, die kostenneutral sind, die Abschaffung der Profitlogik im Gesundheitswesen und die Einführung einer öffentlichen Krankenkasse.


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