Kostenreduktion im Gesundheitswesen ist möglich

Die Kosten des Gesundheitswesens in der Schweiz steigen stetig an und die Krankenkassenprämien werden immer teurer. Dabei werden auch bürgerliche Rufe nach einer Zweiklassenmedizin laut. Sie ignorieren dabei, dass es im Gesundheitswesen grosses Sparpotential gibt – ohne dass die Qualität der Leistungen sinkt – und durch die Abschaffung der obligatorischen Krankenkassen die Kosten lediglich auf die Menschen verschoben werden.

Foto: Keystone (Marcel Bieri)

Die Krankenkassenprämien werden nächstes Jahr voraussichtlich im Durchschnitt um sechs Prozent steigen. Gerade für Menschen mit tiefen Löhnen und für Familien wird die Situation immer schwieriger. Doch das müsste nicht sein: Im Gesundheitswesen könnten in verschiedenen Bereichen Kosten eingespart werden. Eine Auswahl.

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Doppelspurigkeit vermeiden, Informationsfluss verbessern

Nicht alle Informationen finden den Weg vom Hausarzt zur Spezialistin. Auch Therapeut:innen haben oft keinen Zugang zu den Gesundheitsdaten der Ärzt:innen. Dies führt dazu, dass zahlreiche Untersuchungen mehrfach durchgeführt werden. Das elektronische Patient:innendossier (EPD) könnte Abhilfe schaffen. Ein solches kann seit letztem Jahr eröffnet werden, was bisher aber nur rund 19’500 Menschen getan haben.

Damit möglichst viele Menschen ein EPD eröffnen, muss der Aufwand dafür gering gehalten werden. In den meisten Kantonen muss das EPD aber vor Ort bei einer zuständigen Stelle eröffnet werden, was je nach Wohnort mit längerer Anreise verbunden ist.

Seit dem 21. August ist es nun aber in den Kantonen Basel-Stadt, Bern, Schaffhausen, Solothurn, Zug und Zürich möglich, das Dossier online zu beantragen. Zurzeit läuft die Vernehmlassung zu einer umfassenden Revision des dazugehörigen Gesetzes (EPDG). Damit soll die Eröffnung eines EPD schweizweit massgeblich erleichtert werden.

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Lohnschere schliessen

Rund 70 Prozent der Krankenkassenkosten sind auf Personalkosten zurückzuführen. Natürlich müssen alle Angestellten im Gesundheitswesen einen angemessenen Lohn erhalten. Aber: Die Lohnschere im Gesundheitswesen ist gewaltig. Während Pflegefachkräfte rund 80’000 Franken pro Jahr verdienen, liegt der Medianlohn der Neurochirurg:innen bei fast 700’000 Franken. Dazu kommen Anreizsysteme für Ärzt:innen, eine gewisse Anzahl lukrativer Eingriffe vorzunehmen. So werden Operationen durchgeführt, ohne dass eine Notwendigkeit dafür besteht – insbesondere bei Patient:innen mit Zusatzversicherungen.

Eine faire Lohnstruktur für die Gehälter innerhalb der Gesundheitsinstitutionen könnte Abhilfe schaffen. Zudem müssen die erwähnten Anreizsysteme abgeschafft werden. Denn unnötige und kostspielige Eingriffe verteuern das Gesundheitssystem.

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Prävention fördern

Studien zeigen: Ein in präventive Massnahmen investierter Franken kommt vielfach zurück. Am Beispiel der Tabakprävention bedeutet dies: Pro ausgegebenem Franken können 41 Franken Folgekosten durch Tabakkonsum eingespart werden. Gezielter Prävention verhindert, dass es überhaupt zu einer Krankheit kommt, oder dass diese unbemerkt voranschreitet. Zu den präventiven Massnahmen gehören neben Vorsorgeuntersuchungen auch Werbeverbote für gewisse Substanzen oder Aufklärungskampagnen.

Aktuelles Beispiel dazu: Die Umsetzung der angenommenen Volksinitiative «Kinder und Jugendliche ohne Tabakwerbung». Diese dürfte für Diskussionen sorgen, denn die zuständige Gesundheitskommission des Ständerats will das Tabakwerbeverbot abschwächen. Damit spielt die bürgerliche Mehrheit das Spiel der Tabaklobby und ignoriert den positiven Effekt der Prävention auf die Gesundheit und damit auch auf die Kostenentwicklung.

Fakt ist: Der Ausbau von präventiven Massnahmen würde nicht nur unnötiges Leid verhindern, sondern die Gesundheitskosten langfristig deutlich senken.

Das Einsparpotenzial im Gesundheitswesen ist gross, ganz ohne unausgegorene Forderungen der Rechten nach mehr Zweiklassenmedizin. Ebenfalls gross ist es bei den Medikamenten. Diesem Thema widmen wir uns im dritten Teil der «direkt»-Serie zu den Gesundheitskosten. Nicht verpassen und jetzt Newsletter abonnieren.

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1 Kommentar

  1. „Das elektronische Patient:innendossier (EPD) könnte Abhilfe schaffen“
    Ja – könnte es, wenn es denn nur halbwegs brauchbar wäre. Dort sind unsortierte pdf’s (meistens Scans = Bilder) abgelegt, weder vernünftig sortiert noch kategorisiert. Das verursacht mehr Aufwand als es in dieser Form je bringen kann. DESHALB braucht das Ding niemand. Der Bund soll gefälligst etwas Brauchbares basteln – er hätte dazu ja seit 2006(!) Zeit gehabt. Man muss jetzt nicht den Gebrauch das Sch-Dingens auf biegen und brechen erwzwingen, sondern die Software brauchbar machen: Gute Software, die nichts kostet wird sich ganz von selbst durchsetzen – da braucht es keinen Imperator, der dies tut.

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