Unbegründete Polizeikontrollen, Jobabsage wegen Kopftuch, handgreiflicher Angriff beim Joggen: Die gemeldeten rassistischen Übergriffe in der Schweiz sind vielseitig – und sie nehmen rasant zu.
Das stellt die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus (EKR) in einem kürzlich veröffentlichten Bericht fest. Letztes Jahr haben Beratungsstellen für Opfer rassistischer Diskriminierung 1211 Fälle registriert. Das sind fast 40 Prozent mehr als im Jahr davor.
Die Zunahme liegt einerseits daran, dass die Angebote von Beratungsstellen an Bekanntheit gewinnen und dadurch mehr Vorfälle gemeldet werden, andererseits sind mit dem nationalen und internationalen Rechtsrutsch die Grenzen des Sagbaren in den letzten Jahren stark ausgeweitet worden.
Die meisten Vorfälle geschehen in den Bereichen der Bildung und der Erwerbsarbeit, gefolgt von der Nachbarschaft und dem öffentlichen Raum. Die häufigsten Diskriminierungen sind laut Betroffene Benachteiligungen und «herabsetzende Äusserungen und Illustrationen». Aber auch physische Angriffe wurden gemeldet.
Anstieg von Fällen antimuslimischem Rassismus
Die rassistischen Übergriffe richteten sich wie bereits 2023 in den meisten Fälle gegen People of Color. Mehr als verdreifacht haben sich im Vergleich zum Vorjahr Fälle von antimuslimischem Rassismus. Die Meldungen von Menschen aus dem arabischen Raum haben sich verdoppelt.
Ebenfalls zugenommen haben antisemitische Vorfälle, wie der gemeinsame Bericht des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebundes (SIG) und der Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus aufzeigt.
Auch wenn die Zahlen bereits besorgniserregend sind, ist davon auszugehen, dass es trotz grösserer Bekanntheit der Meldestelle immer noch eine hohe Dunkelziffer rassistischer Vorfälle gibt. Viele Übergriffe werden nicht gemeldet, wenn zum Beispiel die Chefin, eine Lehrperson oder ein Polizist Täter:in ist.
Deutschland: Jede Stunde mehrere rechtsextreme Straftaten
Auch in Deutschland nehmen rassistische Vorfälle zu. Die Polizei erfasst alle 13 Minuten eine rechtsextreme Straftat. Im Schnitt sind es 113 Taten täglich, davon sind vier Gewalttaten.
Die deutschen Beratungsstellen melden ebenfalls rekordhohe Vorfälle von «rechten, rassistischen und antisemitischen Angriffen und exzessiver Gewalt». Für die Geschäftsführerin des Bundesverbands der Beratungsstellen Heike Kleffner liegt das am aktuell stattfindenden «Gewöhnungs-, Normalisierungs- und Verharmlosungseffekt» von Rassismus und Rechtsextremismus. Massgebend schuld an diesem Effekt sind laut Kleffner politische Parteien und die teilweise mangelhafte Strafverfolgung.