In der Schweiz haben innerhalb weniger Wochen 14 Männer jeweils eine Frau getötet. Das ist ein deutlicher Anstieg von Femiziden im Vergleich zu den Vorjahren. Nun formiert sich Widerstand. «Wir sind wütend», schreiben die SP Frauen in einer Mitteilung. Mit einer Petition, die von rund 21’500 Menschen unterzeichnet und von verschiedenen Organisationen getragen wurde, fordern sie 350 Millionen für die Sicherheit von Frauen in der Schweiz.
Der geforderte Betrag wirkt im Vergleich zu anderen Ausgaben des Bundes geradezu bescheiden. Jährlich gibt der Bundesrat über sieben Milliarden Franken für die Armee aus – ebenfalls im Namen der «Sicherheit».
Tatsächlich könnten Femizide verhindert werden. Die 350 Millionen Franken würden es dem Bund und den Kantonen ermöglichen, verschiedene wirkungsvolle Massnahmen gegen geschlechtsspezifische und sexuelle Gewalt umzusetzen:
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Mehr Frauenhäuser
Im Juni 2024 schlug der Dachverband der Frauenhäuser in der Schweiz und Liechtenstein (DAO) Alarm: Die Mehrheit der Einrichtungen ist voll belegt, was den Schutz der Betroffenen ernsthaft gefährdet.
Es braucht also deutlich mehr Schutzräume für von häuslicher Gewalt betroffene Frauen. Aktuell gibt es in der Schweiz lediglich 216 Familienzimmer – das entspricht 0,24 Zimmer pro 10’000 Einwohner:innen. Damit liegt die Schweiz deutlich unter der Empfehlung des Europarats, der ein Zimmer pro 10’000 Einwohner:innen empfiehlt. Eine nachhaltige Finanzierung durch Bund und Kantone könnte sichere Zufluchtsorte für Betroffene schaffen.
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Mehr Geld für Beratungsstellen
Auch die Zahl der Betroffenen, die Beratungsstellen aufsuchen, hat sich seit 2000 verdreifacht. Gewaltbetroffene Frauen erhalten dort kostenlose medizinische, psychologische, materielle und rechtliche Unterstützung. Doch in vielen Kantonen fehlen diesen Stellen die nötigen Ressourcen, um der wachsenden Nachfrage gerecht zu werden. Fachpersonen berichten von grosser Überlastung, was sich negativ auf die Qualität der Betreuung auswirkt.
Ohne ausreichende Mittel können die Zentren ihren gesetzlichen Auftrag gemäss Opferhilfegesetz zudem nicht mehr erfüllen. Obwohl die Zahl der Hilfesuchenden steigt, zeigt die Swiss Crime Survey 2022: Nur 13,7 Prozent der Vergewaltigungsopfer hatten Kontakt mit einer Beratungsstelle. Viele Betroffene wissen gar nicht, dass es solche Stellen gibt – oder sie fühlen sich nicht sicher genug, um sich dort zu melden.
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Fachpersonen zu den Realitäten der Betroffenen ausbilden
Die Erfahrungen von Gewaltbetroffenen sind vielfältig und häufig durch Mehrfachdiskriminierung geprägt. Studien zeigen, dass LGBTQIA+-Personen, Menschen mit Behinderungen, Migrant:innen, Geflüchtete oder rassifizierte Personen besonders gefährdet sind.
Es ist daher zentral, dass Unterstützungsangebote allen Betroffenen barrierefrei offenstehen. Fachpersonen müssen entsprechend geschult werden, um Machtstrukturen in unterschiedlichen Lebensrealitäten zu erkennen. Beratungsstellen und Schutzunterkünfte müssen inklusiv, diskriminierungsfrei und schweizweit niedrigschwellig zugänglich sein.
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Waffengesetz verschärfen
In der Schweiz besitzt mehr als jede vierte Person eine Schusswaffe – konkret sind es rund 28 von 100 Personen. Damit liegt die Schweiz weltweit auf Platz 14. Dieser hohe Wert lässt sich unter anderem damit erklären, dass viele ehemalige Armeeangehörige ihre Ordonnanzwaffe nach dem Ende ihrer Dienstpflicht behalten dürfen.
Das Problem dabei: Schusswaffen können aus der Distanz eingesetzt werden und sind potenziell tödlicher als beispielsweise Stichwaffen. Je mehr Waffen im Umlauf sind, desto grösser ist das Risiko, dass sie gegen andere Menschen eingesetzt werden. Eine Studie der Universität St. Gallen zeigt, dass Schusswaffen in der Schweiz überdurchschnittlich häufig bei Femiziden verwendet werden. Um solche Taten zu verhindern, braucht es daher eine strengere Regulierung des Waffenbesitzes.