Recherche zeigt: Auch Glencore könnte von Tonnage-Tax profitieren

Rohstoffkonzerne und Reedereien konnten in den letzten drei Jahren Milliarden-Gewinne verbuchen. Ausgerechnet diese beiden Branchen sollen jetzt durch die Tonnage-Tax begünstigt werden.

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Hohe Rohstoffpreise führen dazu, dass Konzerne wie Glencore Rekordgewinne einstreichen. Auch Reedereien weisen riesige Profite aus. Die Lieferketten-Probleme und knappen Kapazitäten an den Häfen liessen die Frachtkosten explodieren. Wer einen Stellplatz auf einem Containerschiff ergattern wollte, musste im letzten Jahr anstatt den üblichen 2’000 Dollar bis zu 12’000 Dollar dafür bezahlen.

SVP, FDP und Mitte wollen nun genau diese beiden Branchen mit Sonderrechten ausstatten, damit sie von Steuererleichterungen profitieren. Denn die Rekordgewinne müssten mit der Tonnage-Tax nicht mehr versteuert werden. Neu sollen nur noch die Transportkapazitäten zählen («Tonnage»).

Maritime Transportkapazitäten bei Glencore

Auch Glencore hat eigene maritime Transportkapazitäten, wie Sarah Antenore, Leiterin Kommunikation Schweiz bei Glencore auf Anfrage von «direkt» bestätigt. Wird somit auch Glencore von der geplanten Steuererleichterung profitieren? Auf Anfrage sagt Antenore, dass Glencore erst nach Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens sagen könne, was die allfälligen «Implikationen» für den Konzern sind.

Glencore: einer der grössten Gewinner des Ukraine-Kriegs

Bereits jetzt ist klar: Bei den Rohstoffkonzernen klingeln derzeit die Kassen. Allen voran bei Glencore. Die Financial Times bezeichnet den Zuger Konzern als «einer der grössten Gewinner des durch den Krieg in der Ukraine ausgelösten Tumults auf den Rohstoffmärkten». Laut Public Eye konnte Glencore 2021 den Gewinn im Vergleich zum Durchschnitt vor der Pandemie um 661 Prozent steigern. Im ersten Semester 2022 waren es gar 846 Prozent.

Viele Rohstoffunternehmen haben eigene maritime Transportkapazitäten

Doch nicht nur Glencore verfügt über eigene Frachtkapazitäten. Gemäss Recherche von Public Eye steuern die grössten Schweizer Rohstoffhändler über 2’600 Schiffe, einen Grossteil davon aus der Schweiz. Die Tonnage-Tax kommt demnach einer Branchensubvention gleich. Ein Insider, zitiert vom Sonntagsblick, gibt zu bedenken: «Für Handelskonzerne mit grossen eigenen Flotten könnten sich erhebliche Steuerersparnisse ergeben, da sie ihre eigenen Verträge so umschichten werden, dass die Gewinne in den Schiffsbetrieb fliessen.»

Steuererleichterung für Milliardärsfamilie

Eine weitere Profiteurin der Steuererleichterung ist die Familie Aponte aus Genf. Sie besitzt mit der Mediterranean Shipping Company MSC die grösste Reederei der Welt und pflegt laut der Sonntagszeitung bereits heute gute Kontakte zur Genfer Steuerbehörde. Apontes konnten ihr Familienvermögen 2022 um elf Milliarden auf 19,5 Milliarden vergrössern. Damit sind sie die grössten Gewinner:innen im Ranking der Superreichen in der Schweiz. Der genaue Wert von MSC ist nicht bekannt, da das Unternehmen nicht an der Börse kotiert ist. Berechnungen zu Folge dürfen es aber um die 100 Milliarden Dollar sein.

Grosse deutsche Reederei bezeichnet Tonnage-Tax als «nicht nachhaltig»

Während in der Schweiz über die Einführung der Tonnagen-Tax diskutiert wird, stellt Rolf Habben Jansen, Chef von Hapag-Lloyd, der grössten Reederei Deutschlands, diese Form von Besteuerung aufgrund der Rekordgewinne der letzten Jahre infrage. Gegenüber der Zeitung Die Welt äussert er sich mit deutlichen Worten: «Diese Regelung ist nicht in Ordnung und auch nicht nachhaltig.» Er fügt an: «Wir müssen daran etwas ändern. Ich halte das nur für fair.»

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