Trotz VBS-Chaos: Bund will noch mehr Geld für Panzer und kürzt bei Kindermedizin

Der Bundesrat fordert weitere rund 1,5 Milliarden Franken für die Anschaffung von Artilleriegeschützen, die Aufrüstung von Panzern und anderem Militärmaterial. Gleichzeitig muss das Bundesamt für Gesundheit auf Kosten der Kindermedizin, der Prävention und der gesundheitlichen Chancengleichheit sparen.

Bild von Bundesrätin Viola Amherd und Armeechef Thomas Süssli.
Bundesrätin Viola Amherd und Armee-Chef Thomas Süssli. Foto: Peter Schneider (Keystone)

Die Armee und das Verteidigungsdepartement sind in den letzten Monaten mit einer langen Liste an negativen Schlagzeilen aufgefallen: Darunter Leaks, Betrug und schleppende Umsetzung teurer Projekte. Unbeirrt dessen fordert das Departement jetzt über eine Milliarde Franken für Panzer und weiteres Armeematerial. Um die Finanzlage des Bundes beziehungsweise um die Finanzierung dieser Ausgaben muss sich das VBS nicht kümmern. Die SVP/FDP-Mehrheit hat durchgeboxt, dass das Geld an anderer Stelle eingespart werden muss. Die Begründung: Die Sicherheitslage der Schweiz sei bedroht.

Nun liegt der Ball beim Parlament. Dieses fordert zwar immer wieder einen konkreten und gesamtheitlichen Beschaffungsplan. Die Armee dürfte dennoch gute Chancen haben, dass das Parlament die Einkaufsliste genehmigt. Bisher stimmten die bürgerlichen Parteien am Ende der Aufrüstung überaus enthusiastisch und schon fast blind zu.

Sparen bei der Kindermedizin

Gleichzeitig wird dort gespart, wo Mitte-Rechts Kürzungspotenzial sieht. Das heisst unter anderem: Bei der gesundheitlichen Gleichberechtigung und bei Massnahmen zum Wohl der Schwächsten.

Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) hat gestern angekündigt, welche Bereiche dem Sparentscheid von Bundesrat und Parlament zum Opfer fallen. Gestrichen wird unter anderem die Kinderarzneimitteldatenbank «SwissPedDose». Die Datenbank wurde 2018 aufgeschaltet und hat zum Ziel, die Sicherheit und Anwendung von Medikamenten für Kinder zu verbessern. Arzneimittel, die nur für Kinder entwickelt und an dieser Altersgruppe getestet wurden, sind äusserst selten. Wie das BAG schreibt, müssen Kinderärzt:innen deswegen häufig Arzneimittel einsetzen, die nur für Erwachsene oder noch nicht zugelassen sind. SwissPedDose soll Ärzt:innen dabei unterstützen, die richtige Medikamentendosierung für Kinder zu finden. Über 460 Empfehlungen für 134 Substanzen sind in der Datenbank verzeichnet.

Stellenabbau bei BAG

Aber nicht nur die Kindermedizin ist betroffen. Auch die Abteilung für gesundheitliche Chancengleichheit soll abgeschafft werden. Deren Ziel ist es, einen barrierefreien Zugang zu einer guten Gesundheitsversorgung zu schaffen. Davon profitieren vor allem Migrant:innen, Menschen mit Behinderungen und Menschen mit tiefem Einkommen. Sie alle kämpfen häufiger mit gesundheitlichen Problemen, haben aber gleichzeitig mehr Schwierigkeiten, eine gute Behandlung einzufordern. Zudem betrifft der Aufgabenverzicht seitens BAG auch die Prävention in der Gesundheitsversorgung wie auch die Prävention am Arbeitsplatz.

Weniger Geld gibt es zudem bei der Umsetzung der nationalen Strategien für Spital- und Pflegeheiminfektionen sowie für sexuell übertragbare Krankheiten. Insgesamt führen Streichung und Reduktion gewisser Aufgaben zu einem Abbau von 19,5 Vollzeitstellen beim BAG.

Im Namen der Schuldenbremse

Dieser Abbau bei den Gesundheitsleistungen für die Bevölkerung erfolgt unter dem Spardiktat von Mitte-Rechts. Mit Verweis auf die Schuldenbremse und die «Budgetbereinigung» in den Voranschlägen 2024/2025 – wegen höheren Armeeausgaben – setzte Mitte-Rechts den Sparhammer in praktisch allen Departementen an. Nur das VBS und in Teilen die Landwirtschaft wurden dabei ausgenommen. Gleichzeitig beharrt der Bundesrat auf «technischen Erfordernissen und Vorgaben» der Schuldenbremse und geht so einer politischen Auseinandersetzung aus dem Weg. Der eigenen bürgerlichen Klientel möchte er keine Zusatzfinanzierung für die gewaltige Aufstockung der Militärausgaben zumuten.


Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein