Was die Pensionskassen-Vorlage für dich bedeutet

SP und Gewerkschaften haben das Referendum gegen die neue Pensionskassen-Vorlage ergriffen und gemeinsam 141’726 Unterschriften eingereicht. Der Grund: Die Vorlage führe zu höheren Kosten und gleichzeitig zu Rentenkürzungen. «direkt» zeigt, was die Pensionskassen-Vorlage für die Versicherten konkret bedeutet.

Foto: Christian Beutler (Keystone)

Die Pensionskassen-Vorlage hatte ursprünglich drei Ziele: Die Renten garantieren, die Finanzierung sichern und die Rentensituation von Frauen und Menschen mit tiefen Einkommen verbessern. Doch die Mehrheit von National- und Ständerat wollte vom ursprünglichen Sozialpartner-Kompromiss nichts wissen – obwohl dieser alle diese Ziele erfüllt hätte. Es bleibt ein Scherbenhaufen. Die Reform führt nun für den Grossteil der Versicherten zu weniger Rente und höheren Lohnbeiträgen. Das zeigen konkrete Rechenbeispiele:

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Höhere Beiträge, sinkende Renten

Mit der neuen Vorlage soll der Umwandlungssatz von 6,8 auf 6 Prozent gesenkt werden. Der Umwandlungssatz bestimmt, wieviel Prozent des Altersguthabens jährlich als Rente ausbezahlt wird. Eine Senkung führt deshalb zu tieferen Renten für alle. Ursprünglich sollte dies durch Rentenzuschläge kompensiert werden. Doch mit der heutigen Vorlage gehen Personen, die weniger als 15 Jahre in der zweiten Säule versichert waren, leer aus. Für diese Menschen bedeutet die Vorlage: Höhere Lohnbeiträge, weniger Rente.

50-jährige Churerin, arbeitet als Friseurin:
Regula B. ist 50 Jahre alt und wohnt in Chur in einer Dreizimmerwohnung. Diese hat sie von ihren Eltern geerbt, und zwar ohne Hypothekarschulde. Mit der Pensionskassen-Vorlage bezahlt sie bei einem Jahreseinkommen von 55’000 Franken neu monatlich 147 Franken mehr in die zweite Säule ein. Sobald sie pensioniert wird, erhält sie jedoch pro Monat acht Franken weniger als mit dem bisherigen Umwandlungssatz. Das macht demnach 836 Franken anstatt 844 Franken Pensionskassen-Rente. Regula ist geschieden und kinderlos. Sie erhält keine Unterstützungsbeiträge von ihrem Ex-Mann. Ihr wird eine AHV-Rente von monatlich 1882 Franken zustehen. Somit erhält sie insgesamt 2718 Franken Rentenleistungen. Ergänzungsleistungen erhält sie keine. Unter dem Strich muss sie nun also deutlich mehr für die zweite Säule bezahlen, über 15 Jahre gerechnet insgesamt 26’460 Franken. Ihre Rente fällt jedoch tiefer aus als vor der Reform.

 

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Netto-Minus bei Ergänzungsleistungen

Menschen mit tiefen Einkommen reicht die Rente allein nicht zum Leben. Sie sind heute auf Ergänzungsleistungen angewiesen. Auch sie zahlen mit der Reform höhere Beiträge pro Monat. Ihre monatliche Rente verbessert sich aber nicht, weil ihnen die Ergänzungsleitungen im gleichen Umfang gekürzt werden. Somit müssen sie mehr einzahlen für gleich viel Rente im Ruhestand. Auch sie gehören zu den Verlierer:innen der Vorlage.

45-jährige Bernerin, arbeitet Teilzeit in einem Kiosk:
Anita B., wohnhaft in Bern, ist 45 Jahre alt und lebt von einem Einkommen von 25’000 Franken pro Jahr. Mit der Reform steigen ihre Beiträge in die zweite Säule um 187 Franken pro Monat. Neu erhält sie statt 106 Franken 318 Franken Rente pro Monat. Aus der AHV wird sie eine Rente von 1321 Franken beziehen. Das heisst, sie erhält mit der Reform monatlich insgesamt 1639 Franken. Sie hat weiterhin Anspruch auf Ergänzungsleistungen. Diese werden jedoch in dem Umfang gekürzt, wie sich ihre Rente aus der beruflichen Vorsorge erhöht. Netto hat sie mit der Reform also im Alter etwa gleich viel Geld in der Tasche. Neu muss sie jedoch während ihres Erwerbslebens deutlich höhere Beiträge einzahlen – und dies auf ihr tiefes Einkommen von 2000 Franken pro Monat.

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Rund die Hälfte der Versicherten verliert

Gerade einmal die Hälfte der Übergangsgeneration erhält Rentenzuschläge – und nur ein Viertel der Übergangsgeneration darf auf die volle Höhe der Zuschläge hoffen. Viel härter wird die Reform jedoch all jene treffen, die gerade nicht mehr zur Übergangsgeneration gehören. Sie erhalten keine Zuschläge, werden aber die Senkung des Umwandlungssatzes voll zu spüren bekommen.

50-jähriger Zürcher, der Teilzeit in einem Call-Center arbeitet:
Stefan H. wohnt in Zürich und ist 50-jährig. Er verdient pro Jahr brutto 40’000 Franken. Mit der Reform steigen seine Beiträge an die zweite Säule monatlich um 195 Franken. Dafür erhält er 110 Franken mehr Rente. Bis zu seiner Pensionierung mit 65 Jahren fliessen somit 32’000 Franken mehr in die zweite Säule. Aufgrund der höheren Abzüge erhält er jeden Monat weniger Lohn. Er müsste somit mindestens 89 Jahre alt werden, bis ihm insgesamt mehr ausbezahlt wird, als er einbezahlt hat. Das liegt deutlich über der durchschnittlichen Lebenserwartung. Als Tieflohn-Empfänger mit einem monatlichen Einkommen von 3’330 Franken gehört Stefan zu den Verlierern der Reform.

Die AHV-Renten wurden mit dem offiziellen Rentenrechner ESCAL (hier) berechnet. Der Anspruch auf Ergänzungsleistungen wurde ebenfalls mit dem offiziellen Tool zur Berechnung der Ergänzungsleistungen (hier) ermittelt.

2 Kommentare

  1. Im Buch „Das Rentendebakel“ von Danny Schlumpf und Mario Nottaris, Rotpunktverlag wird beschrieben, in welch riesigem Ausmass die Finanzindustrie von der Verwaltung der Gelder in der 2. Säule abzockt. Sie kassiert gleich viel für sich, wie sie den Rentnern pro Jahr auszahlt.
    Mit einer einfachen, passiven Anlagestrategie hätten die Versicherten 400 Mrd. mehr auf dem Konto.
    Eine Einheitskasse nach System AHV würde Abhilfe bringen.

  2. Was mich erstaunt, ist die Tatsache, dass die Abzockerei durch die Finanzindustrie schon seit vielen Jahren bekannt ist, aber weder die SP, die ich grundsätzlich sehr schätze, noch Grüne und noch weniger die Mitte sich bis jetzt dazu aufgerafft haben, gemeinsam eine Initiative für eine Einheitskasse bei der 2. Säule zu starten. In Anbetracht der Fakten steht ausser Frage, dass die Initiative bei einer Volksabstimmung eine solide Mehrheit für eine Einheitskasse bei der 2. Säule gewinnen würde. Liebe SP, liebe Grüne und liebe Mitte – bitte endlich Action!

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