Wechselt ein Haus den Besitzer, folgt oft die Leerkündigung. Langjährige Mieter:innen verlieren ihr Zuhause, und nach einer oberflächlichen Sanierung werden dieselben Wohnungen plötzlich zum doppelten Preis angeboten. So verlieren beispielsweise Rentnerehepaare nach jahrelanger harter Arbeit ihre Wohnung und müssen aus der Gemeinde wegziehen, weil ihre 3-Zimmer-Wohnung nach einer geringfügigen Sanierung für 4500 Franken im Monat vermietet wird.
Immer mehr Gemeindevertreter:innen im Kanton Zürich wollen dieser Entwicklung nicht länger zusehen – und rufen überparteilich zu einem Ja zur Wohn-Initiative auf, über die Ende November im Kanton Zürich abgestimmt wird.
Die Initiative sieht vor, dass Gemeinden im Kanton Zürich künftig darüber informiert werden, wer grosse Areale kaufen möchte. So können die Gemeinden bei Bedarf einschreiten und verhindern, dass renditeorientierte Immobilien-AGs Mehrfamilienhäuser aufkaufen und die Bewohner:innen auf die Strasse stellen. Der Winterthurer Stadtpräsident Michael Künzle (Die Mitte) beschreibt es so: «Das Vorkaufsrecht erlaubt, in spezifischen Fällen preisgünstigen Wohnraum zu realisieren, der ohne dieses neue Gemeinderecht nicht realisiert werden könnte.»
Gemeinden brauchen mehr Handlungsspielraum
Für Rosmarie Quadranti, Hochbauvorsteherin von Illnau-Effretikon (Die Mitte), ist klar, dass die Gemeinden dringend neue Instrumente brauchen. Auch in mittelgrossen Städten wie Illnau-Effretikon, Wetzikon oder Schlieren seien die Mieten in den letzten Jahren stark gestiegen, sagt sie. Nur wenn die Gemeinden wieder mehr Möglichkeiten erhalten, könnten sie den Druck auf den Wohnungsmarkt mindern und bezahlbare Wohnungen schaffen.
Ähnlich äussert sich Mark Wisskirchen, Finanzvorsteher von Kloten (EVP). Überall im Kanton Zürich würden Menschen wegen Totalsanierungen oder Leerkündigungen aus ihren Wohnungen verdrängt, warnt er. Diese Entwicklung lasse sich nur bremsen, «wenn mehr genossenschaftliche Wohnungen entstehen».
Wuchermieten verhindern und mehr bezahlbaren Wohnraum schaffen
Auch Andreas Müller, Hochbauvorsteher von Bülach (GLP), unterstützt die Initiative. Immer mehr Menschen hätten Mühe, eine bezahlbare Wohnung zu finden, sagt er. Damit junge Familien oder Rentner:innen künftig nicht gezwungen seien, ihre Gemeinden zu verlassen, brauche es ein Ja zur Initiative «Mehr bezahlbare Wohnungen».
Auch die linken Parteien stehen hinter der Initiative. Barbara Thalmann, Stadtpräsidentin von Uster (SP), spricht von einer gefährlichen Entwicklung, die sie heute auf dem Wohnungsmarkt beobachte: Wohnen sei ein Grundrecht, betont sie – doch die steigenden Mieten setzten auch in Uster immer mehr Menschen zu. «Jetzt braucht es eine Trendwende, damit im Kanton Zürich wieder mehr bezahlbarer Wohnraum entstehen kann», so Thalmann.
Für die Befürworter:innen der Wohn-Initiative ist klar: Nur wenn die Gemeinden wieder mehr Handlungsspielraum und ein Vorkaufsrecht erhalten, lässt sich der Verlust an bezahlbarem Wohnraum stoppen. Ob die Zürcher Stimmberechtigten diesen Weg mitgehen, zeigt sich am 30. November.
