Bereits acht Frauen wurden dieses Jahr von Männern getötet. Immer wieder werden weiblich gelesene Personen Opfer von Gewalt, verübt durch ihren Partner, Ex-Partner, Familienmitglied oder Bekannten. Schlimmstenfalls endet diese Gewalt mit dem Tod.
Die Morde werden Femizide genannt, weil sie spezifisch aufgrund des Geschlechts der Opfer begangen werden. Diese Gewalt gegen Frauen entsteht nicht im luftleeren Raum. Das Fundament dafür bildet die patriarchale Gesellschaftsstruktur. Nach wie vor werden Frauen auf ihren Körper und ihr Aussehen reduziert und bewertet. Die tief verankerte Vorstellung der Minderwertigkeit dient als Nährboden für Diskriminierung, Kontrolle und letztlich auch für Gewalt.
Schweizer mit Schusswaffe, über 60
Das Eidgenössische Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann (EBG) hat kürzlich eine Studie zur Rolle von Schusswaffen bei Tötungsdelikten im häuslichen Bereich veröffentlicht. In dieser geht hervor, dass die Tatpersonen fast ausschliesslich Männer sind, im Durchschnitt kurz vor dem Rentenalter. Über 85 Prozent davon sind zudem Schweizer.
Viele von ihnen besitzen eine Schusswaffe, weil sie Militärdienst geleistet haben, mutmasst das EBG. Die Studie konnte aber nicht nachweisen, ob es sich wirklich um ehemalige Dienstwaffen handelt, weil diese Informationen nicht zugänglich sind. Die Opfer dieser «häuslichen» Tötungsdelikte sind die Partnerinnen der Täter, also mehrheitlich Frauen derselben Altersgruppe.
Die Gewaltspirale gegen Frauen, dessen letzte Eskalationsstufe der Femizid ist, umfasst aber viele Taten: Sie beginnt bei verbaler, sexueller Belästigung auf der Strasse («Catcalling») oder Stalking.
Opferschutz hat schweren Stand
Sich gegen diese Form der Gewalt zu wehren, ist sehr schwierig. Auch in der Schweiz zeigen das Parlament und der Bundesrat nur moderates Interesse daran, wirkungsvolle Massnahmen zu ergreifen.
Verbale, sexuelle Belästigung wird theoretisch «auf Antrag mit Busse» bestraft. Es ist aber äusserst schwierig, «Catcalling» zu beweisen, weil hierfür Video- oder Audioaufnahmen nötig wären. Personen ohne deren Zustimmung zu filmen oder aufzunehmen ist aber illegal. Dies schützt die Täter.
Neuer Straftatbestand «Stalking»
Vor sechs Jahren hat die nationalrätliche Kommission für Rechtsfragen eine parlamentarische Initiative eingereicht, die das Strafgesetzbuch mit dem Tatbestand «Stalking» ergänzen will. In der Frühjahrssession wird die Vorlage nun fertig beraten. Wird die Initiative in der Schlussabstimmung angenommen, könnten Stalker:innen künftig mit bis zu drei Jahren Freiheitsentzug oder einer Geldstrafe bestraft werden.
Rechtskonservativer Backlash triff Frauen
Obwohl der Stalking-Straftatbestand einen Schritt vorwärts darstellt, ist das untergründige Problem der patriarchalen Gewalt damit noch nicht gelöst. Mit dem Rechtsrutsch 2023 ist die politische Unterstützung für Prävention und Schutz im Parlament selten, schreiben etwa die «SP Frauen» in einer Resolution gegen den rechtskonservativen Backlash.
Sie weisen ebenfalls darauf hin, dass durch die Wahl von Parteien am rechten Rand die Rechte von Frauen, queeren und trans Personen stärker unter Druck kommen. Massnahmen für mehr Schutz dürften es immer schwerer haben – auch in der Schweiz.