Palästina: Der Bundesrat muss mehr tun

Auch nach dem Waffenstillstandsbeschluss des UNO-Sicherheitsrats bleibt die humanitäre Lage in Gaza katastrophal. Die Gewalt durch aggressive Siedler:innen gegen Palästinenser:innen in der Westbank nimmt weiterhin zu. Trotzdem verzichtet die Schweiz auf konkrete Schritte gegenüber den Verletzungen des humanitären Völkerrechts durch die israelische Regierung.

Ein Mädchen trägt Brot und geht dabei an den Zerstörungen vorbei, die israelische Luft- und Bodenoperationen in Gaza-Stadt hinterlassen haben. Foto: Abdel Kareem Hana (AP Photo/Keystone)

Am 17. November 2025 atmete die Welt kurz auf: Der UNO-Sicherheitsrat stimmte einer Resolution zu, die die Schaffung eines Friedensrates und einer internationalen Stabilisierungstruppe für Gaza vorsieht. Trotz des Friedensplans erhalten die Menschen jedoch vor Ort nach wie vor viel zu wenig Unterstützung. Kinder in Gaza leben auch zwei Jahre nach dem 7. Oktober noch grösstenteils ohne Dach über dem Kopf oder eine funktionierende Gesundheitsversorgung – von regelmässigem Zugang zu Bildung ganz zu schweigen. Gleichzeitig nimmt die Gewalt gegen die palästinensische Bevölkerung in der Westbank weiterhin zu.

Bundesrat und Parlament sehen dennoch von konkreten Massnahmen ab, um auf die anhaltenden Verstösse gegen das humanitäre Völkerrecht durch die israelische Regierung zu reagieren. Dabei gäbe es Schritte, die der Bundesrat bereits morgen einleiten könnte:

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Anerkennung Palästinas als eigenständigen Staat

Aussenminister Ignazio Cassis lehnt die Anerkennung Palästinas weiterhin ab – obwohl inzwischen über 80 Prozent der UNO-Mitgliedstaaten diesen Schritt vollzogen haben. Die Schweizer Bevölkerung teilt diese Zurückhaltung nicht: Laut einer repräsentativen Sotomo-Umfrage unterstützen 57 Prozent die staatliche Anerkennung Palästinas – nur gerade mal ein Drittel lehnt sie ab.

Ein überparteiliches Komitee hat kürzlich eine Volksinitiative zur Anerkennung des palästinensischen Staates lanciert. Der Bundesrat könnte jedoch auch ohne Volksabstimmung sofort handeln und damit dem Willen der Bevölkerung Rechnung tragen.

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Sanktionen gegen gewalttätige Siedler:innen

Sanktionen sind ein erprobtes Mittel, um gezielt politischen und wirtschaftlichen Druck auszuüben – sie trugen etwa in den 1980er-Jahren zur Überwindung des Apartheid-Regimes in Südafrika bei. Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine haben zahlreiche Staaten ihre Sanktionspolitik verschärft. Die Schweiz hingegen zögerte schon damals und hat auch heute eine zurückhaltende Haltung.

Dasselbe gilt für die Situation im Nahen Osten: Der Bund könnte problemlos die EU-Sanktionen gegen gewalttätige israelische Siedler:innen übernehmen und eine Kennzeichnungspflicht für Produkte aus illegalen Siedlungen im Westjordanland und auf den Golanhöhen einführen. Entsprechende Vorstösse hat die rechte Mehrheit im Parlament jedoch abgelehnt.

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Verbot der militärischen Zusammenarbeit

Mehrere Staaten – darunter Kolumbien, Südafrika und Malaysia – haben im Juli weitreichende Sanktionen ergriffen, um militärische Kooperationen mit Israel zu unterbinden. Ziel ist es, den Export von Waffen, militärischer Ausrüstung oder Dual-Use-Gütern nach Israel zu stoppen. Schiffe mit entsprechender Fracht dürfen vielerorts keine Häfen mehr anlaufen; öffentliche Aufträge mit Bezug zur israelischen Besatzungspolitik werden gestrichen.

Die Schweiz hingegen arbeitet weiterhin mit Elbit Systems zusammen, einem der wichtigsten privaten Rüstungskonzerne Israels und zentralen technologischen Zulieferer der israelischen Armee. Elbit liefert unter anderem schwere Munition, Artilleriesysteme sowie Überwachungstechnik für Sperranlagen im Westjordanland und entlang des Gazastreifens. Amnesty International führt das Unternehmen als einen zentralen Akteur, der die illegale Besatzung unterstützt. Ein Ende dieser militärischen Zusammenarbeit wäre ein klares Signal.


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