Abschaffung Liegenschaftssteuer: Bevölkerung im Thurgau muss mit Steuererhöhungen rechnen

Am 18. Mai stimmt die Bevölkerung im Thurgau über die Abschaffung der Liegenschaftssteuer ab. Wird die Vorlage des Hauseigentümerverbands und der SVP angenommen, könnten die finanziellen Konsequenzen desaströs ausfallen.

Ein grünes Haus im Thurgau mit dem kantonalen Wappen und grünen Fensterläden.
Bild: keystone/Wolfgang Diederich

Wer ein Grundstück auf dem Territorium einer Gemeinde beansprucht, bezahlt fast überall in der Schweiz eine Liegenschaftssteuer. Nur wenige Kantone haben eine solche abgeschafft oder noch nie gekannt. Im Thurgau haben SVP, FDP und der Hauseigentümerverband die Abschaffung der Liegenschaftssteuer im Grossen Rat durchgebracht.

Dank eines überparteilichen Referendums kann die Thurgauer Stimmbevölkerung nun entscheiden, ob sie die Liegenschaftssteuer ebenfalls wegstreichen will.

Im Thurgau beträgt die Liegenschaftssteuer 0,5 Promille des Steuerwerts eines Grundstücks. Dieser Steuersatz mag auf individueller Ebene nach wenig klingen, könnte aber gravierende Konsequenzen für eine Mehrheit der Thurgauer Bevölkerung mit sich ziehen. «direkt» erklärt das Nachspiel der Vorlage in vier Punkten.

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Liegenschaftssteuer weg: Steuern rauf, Badi zu

2023 betrug die Einnahme aus der Liegenschaftssteuer 34,4 Millionen Franken. Davon gingen fast 20 Millionen an die Thurgauer Gemeinden, der Rest an den Kanton. Wird diese Steuer gestrichen, wären die Gemeinden mit einem grossen Loch in ihrer Kasse konfrontiert.

Die fehlenden Steuereinnahmen müssen kompensiert werden: Je nach Gemeinde drohe eine Steuererhöhung von zwei bis vier Prozent, so das Referendumskomitee. Das trifft die Kaufkraft der Thurgauer Bevölkerung hart.

Die andere Möglichkeit: Die Gemeinden schlagen den Abbau-Kurs ein. Was das heisst, wird aktuell in der Gemeinde Glarus (GL) ersichtlich: Die Badi bleibt zu, Restaurants werden verkauft, die Skilifte werden im Winter abgestellt. Obendrauf muss Glarus trotz aller Massnahmen auch mit den Steuern rauf.

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Ausserkantonale Eigentümerinnen und Eigentümer gewinnen

Von der Abschaffung der Liegenschaftssteuer profitieren nur wenige Menschen. So etwa Immobilienbesitzerinnen und -besitzer, die ihre Eigentumsliegenschaften nicht selbst bewohnen. Sie erhalten eine zusätzliche Steuererleichterung. Grundstückeigentümerinnen und -eigentümer mit tiefem Einkommen, wie jene im Ruhestand, profitieren ebenfalls.

Aber: Etwa ein Drittel der bezahlten Liegenschaftensteuer stammt von Privatpersonen und Unternehmen, die ihren Steuersitz nicht im Kanton Thurgau haben. Die grosse Mehrheit davon sind Pensionskassen, Versicherungen und Immobilienunternehmen. Ausserkantonale Eigentümerinnen und Eigentümer müssen also weniger von ihrem Profit abgeben, während die Thurgauer Bevölkerung die Konsequenzen der Vorlage ausbaden muss.

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Wer im Thurgau mietet oder viel verdient, verliert

Grösste Verliererinnen und Verlierer der Vorlage sind die Personen, die ihr Zuhause mieten. Sie leiden jetzt schon unter höhere Wohnkosten als Eigentümerinnen und Eigentümer und wären dementsprechend von Steuererhöhungen oder einem Abbauprogramm noch mehr betroffen. Zudem kann nicht erwartet werden, dass die Immobilienbesitzerinnen – Pensionskassen, Versicherungen, etc. – die Mieten reduzieren, wenn die Liegenschaftssteuer wegfällt.

Auch für Eigentümerinnen und Eigentümer mit hohem Einkommen dürfte sich die Vorlage aufgrund der zu erwartenden Steuererhöhungen nicht auszahlen. Je höher die Gemeindesteuer, desto mehr bezahlen sie. Unter dem Strich profitieren diese Menschengruppe also eher von der Beibehaltung der Liegenschaftssteuer.

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Kanton warnt vor finanziellem Engpass

Wir die Vorlage angenommen, drohen auch dem Kanton empfindliche Verluste. Die ohnehin angespannte finanzielle Lage in Thurgau wird vom Wegfall der Liegenschaftssteuer nur verschlimmert. Auch deswegen hält die Kantonsregierung fest, dass die Ausfälle auf kantonaler Ebene zwingend mit Steuererhöhungen verbunden wären.


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