Familien in der Schweiz haben die höchsten Kita-Kosten

Im europäischen Vergleich bezahlen Eltern in der Schweiz am meisten für die familienergänzende Kinderbetreuung. Ein neues Gesetz soll dies verbessern. Doch dieses reicht noch nicht aus, um ein flächendeckendes und bezahlbares Angebot sicherzustellen.

Foto: Artem Podrez (Pexels)

Wer seine Kinder in der Schweiz in einer Kita betreuen lässt, muss dafür tief in die Tasche greifen. 29 Prozent des Einkommens gibt ein Paar mit zwei Kindern hierzulande im Durchschnitt für Vollzeit-Betreuungsplätze aus. Das ist im europäischen Vergleich mit Abstand am meisten, gefolgt von Irland mit 21 Prozent und England sowie der Slowakei mit 19 Prozent. In allen anderen Ländern ist die familienergänzende Kinderbetreuung wesentlich günstiger.

Breite Allianz fordert Kita-Offensive

Damit Eltern in der Schweiz weniger unter den hohen Kinderbereuungskosten ächzen, hat eine breite Allianz von Mitte bis SP, Gewerkschaften und verschiedenen Verbänden die Kita-Initiative eingereicht. Die Initiative fordert garantierte Kita-Plätze bis zum Ende der Primarschule, eine Begrenzung der Kosten auf zehn Prozent des Einkommens sowie bessere Arbeitsbedingungen für Kita-Angestellte. Der Bund soll zwei Drittel der Kosten für die familienergänzende Kinderbetreuung übernehmen.

Die Kita-Initiative entlastet nicht nur Familien finanziell, sondern trägt auch zur Bekämpfung des Fachkräftemangels und zur Förderung der Gleichstellung bei. Denn wenn sich eine Familie die Betreuung in einer Kita nicht leisten kann, übernimmt nach wie vor meist die Mutter die unbezahlte Care-Arbeit. Mehr bezahlbare Kita-Plätze ermöglichen es diesen Müttern, nach der Geburt schneller wieder ins Erwerbsleben zurückzukehren. Ein Beispiel aus dem Kanton Neuenburg zeigt, wie wirksam solche Massnahmen sind: Durch die Schaffung von 800 zusätzlichen Vollzeit-Kita-Plätzen konnten rund 2000 Frauen ihre Erwerbstätigkeit erhöhen oder überhaupt ins Erwerbsleben zurückkehren – ein deutlicher Beleg für das Potenzial gezielter Investitionen in die familienergänzende Betreuung.

Nationalrat geht einen Schritt in die richtige Richtung

Aktuell gibt die Schweiz 0,1 Prozent des BIP für die familienergänzende Kinderbetreuung aus. Der Durchschnitt in den OECD-Ländern beträgt 0,8 Prozent. Das zeigt: Es gibt Luft nach oben. Dieser Meinung ist auch der Nationalrat. In der Sondersession hat er zugestimmt, das seit vier Jahren in der Beratung befindliche Kita-Gesetz als indirekter Gegenvorschlag zur Initiative zu präsentieren. Zugleich hat er das vom Ständerat erarbeitete Betreuungszulagenmodell verabschiedet und punktuell verbessert. Künftig sollen, wie vom Ständerat vorgeschlagen, Eltern monatlich mit 100 Franken entlastet werden, wenn sie ihr Kind einen Tag in der Kita betreuen lassen. Mit jedem weiteren Halbtag erhöht sich die Zulage um 50 Franken.

Zudem hat der Nationalrat die Programmvereinbarungen mit Förderbereichen zu Qualität, Vereinbarkeit und Inklusion wieder in das Gesetz aufgenommen und mit einem Bundesbeitrag von maximal 200 Millionen Franken ausgestattet. Damit können die Kantone gezielt beim Ausbau der frühen Förderung unterstützt werden – auch dort, wo heute noch Lücken bestehen, etwa bei Angeboten für Kinder mit Behinderungen.

Kita-Gesetz weist Mängel auf

Auch wenn dies deutliche Verbesserungen zum Status Quo sind. Aber: Anträge auf eine weitere Senkung der Elternbeiträge, etwa von der SP, lehnte der Nationalrat ab. Weiter bemängelt das Initiativkomitee, dass die Arbeitsbedingungen im Kita-Gesetz aussen vor bleiben. Die Initiant:innen verlangen ein flächendeckendes und qualitativ hochwertiges Kita-Angebot, das nur mit guten Arbeitsbedingungen zu haben ist. Tatsächlich laufen den Kitas aktuell die Angestellten davon. Immer weniger Menschen sind bereit in dieser Tieflohn-Branche die Strapazen des Kita-Alltags auf sich zu nehmen.


1 Kommentar

  1. 32-Stunden-Woche (4-Tage-Woche) bei bisherigem Lohn für alle!

    Viel Sinnvoller als KiTa und Elternzeit. So können Eltern 4 Tage die Woche ohne Lohneinbussen für ihre Kinder da sein…

    Gleichzeitig werden Kinderlose nicht (erneut) diskriminiert

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