Der milliardenschwere Autobahnausbau kommt Ende November an die Urne. Doch auch kurz vor der Abstimmung ist unklar, wie viel dieser tatsächlich kosten soll. «direkt» hat die Zahlen genauer unter die Lupe genommen und erklärt, wie sich die Kosten zusammensetzen.
Berechnung mit alten Zahlen
Der Bund beziffert den Autobahnausbau derzeit mit total 4,9 Milliarden Franken – basierend auf Schätzungen des Bundesamts für Strassen (ASTRA) aus dem Jahr 2020. Dieser Betrag umfasst die sechs Projekte, über die am 24. November abgestimmt wird. Das teuerste ist der Rheintunnel in Basel. Dieser wurde ursprünglich mit 1,87 Milliarden Franken budgetiert. Gemäss neuen Schätzungen des ASTRA dürften die Kosten auf 2,59 Milliarden Franken steigen.
Doch nicht nur der Rheintunnel wird teurer: Berücksichtigt man bei allen Projekten die neusten Zahlen des ASTRA, steigen die Gesamtkosten der Vorlage auf 5,8 Milliarden Franken. Das entspricht einem Anstieg um 18 Prozent und beinhaltet weder Mehrwertsteuer noch Teuerung. Das ASTRA räumt deshalb selbst ein, dass die Projekte um bis zu 30 Prozent verteuern können. Es ist also bereits jetzt absehbar, dass die tatsächlichen Kosten der Vorlage deutlich über den offiziell genannten 4,9 Milliarden Franken liegen werden.
35 Milliarden im nächsten Jahrzehnt?
Hinzu kommt: SVP-Bundesrat Albert Rösti will sich nicht mit den sechs Projekten begnügen. Bereits jetzt sind weitere Autobahn-Ausbauschritte geplant. Pläne zeigen, dass der Bundesrat in den nächsten Jahrzehnten 35 Milliarden Franken für den Ausbau der Autobahnen ausgeben möchte. Damit stehen bei der Abstimmung nicht nur die aktuellen Projekte im Fokus. Auch künftige Bauvorhaben könnten durch das Abstimmungsergebnis beeinflusst werden. Der Milliarden-Ausbau ist mit Blick auf die geplanten Kürzungen des Bundesbudgets besonders brisant: Denn während Milliarden in den Autobahnausbau investiert werden sollen, hat Bundesrat Rösti erst kürzlich Gelder für Nachtzüge und E-Busse gesperrt. Dafür erntet der Umweltminister scharfe Kritik von Parteien, Verbänden und Parlamentskommissionen.
Zweifelhafte Kosten- und Nutzen-Berechnungen
Im Oktober wurde der jährliche Bericht zu den Kosten und Nutzen des Verkehrs veröffentlicht. Bundesrat Rösti versuchte vergeblich, die Veröffentlichung bis nach der Abstimmung im November hinauszuzögern, da der Bericht ernsthafte Zweifel an der Wirtschaftlichkeit des Autobahnausbaus weckt. Die jährlichen Folgekosten steigen, wie die NZZ am Sonntag berichtet, auf 17,3 Milliarden Franken. Das sind satte 60 Prozent mehr als bisher angenommen. Zu den Folgekosten zählen Gesundheitskosten wie Lärm- und Luftverschmutzung, Unfallkosten und vor allem die Klimaschäden.
Auch beim Nutzen des Ausbaus herrscht Intransparenz. Der Bund sprach ursprünglich von einem volkswirtschaftlichen Ertrag von 184 Millionen Franken pro Jahr. Doch eine Analyse der NZZ am Sonntag im August ergab, dass diese Schätzung auf veralteten Annahmen beruht. Rechnet man mit aktuellen Daten, schrumpft der angebliche Nutzen um 56 Prozent auf gerade mal 65 Millionen Franken jährlich. Die Kosten-Nutzen-Rechnung geht so erst recht nicht mehr auf.
Eine Frage der Prioritäten
Mit der Abstimmung über den Autobahnausbau werden die Weichen für die Zukunft gestellt. Im Zentrum steht die Frage, ob weiterhin Milliarden in Strassen und damit in klimaschädlichen Mehrverkehr investiert werden oder ob soziale und ökologische Herausforderungen höher gewichten und den Klimaschutz ernst genommen wird.
Ja: Wer Strassen säht, wird Verkehr ernten!
Der Originalspruch im Alten Testament lautet zwar anders: «wer Wind säht, wird Sturm ernten». Die Verkehrsversion stammt nicht von mir: 1972 soll ihn der damalige Oberbürgermeister von München, Jochen Vogel geäussert haben. Auch ohne biblisches Wahrheitszertifikat hat sich der Spruch seit der Erfindung des Autos x-Mal bestätigt: neue Strassen, die ein Verkehrsproblem lösen sollten, haben noch nie zu deren Lösung beigetragen. Nach kurzer Zeit hat der Mehrverkehr einfach zu neuen und meist noch grösseren Staus geführt! Das wird auch dieses Mal nicht anders sein. Ich könnte mir einen Autobahnausbau nur dann vorstellen, wenn gleichzeitig Massnahmen umgesetzt würden, den Verkehr zwingend um 10% zu reduzieren. Aber so? NEIN, kein Autobahnausbau, nicht schon wieder!
Niklaus Baltzer
Klimaschutz hat die höchste Priorität!
Der Autobahnausbau bringt letzlich nichts, mehr Verkehr, mehr Staus und mehr
Co2-Ausstoss. Das Geld sollte man sinnvoller einsetzen.
Finde den Artikel gut. Was die Kosten Nutzung angeht, zweifle ich auch. insbesondere da wir
schon so oft von unseren Politiker angelogen wurden. Es heisst dann als Entschuldigung, dass es technische oder andere Fehler seien. Als Beispiel die Teuerung welche gemäss
Wertschätzung 6 bis 7 % war und nicht 2%. So gibt es noch viele andere Beispiele.