Kredit für die CS-Rettung: So kam es zur Ablehnung im Nationalrat

Die eben zu Ende gegangene ausserordentliche Session rund um die milliardenschwere Übernahme der Credit Suisse (CS) durch die UBS hat ein bemerkenswertes Politschauspiel geboten. Bereits am zweiten der drei traktandierten Tage lehnte der Nationalrat den 109-Millarden-Kredit des Bundes definitiv ab und verweigerte dem Bundesrat damit seinen Segen. Wie kam es dazu? Eine Einordnung in drei Akten.

Der Nationalrat tagt im Rahmen der ausserordentlichen Session am Dienstag, 11. April 2023. Die ausserordentliche Session wurde einberufen, um über die Finanzbeschlüsse des Bundesrats zur Rettung der Grossbank Credit Suisse CS und deren Übernahme durch die UBS zu debattieren. (KEYSTONE/Alessandro della Valle)

Nach der CS-Pleite plädierten Parteien von links bis rechts lauthals in der Öffentlichkeit und die FDP sogar in teuren Zeitungsinseraten für strengere Leitplanken im Bankenwesen. Anders als in ihren öffentlichen Verlautbarungen spielten die bürgerlichen Parteien in den vorbereitenden Kommissionen indes auf Zeit. Bindende Vorstösse für die Deckelung der Boni für systemrelevante Grossbanken, eine substanzielle Erhöhung des Eigenkapitals sowie die Forderung nach einem Verbot des spekulativen Eigenhandels wurden allesamt abgelehnt oder auf ein undefiniertes Später vertagt. Stattdessen verabschiedeten die Kommissionen lediglich verschiedene Postulate – also Prüfaufträge – für die der Bundesrat nach Annahme bis zu zwei Jahre Zeit hat, sich dazu zu äussern. Auch die Frage nach einer Parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK) war vor der Session noch offen.

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Zahnlose Prüfaufträge und leere Versprechen

In der ausserordentlichen Session ging es im gleichen Stil weiter: Ein Ordnungsantrag der SP-Fraktion zur Traktandierung behandlungsreifer Vorstösse, die ein Bonusverbot für systemrelevante Banken, wirksame Sanktionen durch die FINMA sowie höhere Eigenkapitalanforderungen verlangen, wurde von FDP und SVP zusammen mit Mitte und glp bachab geschickt. Auch alle Minderheitsanträge der Sozialdemokrat:innen – u.a. die Schaffung einer Taskforce zum Schutz der Arbeitsplätze bei der CS und mehr Transparenz bei der CS-Übernahme – wurden abgeschmettert.

Damit wurde bereits zum Auftakt der Session deutlich, dass sich das Parlament nach der zweiten grossen Bankenpleite in 15 Jahren kaum auf griffige Rahmenbedingungen für das Bankengeschäft einigen würde.

Die Finanzministerin betonte in der Debatte, dass der Bundesrat beim CS-Debakel alle Alternativen gründlich geprüft und eine vertiefte Analyse vorgenommen hatte. Gleichzeitig aber mahnte sie das Parlament immer wieder, zuerst eine gründliche Diskussion zu führen, bevor irgendwelche Konsequenzen gezogen werden können. Das wirft Fragen auf: Weshalb erneut diese Verzögerungspolitik? Weshalb konnte die FDP-Finanzministerin nicht die ersten Schlussfolgerungen aus der vertieften Analyse des Scheiterns der Too-Big-To-Fail-Gesetzgebung dem Parlament zur Diskussion und erste Weichenstellungen zur Entscheidung vorlegen? Einen Hinweis, in welche Richtung künftige Regulierungen gehen sollten, um keinen solchen Fall mehr zu riskieren, hätte man durchaus erwarten können.

Fehlende Antworten und Zweifel am ehrlichen Willen der Bürgerlichen führten schliesslich dazu, dass SP und Grüne nach einer langer Debatte, die bis tief in die Nacht andauerte, mit der auf fundamentale Kritik festgelegten SVP den Kredit zum ersten Mal ablehnten.

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Das kleine Zugeständnis im Ständerat

Dieses Nein im Nationalrat führte dazu, dass früh am zweiten Sessionstag in der zuständigen Finanzkomission ein Antrag übernommen wurde, der den Bundesrat beauftragt, dem Parlament eine Revision des Bankengesetzes vorzulegen. Die SP berief daraufhin eine Fraktionssitzung ein, um die Bedingungen für eine Zustimmung zu den Bundesgarantien zu besprechen, sollte der Ständerat den Ball seiner vorberatenden Kommission aufnehmen.

In der Tat übernahm der Ständerat am selben Morgen die Vorlage der ständerätlichen Finanzkommission (FK-S). Durch dieses Zugeständnis der kleinen Kammer sah es für einen kurzen Moment danach aus, als könnte der Nationalrat dem Kredit doch noch zustimmen.

Doch auch diese Hoffnung auf stärkere Leitplanken im Bankensektor zerschlug sich noch am selben Tag: Der Antrag wurde auf Anraten von Finanzministerin Karin Keller-Sutter und einem Minderheitsantrag ihrer Parteikolleg:innen im Ständerat verwässert. Aus einem klaren Auftrag zur Erhöhung der Eigenkapitalquote wurde erneut ein blosser Prüfauftrag.

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Die fragwürdigen Signale von Karin Keller-Sutter

Neben der Verwässerung des erwähnten Antrags sendete die Finanzministerin auch in der anschliessenden Ratsdebatte fragwürdige Signale aus. Sie bezog sich in der Frage des zusätzlichen Eigenkapitals immer wieder auf die ohnehin fällige, aber noch nicht umgesetzte Änderung der Eigenmittelverordnung zu Basel III.

Ich kann Ihnen vorweg sagen, dass der Bundesrat mit dieser Formulierung leben kann, und zwar, weil er ja sowieso die Verpflichtung hat, die Basel-III-Verordnung anzupassen. Wir sind im Departement im Moment daran, diese Verordnung anzupassen.<span class="su-quote-cite">Bundesrätin Karin Keller-Sutter im Ständerat</span>

Basel III ist ein Reformpaket des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht mit dem die Solvenz und Liquidität im Bankensektor gestärkt werden sollen. Doch die Umsetzung dieses internationalen Regelwerkes war bereits vor dem CS-Debakel geplant. In der Ratsdebatte blieb die Finanzministern bei konkreten Nachfragen bezüglich Verbindlichkeit in der Frage der Eigenkapitalanforderungen vage. Sie wies dabei darauf hin, dass die Vorschläge des Bundesrates der Branche – und damit allen voran der neuen Megabank von CS/UBS – sicher nicht gefallen würden. Die Krux: Bei Verordnungsänderungen berücksichtigt die Verwaltung meist in erster Linie die Brancheninteressen.

Ich kann Ihnen noch keine Einzelheiten nennen, weil wir noch nicht über die endgültige Fassung der Verordnung verfügen, die ich jetzt nicht einmal vor mir habe.<span class="su-quote-cite">Bundesrätin Karin Keller-Sutter im Nationalrat</span>
 

Die Aussagen von Karin Keller-Sutter konnten die Zweifel nicht ausräumen, dass in Wahrheit keine Bereitschaft im Bundesrat besteht, über die ohnehin geplanten, aber offensichtlich ungenügenden Anpassungen der internationalen Standards mit Basel III hinauszugehen, um die Risiken der neuen Megabank zu minimieren.

Mit den fehlenden klaren politischen Signalen der Finanzministerin war das zweite, definitive Nein des Nationalrats zum 109-Milliarden-Kredit besiegelt. Die ausserordentliche Session endete so einen Tag früher als geplant – ohne strengere Leitplanken für das Bankwesen. Dafür mit dem weiterbestehenden Risiko, dass die Steuerzahler:innen in ein paar Jahren für die Rettung einer Megabank geradestehen müssen.

1 Kommentar

  1. Bedenklich wie die Bürgerlichen offenbar Lippenbekanntnisse zu dieser gigantischen Umordnung für ausreichend halten. Eine zusätzliche Session nur für heisse Luft ist sehr beschämend.
    Die Linke soll unbedingt dranbleiben m. E. nicht nur mit der Bonistreichung für systemrelevante Banken, sondern mit Maximallohnbeschränkungen für alle Banken (1: 12 wäre schon richtig gewesen!!) Die Taskforce für die CS-Angestellten wäre ebenfalls wichtig. Die meisten Angestellten können ja nichts für das Geschäftsgebaren der Kaders.

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