SVP verbreitet Fakenews zum Klimaschutz-Gesetz

«direkt» nimmt die wichtigsten Argumente der SVP gegen das Klimaschutz-Gesetz unter die Lupe. Schnell wird klar: Die Partei geht mit Unwahrheiten auf Stimmenfang.

Foto: Keystone (Peter Klaunzer)

Am 18. Juni stimmt die Schweizer Stimmbevölkerung über das Klimaschutz-Gesetz ab. Dieses verankert das Klima-Ziel von Netto-Null bis 2050 und enthält ein Impulsprogramm für den Ersatz von Öl- und Gasheizungen sowie ein Programm für die Förderung neuartiger Technologien und Prozesse.

«direkt» hat vier Argumente der Gegner:innen einem Faktencheck unterzogen. Schnell wird klar: Die SVP, die gemeinsam mit der Gas- und Öllobby erfolgreich das Referendum gegen das Gesetz ergriffen hat, scheut sich nicht davor, mit Unwahrheiten die Stimmbevölkerung von einem Nein zu überzeugen.

Behauptung 1: Benzin-Motoren werden verboten

Auf einem Abstimmungsplakat der SVP schlägt eine rote Faust auf ein schwarzes Auto. Die Windschutzscheibe zerspringt. Daneben in grossen Lettern: «Benzin-Autos verbieten? Stromfresser-Gesetz Nein.» Doch werden bei einem Ja Verbrennungsmotoren wirklich verboten? Nein, die Benziner werden im Klimaschutz-Gesetz nicht einmal erwähnt. Zudem enthält das neue Gesetz weder Verbote noch neue Steuern oder Abgaben. Im Gesetz steht lediglich, dass die Treibhausgasemissionen in der Schweiz im Verkehrssektor bis 2050 gegenüber 1990 um 100 Prozent verringert werden sollen. Wie dieses Ziel erreicht wird, ist nicht definiert. Die Behauptung, dass mit dem Gesetz Benziner verboten werden, ist demnach falsch.

Ebenfalls behauptet die SVP, dass landwirtschaftliche Betriebe ihre Traktoren verschrotten müssten. Auch das ist aus der Luft gegriffen. Im Gegensatz zum Verkehrssektor sind die Ziele für den Landwirtschaftssektor nicht im Klimaschutz-Gesetz definiert.

Behauptung 2: Das Gesetz verursacht 6’600 Franken Mehrkosten pro Person pro Jahr

Auch das Kostenargument fehlt nicht bei der SVP: Bei einem Ja käme das Portemonnaie der Bevölkerung mächtig unter Druck, behauptet die Partei. Sie spricht in ihrem Argumentarium von 6’600 Franken zusätzlicher Kosten pro Person und Jahr. Doch woher kommt diese Zahl? Die SVP zitiert eine Studie des Energieforschungslabors der Empa und der EPFL. Darin werden verschiedene Szenarien untersucht, was die Energiewende die Schweiz kosten würde, wenn die benötigte Energie ausschliesslich im Inland produziert und gespeichert würde. Die SVP pickte für ihre Rechnung natürlich das teuerste Szenario heraus.

Die Empa wirft der Partei Irreführung vor. Sie reisse das Forschungsergebnis aus dem Kontext. Dass bei einem Ja zum Klimaschutzgesetz am 18. Juni das aufgezeigte «Extremszenario» zum Tragen käme, bezeichnet Sprecher Michael Hagmann gegenüber dem Blick als «unzulässige Schlussfolgerung».

Mit dem Klimaschutz-Gesetz hat das Ganze wenig zu tun. Ausserdem lässt die SVP das Bundesgesetz «Sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien» ausser Acht, das für genug Strom für die Energiewende sorgt.

