Session bringt vier wichtige Verbesserungen für Frauen

Wo ist die Gleichstellung der Geschlechter am ausgeprägtesten? «The Economist» vergleicht 29 OECD-Länder nach Kriterien wie beispielsweise der geschlechterspezifischen Lohnungleichheit, der Elternzeit und dem Bildungsgrad von Frauen. Wer die Schweiz sucht, beginnt am besten hinten. Sie landet auf dem viertletzten Platz. Doch am Horizont zeichnet sich ein kleiner Hoffnungsschimmer zur Besserung ab. In der aktuellen Session wurden gleich mehrere wichtige Entscheide im Sinne der Gleichstellung getroffen. Das ist das Resultat von jahrelangem feministischem Kampf.

(KEYSTONE/imageBROKER/UNAI HUIZI)

Wie bereits 1971 bei der Einführung des Frauenstimmrechts, hinkt die Schweiz auch heute noch fast allen vergleichbaren Ländern in Sachen Gleichstellung hinterher. So nimmt die geschlechterspezifische Lohndiskriminierung sogar noch weiter zu und auch bei der familienergänzenden Kinderbetreuung dümpelt sie auf dem letzten Rang im europäischen Vergleich.

In vier Bereichen soll es nun aber vorwärts gehen:

 1  Ein zeitgemässes Sexualstrafrecht

Gemäss aktuellem Sexualstrafrecht können in der Schweiz nur Frauen eine Vergewaltigung anklagen und dies auch nur, wenn dazu Nötigung oder Gewalt eingesetzt wurde. Das soll nun angepasst werden: Nachdem sich der Nationalrat in der vergangenen Wintersession für eine «Nur Ja heisst Ja»-Regelung ausgesprochen hat, bot der Ständerat letzte Woche Hand für einen Kompromiss. Er bleibt zwar bei «Nein heisst Nein», jedoch will er den Tatbestand der Schockstarre in den Gesetzestext aufnehmen.

Dieser Kompromiss war noch vor ein paar Jahren kaum denkbar. Ihm ging ein langer Prozess voraus, in dem sich linke Parteien, NGOs, Jurist:innen und Aktivist:innen für eine Zustimmungslösung eingesetzt hatten. Auch wenn es nun bei der Widerspruchslösung mit Zusatz bleibt, ist dies ein riesiger Erfolg.

 2  Gezielte Forschung zu Frauenkrankheiten

Die Schulmedizin ist auf Männer ausgerichtet. Krankheiten, an denen vor allem Frauen leiden sind wenig erforscht, verursachen aber grosses Leid bei den Betroffenen. Wer beispielsweise an der sehr schmerzhaften Unterleibskrankheit Endometriose leidet, muss im Schnitt fünf Jahre auf eine Diagnose warten. Auch mögliche Therapiemassnahmen sind noch zu wenig erforscht.

Das soll sich nun ändern: Wie bereits der Nationalrat hat nun auch der Ständerat anerkannt, dass es in diesem Bereich mehr Forschung braucht und stimmt gleich zwei Motionen zu. Der Bundesrat wird beauftragt, die Früherkennung der Endometriose zu fördern und den Schweizerischen Nationalfonds (SNF) mit einem Forschungsprogramm zu frauenspezifischen Krankheiten zu mandatieren.

 3  Krisenzentren für Gewaltopfer in allen Regionen der Schweiz

Sowohl der Nationalrat als auch der Ständerat haben sich dafür ausgesprochen, dass in allen Regionen der Schweiz Krisenzentren für Gewaltopfer garantiert sind. Dies fordert eine Motion von SP-Nationalrätin Tamara Funiciello und SP-Ständerätin Marina Carobbio Guscetti.

Wer in der Schweiz Opfer von sexualisierter, häuslicher oder geschlechtsbezogener Gewalt wird, findet derzeit oft keine spezialisierte medizinische oder psychologische Soforthilfe. Auch eine Sicherung der Spuren von Gewalt am eigenen Körper ist nicht in allen Regionen möglich. Damit sinken die Chancen auf eine erfolgreiche Strafverfolgung aus Mangel an Beweisen.

 4  Anstossfinanzierung für Kitas

Anders als der Bundesrat, macht der Nationalrat einen Schritt in die richtige Richtung in Sachen familienergänzender Kinderbetreuung. Trotz bürgerlichem Gegenwind stimmt eine Mehrheit der grossen Kammer der Anstossfinanzierung für Kitas zu. Damit wird nicht nur das Portemonnaie der Eltern entlastet, auch für die Vereinbarkeit und die Gleichstellung würden gefördert. Frauen, die heute unfreiwillig in tiefen Pensen arbeiten, könnten dieses dank zahlbaren Kita-Plätzen erhöhen. Ob dies der Ständerat auch erkannt, wird sich noch zeigen.

Feministischer Streik am 14. Juni

Diese vier positiven Nachrichte aus der Frühlingssession sind zwar erfreulich, jedoch zeigt insbesondere die Diskussion um die Pensionskassen-Vorlage, dass noch viel Luft nach oben ist. Deshalb rufen verschiedene feministische Organisationen erneut zum feministischen Streik am 14. Juni auf.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein