Zürcher Mindestlohn: Breiter Kompromiss gegen Armut

Die Stadt Zürich stimmt am 18. Juni über die Einführung eines Mindestlohns ab. Die Kompromiss-Vorlage hat gute Chancen, angenommen zu werden und hilft rund 17'000 Menschen. Ökonom:innen sind sich einig: Von den Mindestlöhnen profitieren Tieflohnbetroffene und zusätzlich wird die Lohngleichheit gestärkt.

Unter anderem Angestellte die in der Reinigung arbeiten, würden von einem Mindestlohn profitieren (KEYSTONE/Gaetan Bally)

Nach der erfolgreichen Einreichung der Volksinitiative «Ein Lohn zum Leben» hat der Zürcher Stadtrat im Sommer 2022 dem Parlament einen Gegenvorschlag präsentiert. SP, Grüne, Mitte, EVP und AL haben daraufhin im Gemeinderat einen Mindestlohn-Kompromiss beschlossen, der auf diesem Gegenvorschlag aufbaut.

17’000 Menschen in Zürich – davon zwei Drittel Frauen – könnten dank diesem Kompromiss bald einen höheren Lohn erhalten. Sie verdienen gemäss der Schweizerischen Lohnstrukturerhebung auf 100 Prozent weniger als 4’000 Franken im Monat. Die Betroffenen arbeiten vor allem in der Büroreinigung, liefern Essen aus oder sind im Detailhandel tätig. Gerade auch mit Blick auf die hohe Teuerung, die aktuell 78’000 Menschen in der Schweiz in die Armut treibt, hilft die Einführung eines Mindestlohnes auf kantonaler oder städtischer Ebene. Das letzte Wort haben die Stimmberechtigen am 18. Juni. Dann stimmen die Zürcher:innen über die Einführung eines städtischen Mindestlohns ab.

Das will der Mindestlohn-Kompromiss

Mit dem Mindestlohn-Kompromiss soll ein Mindestlohn von 23,90 Franken pro Stunde für Angestellte ab 18 Jahren auf Gemeindegebiet eingeführt werden. Ausgenommen von der Regelung sind Lernende, Praktikant:innen sowie Familienbetriebe. Für Betriebe mit finanziellen Schwierigkeiten gilt eine Übergangsfrist von zwei Jahren. Ausserdem enthält der Mindestlohn-Kompromiss eine Ausnahme für unter 25-Jährige ohne abgeschlossene Erstausbildung, damit der Anreiz für eine gute Ausbildung bestehen bleibt.

Skepsis gegenüber Mindestlöhnen unbegründet

«Ein Mindestlohn eignet sich zur Armutsbekämpfung so wenig wie ein Laubbläser zur Herstellung von Schlagrahm» titelte die NZZ noch vor zwei Monaten. Stimmt das? Nein, zeigen zahlreiche Studien aus der Wirtschaftswissenschaft. Gemäss Michael Siegenthaler, Leiter des Forschungsbereichs Arbeitsmarkt bei der Konjunkturforschungsstelle KOF haben Mindestlöhne positive Auswirkungen auf die Lohngleichheit und den Arbeitsmarkt. Gegenüber «direkt» sagt Siegenthaler, dass Mindestlöhne am unteren Ende der Lohnskala einen effektiven Anstieg der Löhne bewirken. «Die Forschung zeigt auch, dass die Umsetzung recht gut funktioniert. Die Menschen erhalten einen höheren Lohn und verlieren ihre Stelle nicht.»

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