Land voller Mieter:innen, regiert von Eigentümer:innen

Vom geplanten Systemwechsel bei den Liegenschaftssteuern profitieren nur die Eigenheimbesitzer:innen. Kommt die Vorlage durch, müssen Mieter:innen mit Steuererhöhungen rechnen. Es ist der neuste Coup des Hauseigentümerverbands. Dieser ist im Parlament bestens vertreten, obschon die Mieter:innen in der Schweiz deutlich in der Überzahl sind.

Foto: zvg

Im September stimmen wir über den Systemwechsel bei den Liegenschaftssteuern ab. Von einem Wechsel profitieren in erster Linie die reichsten Immobilienbesitzer:innen, die ihre Häuser renoviert haben und auf keine Hypotheken angewiesen sind. Die Mieter:innen müssten im Gegenzug mit Steuererhöhungen rechnen. Dies, obschon sie steuerlich bereits benachteiligt sind, weil sie ihre Wohnkosten nicht von den Steuern abziehen können. Es erstaunt daher nicht, dass der Mieter:innenverband (MV), der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) sowie die SP bei dieser Vorlage zu einem Nein aufrufen.

Kantonsregierungen sprechen sich gegen den Systemwechsel aus

Erstaunlicher ist das Engagement der Kantonsregierungen. Die Konferenz der Kantonsregierungen (KdK) warnt vor hohen Steuerausfällen und stuft die Konsequenzen so gravierend ein, dass sie die Bevölkerung zu einem Nein aufruft. In ihrer Stellungnahme schreibt sie, dass es keinen Handlungsbedarf für diese einschneidende Reform gebe. Und weiter: «Unerwünschte Verwerfungen im nationalen Finanzausgleich können wegen der geringeren Einkommenssteuererträge der betroffenen Kantone nicht ausgeschlossen werden.»

Politik zum eigenen Vorteil

Immer wenn es um neue Privilegien für Immobilienbesitzende geht, hat der Hauseigentümerverband (HEV) seine Finger im Spiel. Präsidiert wird er von SVP-Nationalrat Gregor Rutz, Vizepräsidentin ist Mitte-Ständerätin Brigitte Häberli-Koller. Mit einem Schreiben wendeten sich die beiden im Dezember 2024 an alle bürgerlichen National- und Ständerät:innen. Ihre Bitte: Die Parlamentarier:innen sollen doch bitte den Systemwechsel beim Eigenmietwert so gestalten, dass Hausbesitzer:innen stark profitieren. Dieser Bitte kam eine Mehrheit der Bürgerlichen nach, worauf eine Vorlage verabschiedet wurde, die eine massive Umverteilung von Mieter:innen zu Eigenheimbesitzenden zur Folge hat. Bereits haben diverse Kantone abgekündigt, dass sie als Kompensation die Steuern für die Bevölkerung erhöhen müssen.

80 Prozent der bürgerlichen Parlamentarier:innen haben Wohneigentum

Erstaunlich ist dieser Entscheid gegen die Interessen einer Mehrheit der Schweizer Bevölkerung nicht: Rund 80 Prozent der bürgerlichen Parlamentarier:innen leben selbst in einem Eigenheim und würden entsprechend selbst vom Systemwechsel profitieren. Ganz anders sieht es für die Mehrheit der Bevölkerung aus, die fast zu zwei Dritteln in Mietwohnungen lebt.

Reiche profitieren am meisten vom Systemwechsel

Nicht alle Wohneigentümer:innen profitieren gleich stark von der geplanten Abschaffung des sogenannten Eigenmietwerts. Insbesondere Reiche ziehen den grössten Nutzen aus der Vorlage. Dafür gibt es drei Hauptgründe:

  1. Wer in einem grossen, teuren Haus an bester Lage wohnt, kann mit deutlich höheren Steuererleichterungen rechnen als jemand in einer bescheideneren Eigentumswohnung.
  2. In Zukunft können weder Hypothekarzinsen noch notwendige Renovationskosten von den Steuern abgezogen werden. Davon profitieren besonders jene, die ihr Haus bereits abbezahlt und saniert haben – oft sind das die wohlhabenderen Haushalte.
  3. Für Menschen mit hohem Einkommen fällt der Eigenmietwert steuerlich stärker ins Gewicht. Aufgrund der Steuerprogression – also dem Prinzip, dass höhere Einkommen prozentual stärker besteuert werden – bringt ihnen die Abschaffung deutlich mehr Entlastung als Haushalten mit geringem Einkommen.

Kurz gesagt: Die Steuerreform rund um den Eigenmietwert entlastet nicht alle gleich – es profitieren insbesondere jene, die bereits viel besitzen.

Angriffe auf Mieter:innen haben System

Bereits im November 2024 kamen zwei Referenden zur Abstimmung, bei denen die Rechte der Mieter:innen massiv geschwächt werden sollten. Die starke Einschränkung bei der Untermiete und die Aufweichung des Kündigungsschutzes scheiterten allerdings an der Urne. Trotz der zwei Millionen Franken, die der HEV in die Kampagne gesteckt hatte, vermochte dieser die Mehrheit der Stimmbevölkerung nicht zu überzeugen.
Einen Systemwechsel beim Eigenmietwert hat die Stimmbevölkerung bereits drei Mal abgelehnt – zuletzt 2012. Ob es dem HEV dieses Mal gelingen wird, wird sich zeigen. Klar ist bereits jetzt: Es werden wieder Millionen von Franken in die Kampagne fliessen, im Interesse der Reichsten der rund 35 Prozent Hausbesitzer:innen in der Schweiz.


3 Kommentare

  1. Es gibt sehr viele Eigenheimbesitzer mit sehr einfachen Häusern/Eigentumswohnungen. Leute,welche wie ich nicht viel verdienen und von der Rente leben. Bei einer solchen von z.Bsp. Fr. 60’000.- pro Jahr macht ein fiktiv zugeschlagenes Einkommen von Fr. 15’000.- Eigenmietwert steuerlich einen sehr grossen Unterschied aus. Eine durchschnittliche Miete wäre mit einem solchen Einkommen nicht bezahlbar. Ich bin ein SP-Wähler, aber hier liegen Sie total daneben und bitten den Mittelstand zur Kasse. Die Reichen sind kaum betroffen, da sie z.Bsp. Einnahmen durch Vermietungen sowieso deklarieren müssen und immer noch Gewinn machen dabei.

  2. Darauf zielen die Reichen ab die Unterschicht aus zu quetschen wie eine Zitrone nur damit sie noch mehr haben. Wie ich im letzten Kommentar schon erwähnt habe es zieht Richtung Sklaverei. Ausbeutung der Bevölkerung. Der Bund sollte das wohl der Bevölkerung an erster Stelle haben! Stattdessen geht es nur um Ihre Bedürfnisse und wie kann man der Bevölkerung die Rechte nehmen und sie auszunhemen. Ich sage nur eins dazu die Wirtschaft wird auf diese Weise früher oder später wie ein Kartenhaus zusammen fallen. Und die jenigen die dafür verantwortlich sind werden sich womöglich ins Ausland absetzen um sich ein schönes Leben zu machen.

  3. Nicht alle Hausbesitzer sind reich. Nicht alle Hausbesitzer sind Mitglied vom HEV. Viele Hausbesitzer haben statt zu sparen, Geld in der Renovation und Unterhalt gesteckt, damit sie später weniger Wohnkosten haben. Viele Rentner leiden unter dem hohen Eigenmietwert. Diese ganze Gruppe als Profiteure darzustellen ist nicht richtig.

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