Es ist eine Zahl, die aufhorchen lässt: Seit dem Jahr 2000 hat sich die Zahl der Beratungen in den Opferhilfestellen verdreifacht. Dabei geht es um Drohungen, Beschimpfungen, sexualisierte Belästigung, Vergewaltigungen, Körperverletzungen und psychische Gewalt. Rund drei Viertel der Betroffenen sind Frauen. Zu der hohen Anzahl an Meldungen kommt eine Dunkelziffer an Personen dazu, die sich keine Hilfe holen.
Frauenhäuser schlagen Alarm
Im Juni wendete sich die Dachorganisation Frauenhäuser Schweiz und Liechtenstein (DAO) an die Öffentlichkeit, weil sie praktisch keine freien Plätze mehr haben. Sie fordern: Mehr finanzierte Plätze und mehr Prävention gegen häusliche Gewalt. «Wenn Frauenhäuser überbelegt sind, sind die Schutzbedingungen nicht mehr gewährleistet. Das Risiko einer Tragödie ist hoch. Fast jede zweite Woche stirbt in der Schweiz eine Frau an den Folgen häuslicher Gewalt,» schreibt die DAO in ihrer Medienmitteilung.
Eines der Probleme: Die Umsetzung des Opferhilfegesetz liegt in der Kompetenz der Kantone. Die Kantone entscheiden also, wieviel sie für die Opferhilfe ausgeben wollen. Das führt zu grossen kantonalen Unterschiedenen und dazu, dass die meisten Frauenhäuser in der Schweiz ganz oder teilweise privat finanziert sind.
Gewaltprävention als politische Priorität
Zum Start der Kampagne «16 Tage gegen Gewalt an Frauen» rufen nun über 60 Organisationen zu einer nationalen Demonstration am 23. November auf. Sie fordern Bund und Kantone dazu auf, die Bekämpfung von häuslicher, sexualisierter und geschlechtesbezogener Gewalt als politische Priorität einzustufen. Dazu gehört, dass es genügend finanzierte Schutzplätze und -unterkünfte für alle Gewaltbetroffenen gibt. Zudem sollen die Finanzierung der Opferhilfe und der Beratungsstellen abgesichert werden. Aktuell müssen sich die Frauenhäuser neben ihrer Beratungsarbeit auch noch um das Fundraising kümmern.
Die Kampagne «16 Days of Activism Against Gender Violence» wurde 1991 vom Women’s Global Leadership ins Leben gerufen. Die 16 Aktionstage beginnen jeweils am 25. November, dem Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen. Abschluss ist am Tag der Menschenrechte, dem 10. Dezember. Mit diesen Daten soll deutlich gemacht werden, dass Frauenrechte Menschenrechte sind. Im Jahr 2008 lancierte Frieda – feministische Friedensorganisation zum ersten Mal in der Schweiz die Kampagne «16 Tage gegen Gewalt an Frauen». Seither tragen jährlich rund 180 Menschenrechtsorganisationen mit einem vielfältigen Programm an Aktivitäten und Veranstaltungen zur Kampagne bei.
Die grösste Dunkelziffer dürfte bei Männer sein, die psychische Gewalt und sexuelle Übergriffe erfahren… Dies nur schon deshalb, weil grosse Teile der Gesellschaft noch gar nicht so weit sind, diese zu erkennen und anzuerkennen…