Gesundheitskosten: Schweizerinnen und Schweizer zahlen am meisten aus eigener Tasche

In der Schweiz bezahlt ein Detailhandelsangestellter gleich viel für seine Krankenkassenprämie wie eine Oberärztin. Durch das Schweizer System der Kopfprämie und der dazugehörigen Franchise wird ein grosser Teil der Gesundheitskosten auf die Haushalte übertragen. Somit bezahlen in der Schweiz Versicherte deutlich mehr als die Menschen im übrigen Europa.

Foto: Keystone (Gaetan Bally)

Für die obligatorische Krankenversicherung bezahlt in der Schweiz jede versicherte Person eine Kopfprämie. Das heisst: Alle Versicherten bezahlen gleich viel, unabhängig davon wie viel sie verdienen. Zusätzlich zu den Prämien ist zudem jährlich die gewählte Franchise von 300 bis zu 2500 Franken zu begleichen und darüber hinaus noch der Selbstbehalt.

Unsoziale Kopfprämie

Diese Finanzierungsart des Schweizer Gesundheitswesen ist im internationalen Vergleich unüblich. Im EU-Durchschnitt werden mehr als drei Viertel aller Gesundheitsausgaben über Steuer- und Lohnbeiträge finanziert. In Norwegen, Schweden und Luxemburg sind es gar über 85 Prozent. In der Schweiz werden bloss 36 Prozent der Gesundheitsausgaben von der öffentlichen Hand und über Lohnbeiträge getragen. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass zwei Drittel unabhängig von der Einkommenssituation der Versicherten selbst finanziert werden müssen. Und wer die Kosten weiter aufschlüsselt, stellt fest, dass etwa 42 Prozent aller Ausgaben hierzulande durch die unsoziale Kopfprämien und mehr als 22 Prozent durch die erwähnten Selbstzahlungen (Franchise und Selbstbehalt) finanziert werden.

Dies spiegelt sich auch in den Gesundheitsausgaben im Verhältnis zum verfügbaren Einkommen wieder: Ein durchschnittlicher Schweizer Haushalt wendet rund 5,5 Prozent des verfügbaren Einkommens für Gesundheitsausgaben zusätzlich zu den Prämien auf – also für Franchise, Selbstbehalt, Kosten für Medikamente, Zahnbehandlungen etc. Das sind satte 2 Prozentpunkte mehr als im gesamten EU-Raum. Am wenigsten aus der eigenen Tasche bezahlen die Menschen in Luxemburg – ein Land, das ähnlich reich ist wie die Schweiz.

Abstimmung über Prämien-Deckel

Unter den hohen Gesundheitskosten in der Schweiz leiden vor allem Menschen mit tiefen und mittleren Einkommen. Im Schnitt müssen die Versicherten derzeit 14 Prozent ihres verfügbaren Einkommens für die monatlichen Prämien aufwenden. Abhilfe schaffen könnte die Prämien-Entlastungs-Initiative der SP. Diese will die Prämien bei maximal 10 Prozent des verfügbaren Einkommens deckeln. Damit würden gezielt jene Personen entlastet, die am stärksten unter der Prämienexplosion leiden. Die Kosten würden sich von den Haushalten auf Kantone und Bund verschieben, was den Druck auf die Politik erhöht, die Kostenexplosion im Gesundheitswesen anzugehen. Die Initiative kommt am 9. Juni zur Abstimmung.

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