Behauptung 3: Funktionierende Heizungen müssen herausgerissen werden

Die SVP warnt davor, dass mit dem Klimaschutz-Gesetz funktionierende Öl- und Gasheizungen herausgerissen werden müssen. Doch auch diese Behauptung ist falsch. Das Gesetz soll mit einem Impulsprogramm Hausbesitzer:innen dazu bewegen, erneuerbare Heizsysteme einzubauen. Der Bund investiert dafür 200 Millionen pro Jahr, befristet auf zehn Jahre. Gezwungen, eine funktionierende Heizung herauszureissen, wird niemand. Wer sich aber beim Ersatz für ein erneuerbares Heizsystem entscheidet, wird dabei finanziell unterstützt.

Das Klimaschutz-Gesetz ist der indirekte Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative. Diese verlangte einen vollständigen Ausstieg aus den fossilen Energien. Dem Parlament ging dies zu weit. Es erarbeitete einen Kompromiss ohne Verbote, dafür mit Anreizen und Subventionen für Ersatzinvestitionen.

Behauptung 4: Das Klimaschutz-Gesetz ist eine staatliche Umerziehung

Um die Ziele im Klimaschutz-Gesetz zu erreichen, könne der Bundesrat im Alleingang Massnahmen verhängen. Zum Beispiel könne er den Fleischkonsum oder Flugreisen verbieten. Das ist noch eine falsche Behauptung aus dem SVP-Argumentarium gegen das Gesetz.

Die weiteren Massnahmen zur Erreichung der Klimaziele müssen wiederum in Gesetzen geregelt werden. Für allfällige Verbote braucht es in jedem Fall eine Gesetzesgrundlage, die immer dem fakultativen Referendum unterstellt ist. Der SVP wäre es dann freigestellt, wieder Unterschriften zu sammeln und so das Verbot zu verhindern. Die Stimmbevölkerung hat in jedem Fall das letzte Wort – von Umerziehung kann keine Rede sein.

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18 Kommentare

  1. Sehr logisch und typisch diese verlogenen 4 Argumente für unsere Schweizerische Verhinderungs Partei = S V P

  2. Aber woher die Energie nehmen mit nur Windrädern, Photovoltaik und Wasserkraft, wenn es keine fossilen oder nuklearen Kraftwerke mehr gibt, für den Betrieb all der Wärmepumpen-Heizungen und dem Aufladen all der Elektroautos und deren Herstellung? Aus China oder anderen Ländern importieren, wo mit Kohle-, Öl- oder Kernkraft die Herstellerfirmen mit schmutziger Energie versorgt werden? Und wie steht es mit dem Energieverbrauch, der Gewässerverschmutzung und um die Arbeitsbedingungen zum Abbau der seltenen Erden für Elektroautos und deren Transport rund um die Erde? Womit werden all die Transportschiffe angetrieben? Solange diese grundlegenden Fragen nicht gelöst sind, bin ich GEGEN solche ideologisch geprägten, nicht durchführbaren, für Wohlstand eher schädlichen und sicher für Otto Normalverbraucher sehr kostspieligen Klimaschutz-Gesetze.

    • Guten Abend,
      Durch eine Elektrifizierung wird als ersts viel Primäenergie eingespart. Mit Photovoltaic kann ein erheblicher Teil der benötigten (elektrischer) Eegie gedeckt werden. Zusätzlich Technologien sind möglich und schon vorhanden.
      Dir Produktion von Erdöl ist massiv Umweltzerstörend. Ein Blick z.B. nach Nigeria (ich kenne die Situation vor ort) würde viele Menschen zu einem klaren Ja bewegen.

  3. Nur über die Grenze schauen. Deutschland muss Kohlekraftwerke weiter betreiben. Frankreich wird AKWs bauen. Finnland wollte diese Strategie schon früher fahren, heute haben Sie es gemerkt ohne AKW kein Strom. Solardächer produzieren im Winter ca. 5% Strom dies reicht nicht zum eine Mahlzeit zu kochen.

