Nach den Ausschreitungen an der unbewilligten Palästina-Demonstration vom 11. Oktober war die Empörung gross – zu Recht. Gewalt gegen Menschen und Sachbeschädigungen sind nicht zu rechtfertigen. Die grossen Parteien, auch die linken, äusserten sich kurz nach der Demonstration deutlich dazu.
Nach der offiziellen Kommunikation an der Medienkonferenz der Berner Stadtregierung und der Kantonspolizei äusserte sich die SP Stadt Bern zu den Ausschreitungen. Darin verurteilte sie die Gewalt und die gewaltverherrlichenden und hetzerischen Aufrufe vor und während der Kundgebung unmissverständlich. Auch SP-Nationalrätin Jacqueline Badran, Vizepräsidentin der SP Schweiz, verurteilte die Gewalt in einer Talksendung von TeleZüri am Sonntag klar.
Der falsche Eindruck vom «Schweigen»
Wer aber die Berichterstattung zur Demonstration in den Schweizer Medien verfolgt, erhielt ein komplett anderes Bild – allen voran bei den Tamedia-Titeln, welche den gleichen Artikel unter anderem im Tagesanzeiger, der Berner und Basler Zeitung veröffentlichte. Der Titel: «Ich erwarte von der SP-Spitze eine klare Stellungnahme» (Tamedia-Zeitungen, 13.10.2025). Im Text wird behauptet, die Parteileitungen der SP und der Grünen hätten geschwiegen und sich erst auf Anfrage geäussert. Die Stellungnahme der SP Stadt Bern wird nicht erwähnt und es wird suggeriert, dass es die linken Parteien unterlassen haben, sich zu Äussern. Erst nachdem die SP eine Richtigstellung verlangte, wurde der online-Artikel um die Stellungnahme der SP Stadt Bern ergänzt und später noch der Titel angepasst.
SP-Vizepräsidentin wird unsichtbar gemacht
Noch problematischer ist der unterschiedliche Umgang mit den politischen Akteur:innen. Während SP-Co-Präsident Cédric Wermuth vorgeworfen wurde, sich erst «auf Anfrage» am Montagmorgen geäussert zu haben, zitierte Tamedia die Stellungnahme des FDP-Präsidenten Thierry Burkart in einer Talksendung – als Beweis für seine schnellen Reaktion. Dass Jacqueline Badran, Vizepräsidentin der SP Schweiz, in derselben Sendung ebenfalls eine klare Verurteilung der Gewalt ausgesprochen hatte, blieb unerwähnt. Ein bürgerlicher Politiker, der sich in einer Talkshow äussert, gilt als schnell, während in der gleichen Sendung die linke Stimme dazu ausgeblendet wird.
Mediale Diskreditierung
In der Summe entsteht ein Zerrbild von SP und Grünen als Parteien, die sich angeblich nicht von der Gewalt aus linksautonomen Kreisen distanzieren. Dies obschon klare öffentliche Statements zu den Ausschreitungen am Samstag längst vorlagen. Solche tendenziösen Darstellungen schaden nicht nur den betroffenen Parteien, sondern auch dem Vertrauen in einen sachlich fundierten Journalismus – denn diese Art der Berichterstattung kann nur als politische Stimmungsmache interpretiert werden.