Femizide: Behörden reagieren endlich mit Massnahmen

Die Gleichstellungsexpert:innen vom Bund sind alarmiert: Bereits 18 Frauen und Mädchen wurden dieses Jahr Opfer eines Femizids. Auf Initiative von Innenministerin Elisabeth Baume-Schneider haben Bund, Kantone und Gemeinden nun konkrete Präventionsmassnahmen definiert.

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«Femizide sind die extremste Form von Gewalt gegen Frauen», schreibt das Eidgenössische Büro für Gleichstellung von Frau und Mann (EBG). Dieser Extremismus hat nun eine neue Dimension erreicht: In den letzten sechs Monaten wurden in der Schweiz alle anderthalb Wochen eine Frau oder ein Mädchen getötet – das ist eine deutliche Zunahme im Vergleich zu den vergangenen Jahren. Angesichts dieser alarmierenden Zahlen fordern Bund, Kantone und Gemeinden koordiniertes Handeln auf allen staatlichen Ebenen.

Drei dringliche Massnahmen

Nach einer ausserordentlichen Sitzung haben die Akteur:innen drei dringliche Massnahmen festgelegt, um die Sicherheit von Frauen in der Schweiz zu stärken.

  1. Mehr Schutz- und Notunterkünfte in den Regionen: Diverse Organisationen, darunter die SP Frauen und Brava, forderten erst kürzlich in einer Petition mehr Frauenhäuser. Gemäss Empfehlungen des Europarats müsste die Schweiz ein Zimmer pro 10’000 Einwohner:innen bereitstellen. Aktuell gibt es aber nur 0,24 Zimmer pro 10’000 Einwohner:innen.
  2. Mehr Gewaltprävention in Trennungsphasen durch Aus- und Weiterbildung von Fachpersonen: Die Trennungsphase ist für Frauen statistisch gesehen die gefährlichste Zeit in einer gewaltvollen Beziehung. Kriminologin Nora Markwalder erklärte gegenüber der Work-Zeitung so: «Der Täter konnte es offenbar nicht akzeptieren, dass die Beziehung in die Brüche ging. Er sagte sich: Wenn ich diese Frau nicht haben kann, soll sie niemand haben.»
  3. Systematische Analyse von Femiziden: Bis heute fehlt es an tiefergehenden Analysen zu Femiziden, um die Prävention zu verbessern. Ein möglicher Ansatz wäre, Partnerinnen gewalttätiger Männer frühzeitig zu warnen. Die Behörden wissen oft, dass die Täter bereits eine Gewaltgeschichte haben. Aus rechtlichen Gründen dürfen sie aber die neuen Partnerinnen nicht informieren.
    So ging es Nicole Dill, die einen Tötungsversuch überlebt hat: Ihr damaliger Partner sass wegen eines Mordes mehrere Jahre im Gefängnis. Dill wusste davon nichts. Als sie spürte, dass etwas nicht stimmt, wollte sie bei der Polizei mehr erfahren, erhielt aber aus Datenschutzgründen keine Auskunft. Dill klagte die Schweiz deswegen beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte an und bekam recht: Die Polizei hätte sie warnen müssen.

Keine zusätzlichen Gelder

Eine Zwischenbilanz zur Umsetzung dieser Massnahmen soll im Herbst gezogen werden. Was auffällt: Trotz der Massnahmen gibt es keine zusätzliche Finanzierung, um den Schutz von Frauen zu stärken. Diese Finanzierung wäre aber bitter nötig, vor allem im Bereich der Frauenhäuser und der Opferberatung.


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