  4. Fak News sind Bad News…so bedient sich unsere Urschweizer Partei gleich wie die FP0 in Oesterreich gleich den Kriegstreiber Putin immer wieder propagandistischer Falschmeldungen um die Geslleschaft zu spalten…doch wäre bei einer bildungsrelefanten Information auch in der Schweiz…das Volk besser gegen solche Machenschaften geschützt und es gäbe keine Klimaneantertaler….

  5. WIR ALLE müssen zum körperlichen Überleben auf unserem Planeten JETZT das MINDESTE AN UMWELT-MENSCHEN-SCHUTZ machen und also am 18.06.2023 mit JA abstimmen !
    ES GIBT JETZT NUR NOCH UNSER GEMEINSAMES WELT-INTERESSE: Ü B E R L E B E N !

    ABER DANN:
    ALLES PROFIT-STREBEN und JEDEN WACHSTUMS-ZWANG auf ein BETRIEBLICH NOTWENDIGES Gewinn-Minimum (ohne Finanz-Casino-Kosten !) runterfahren…
    DAZU MÜSSEN WIR OHNE LANGES PALAVERN die VERKEHRSREGELN DES GELDES schnell und konsequent verändern:
    also Schluss mit dem äusseren Konsum-Mengen-Wachstum (da, wo es den Satten nur dem bewusstlosen Konsum-Rausch dient) !
    Das heisst, weltweit SCHLUSS MIT ZINSZAHLUNGEN ÜBER 1% des ausgeliehenen Betrags bzw. der Investition.
    Der Gewinn sind für die Geldverleiher und uns alle dann: a) brauchbare Produkte b) arbeitende Menschen, die nicht ausgebeutet und vom Zinsdruck ausgesaugt und erschöpft werden = also mehr Chancen auf weltweiten Alltags-FRIEDEN, wenigstens schon mal im Wirtschaftsleben ! c) das heisst für alle normal AUSRICHTUNG ZUM INNEREN WACHSTUM ! d) Dadurch auch weltweit viel-viel weniger Gründe für eine Flucht nach irgendwohin !

    DAS GELD mit den aktuellen Zinsertrags-Regeln SENDET NUR FALSCHE GIER-SIGNALE… BIS ALLES ZERSTÖRT IST, WELTWEIT !

  6. Möglicherweise erachtet die SVP Parteispitze ihre Wählerinnen und Wähler als dumm. Weshalb sonst sollte sie ihnen Fake News unterjubeln? Eine Beleidigung! Überzeugungsarbeit und Fake News unterscheiden sich diametral.

  7. Mit der fossilen Energie beziehen wir aktuell bereits Energie aus dem Ausland und unterstützen mit dem Geld Länder, die unsere Freiheit und Werte schwächen. Zudem diktieren diese Länder uns, wieviel ihre fossile Energie zu kosten hat. Es wird nicht nur des Klimas wegen höchste Zeit uns selbstständig zu machen. Die Technologie und das Geld hierfür haben wir. Stärken wir unseren Willen und seien wir mutig uns für uns einzusetzen.

  8. Die SVP, genauer gesagt die Führungsspitze der SVP, streut einmal mehr Unwahrheiten bzgl. Klimaschutz-Gesetz. Wie lange kann diese verlogene Strategie der SVP-Verantwortlichen noch geduldet werden? Wenn man keine echten Gegenargumente mehr hat wird, wie zumeist in Bananenrepubliken, gelogen was das Zeugs hält. Soweit ist die Demokratie in der Schweiz in den Sumpf gezogen worden (siehe auch Podcast «in den Sümpfen von Bern» von SVP-NR Matter)! Ölbert und mit ihm die SVP-Spitze sind den fossilen Unternehmen immer noch gutgesinnt. Würde mich nicht wundern, wenn ölverschmiertes Geld dabei im Spiel steht.

