Lohndiskriminierung in der Schweiz nimmt zu

2021 verdienten Frauen in der Schweiz 17,7 Prozent weniger als Männer. Die Schweiz belegt damit den drittletzten Rang im europaweiten Vergleich. Doch damit nicht genug: Der geschlechterspezifische Lohnunterschied hat seit 2012 sogar um 0,3 Prozent zugenommen.

Frauen arbeiten häufiger in Tieflohnbranchen als Männer. (KEYSTONE/LAIF/Daniel Pilar/laif)

Einmal mehr schneidet die Schweiz im Europäischen Vergleich schlecht ab, wenn es um die Gleichstellung geht. Dies zeigen die neusten Zahlen von Eurostat, dem statistischen Amt der Europäischen Union, zum geschlechterspezifischen Lohnunterschied. Die Schweiz belegt Rang drei ­– von hinten. Zusammen mit den anderen deutschsprachigen Ländern und Estland bildet sie das Schlusslicht.

Zudem ist die Schweiz neben Malta und Litauen eines der drei wenigen Ländern, dass seit 2012 keine Verbesserung erreicht hat. Der «Gender Pay Gap» nahm sogar um 0,3 Prozent zu. Estland, Rangletzte im Ländervergleich, konnte die Lücke in den letzten zehn Jahren immerhin um 9,4 Prozent schliessen.

Frauen sind strukturell benachteiligt

Der Lohnunterschied nach Geschlecht kann laut dem eidgenössischen Büro für Gleichstellung von Frau und Mann um rund die Hälfte nicht erklärt werden. Doch auch erklärbare Faktoren wie die berufliche Stellung, die Dienstjahre oder das Ausbildungsniveau zeugen von struktureller Benachteiligung der Frauen. Konservative Denkmuster halten sich in der Schweiz wacker. So gibt es keine Elternzeit und auch die familienergänzenden Betreuungsstrukturen müssen zwingend ausgebaut werden, um für alle Geschlechter faire Rahmenbedingungen zu schaffen. Denn es sind immer noch die Frauen, die einen Grossteil der Sorgearbeit leisten. Kein Wunder also, dass die Teppichetagen in diesem Land immer noch vor allem von Männern bevölkert werden.

Vorreiterin Luxemburg

Die Eurostat-Statistik zeigt auch: In anderen Ländern hat sich der geschlechterspezifische Lohnunterschied positiv entwickelt. In Luxemburg verdienen die Frauen gar 0,2 Prozent mehr als die Männer. Spanien konnte den Gender Pay Gap um fast 10 Prozent verringern und belegt nun mit 8,9 Prozent den 7. Rang. Der europäische Schnitt liegt derzeit bei 12,7 Prozent Lohnunterschied. Das ist eine Verbesserung von 3,7 Prozent in zehn Jahren. Wenn es so weiter geht, ist der Gender Pay Gap in 34 Jahren geschlossen – will die Schweiz mitziehen, muss sie nun Gas geben.

Der Gender Pay Gap
Mit Gender Pay Gap wird das Lohngefälle zwischen den Geschlechtern beschrieben. Beeinflusst wird der durch «erklärbare Faktoren» und «unerklärbare Faktoren». Der erklärbare Lohnunterschied ist auf sogenannte Ausstattungseffekte zwischen männlichen und weiblichen Berufslaufbahnen zurückzuführen. So sind Frauen weniger in Kaderpositionen vertreten, haben ein etwas tieferes Bildungsniveau als Männer und sind stärker in Tieflohnbranchen vertreten als Männer. Bereits bei diesen Faktoren wird eine strukturelle Benachteiligung von Frauen deutlich. Ganz klar von einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts kann beim unerklärbaren Lohnunterschied gesprochen werden. Denn dieser kann nicht auf diese Ausstattungseffekte zurückgeführt werden.

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