Man sei besorgt und beobachte die Lage genau, sagt Walter Angst, Co-Geschäftsleiter des Zürcher Mieterinnen- und Mieterverbands (MV) im Tagesanzeiger. Gestiegene Energiepreise lassen die Nebenkosten schon dieses Jahr stark ansteigen, die Erhöhung des Referenzzinssatzes wird die Mieten ab nächstem Juni weiter steigen lassen. Damit aber noch nicht genug. «Die starken Erhöhungen erwarten wir für das Jahr 2024», sagt Angst weiter. Das kann insbesondere für Menschen mit tiefen Einkommen und Rentner:innen zum existentiellen Problem werden. Denn kann die Miete nicht bezahlt werden, droht die fristlose Kündigung der Wohnung.
Der Referenzzins steigt, die Nebenkosten werden teurer
Der erwartete Anstieg der Mieten hat zwei Ursachen. Der hypothekarische Referenzzinssatz liegt heute bei 1.25 Prozent und wird im März 2023, erstmals seit vielen Jahren, um 0.25 Prozentpunkte ansteigen. Ein weiterer Anstieg auf 1.75 Prozent wird für September 2023 erwartet. Was kompliziert und technisch klingt, hat direkte Auswirkungen auf viele Mieter:innen. Sowohl die Grossbank UBS wie auch der MV gehen davon aus, dass die Mieten deshalb bis Ende 2023 um 6 Prozent ansteigen werden. Wer heute für seine Wohnung 2600 Franken im Monat bezahlt, würde damit pro Jahr 1800 Franken mehr bezahlen. Bis Ende 2025 könnten Mieten wegen Referenzzins, Nebenkosten und Inflation sogar bis zu 20 Prozent steigen.
Dazu machen steigende Preise bei Gas- und Heizöl die Nebenkosten immer teurer. Laut Berechnungen des Schweizer Mieterinnen- und Mieterverbands ist sogar eine Verdopplung der Kosten möglich. Besonders stark trifft es alte, schlecht isolierte Gebäude.
Mieter:innen können sich wehren
Vermieter:innen dürfen die Mieten aber nicht einfach anheben. Eine Anpassung ist nur dann zulässig, wenn in der Vergangenheit die Senkungen des Referenzzinses an die Mieter:innen weiter gegeben wurden und sich die aktuellen Mieten auf den Referenzzinssatz von 1.25 Prozent beziehen. Der MV rät, bei einer Erhöhung die Anfechtung zu prüfen. In vielen Mietverhältnissen stünden die Chancen gut, so Walter Angst im Tagesanzeiger. Wichtig ist dabei, auf keinen Fall die Frist von 30 Tagen zu verpassen. Wer bis dahin keine Einsprache macht, verliert alle Senkungsansprüche.
Während es bereits im Frühling verschiedene politische Vorstösse auf nationaler Ebene und ein Schreiben des MV an den Bundesrat gab, die alle eine Entlastung der Mieter:innen wegen steigendender Energiekosten forderten, hat der Bund bis jetzt nicht gehandelt. In seinem Antwortschreiben an den MV hält er fest: «Der Bundesrat ist sich der Herausforderungen bewusst, die steigende Energiepreise für die Wirtschaft im Allgemeinen und für die Mieter im Besonderen mit sich bringen. Im Moment sieht er keinen unmittelbaren Handlungsbedarf.»