  9. Wie sollen wir denn unseren jetzigen Kurs finanzieren? Endlager fuer Atommuell sind noch nicht gebaut und werden hinderte von Milliarden verschlingen, ueber viele Generationen. Der kommende Wassermangel wird gigantische Investitionen benötigen, damit wir Bevölkerung und Landwirtschaft versorgen können. Ein Import von Wasser wird nicht möglich sein. Lebensmittel müssen wir schon heute importieren, die Selbstversorgung ist gar nicht mehr möglich, ohne die Böden zu zerstören, die die nachfolgenden Generationen so dringend brauchen, wie wir. Der Temperaturanstieg, der bereits begonnen hat, die Extremwetter erzwingen massive Sanierungsmassnahmen, die Kosten werden die Bürger tragen müssen. Immobilien- und Mietpreise werden weiter in die Höhe schiessen. In Zukunft braucht jedes Haus nicht nur eine Heizung, sondern auch eine Klimaanlage. Wer die nicht hat, wird schlicht Jahre früher sterben, als er müsste. Jeder Unternehmer weiss, dass man beizeiten investieren muss, um ein Unternehmen auf Kurs zu halten. Es sei denn, man möchte ein Unternehmen gar nicht erhalten, sondern ausnehmen und dann abstossen. Warum eine Partei, die von so vielen Unternehmern beherrscht und finanziert wird, sich fuer diesen Kurs entscheidet, soll sich Jeder selbst überlegen.

  10. Im Verbreiten von Halbwahrheitein ähneln sich leider alle politischen Parteien in der Schweiz. Bei solchen Abstimmungen werden Pro und Contra ins Feld geführt. Was dann aber tatsächlich passiert wird erst nach der Abstimmung klar. Fakt ist, es braucht einen gesunden Energiemix, alle Energien haben richtig eingesetzt ihre Berechtigung. In der Schweiz laufen tausende Anlagen die nicht sauber eingestellt sind, mit wenig Aufwand wäre eine effizientere umweltschonende Betriebsweise möglich. Leider wird diesbezüglich nichts getan…..schade eigentlich.

  11. Dass eine Partei wie die SVP, die explizit die Freiheit und Unabhängigkeit auf ihre Fahne schreibt, sich dermassen für die Gas und Oel als Energieträger einsetzt, ist schon bemerkenswert. Das man sich mit dem Kauf dieser Energieträger von menschenverachtenden Diktaturen und Staatsgebilden Abhängig macht und diese jährlich mit Milliarden direkt alimentiert, wird von den Gegnern grosszügig ausgeblendet. Die geradezu fundamentalistische Ablehnung von Klimaschutzmassnahmen ignoriert nicht nur bestehende, nachweisbare Probleme sondern verhindert die Entwicklung von neuen Technologien in unserem Land und macht uns längerfristig wieder Abhängig von weiter fortgeschrittenen Ländern.

  12. Du kannst nicht den Soll-Zustand so streng analysieren und denn Ist-Zustand völlig ausser Acht lassen. Logisch wird es Herausforderungen geben wenn wir ktiv werden. Mit Abstand das teuerste jedoch ist das Nichtstun und die Situation belassen wie sie ist.

  13. … „viel zu teuer“ ist auch aus folgenden Gründen falsch: Erstens wird es lange nicht so teuer wie behauptet, zweitens muss man mit den Kosten des „Weiter-So“ vergleichen: Viel menschliches Leid, Umweltschäden von Niger (oben zu Recht erwähnt) bis überall. Tankerunglücke inkl. „Tanker-Zeitbombe“ im Roten Meer, fossile Luftverschmutzung, die allein in der Schweiz über 7 Mia. CHF jährlich kostet. Weitere Kosten für Erdölimporte: 14.66 Mia. CHF pro Jahr (BfS, Endverbraucherkosten). Man könnte noch viel aufzählen…
    Weitere Infos, Leserbriefe, Quellenangaben im Blog https://gpclimat-interregio-d.blogspot.com/.

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