Albert Röstis Anti-Kurs: Fünf umstrittene Alleingänge des Umweltministers

Kein Geld für Nachtzüge, dafür Atomkraftwerke und Autobahnen: SVP-Bundesrat Albert Rösti hat jüngst mehrere Entscheide getroffen, die rechtlichen Grundlagen und Volksentscheiden widersprechen. Fünf Beispiele von eigenmächtigen Entscheiden des Umweltministers.

Foto: Walter Bieri (Keystone)

SVP-Bundesrat Albert Rösti ist seit dem 1. Januar 2023 im Amt. Der Umweltminister hat in dieser kurzen Zeit viel von sich reden gemacht. Der Grund: Seit seinem Amtsantritt im einflussreichen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) hat er eigenmächtig mehrere höchst umstrittene Entscheide getroffen. Bundesrat Rösti verfolgt dabei den perfiden Plan, Umwelt- und klimapolitische Fortschritte rückgängig zu machen. «direkt» wirft einen Blick auf die fünf jüngsten Beispiele.

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Geld für Nachtzüge gesperrt

Der Bund muss sparen, predigt Finanzministerin Karin Keller-Sutter seit sie das Departement übernommen hat. Dem kommt der ehemalige Autolobbyist Albert Rösti gerne entgegen und er weiss auch schon wo: Er setzt die gesetzlich vorgeschriebenen Gelder für die Nachtzüge und Elektrobusse aus. Damit verstösst er gegen das neue CO2-Gesetz, dem das Parlament in der Frühjahrsession 2024 zugestimmt hat. Insgesamt geht es um 77 Millionen Franken pro Jahr. Doch bei den Nachtzügen ist das letzte Wort noch nicht gefallen:  Die beiden SP-Nationalrätinnen und Mitglieder der Verkehrskommission Brenda Tuosto und Min Li Marti haben eine Aufsichtsbeschwerde gegen diesen Beschluss eingereicht. Damit dürften sich die Geschäftsprüfungskommissionen des Parlaments mit dem Dossier befassen.

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Autobahnausbau: Spiel mit verdeckten Karten

Mehrere Verkehrsorganisationen warfen Rösti vor, die Veröffentlichung eines Berichts über die Folgekosten für die Autobahnen absichtlich verzögert zu haben. Der Grund: Im Bericht steht, dass die jährlichen Folgekosten für die Autobahnen 60 Prozent höher ausfallen werden als bisher angenommen. Es geht um satte 17 Milliarden anstatt um 10,8. Das ist besonders stossend, weil die Stimmbevölkerung im November über den Autobahnausbau abstimmen wird. Die Kosten des Ausbaus belaufen sich auf rund 5 Milliarden Franken.

Diese brisante Information, die von der NZZ aufgedeckt wurde, hätte das Departement von Rösti im Sommer veröffentlichen müssen. Rösti vertröstete die Bevölkerung aber zunächst auf Ende November – also auf kurz nach der Abstimmung. Durch den öffentlichen Druck wurde der Bericht nun Anfang Oktober veröffentlicht.

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Neue Atomkraftwerke trotz klarem Volksentscheid für Atomausstieg

Mit der Energiestrategie von 2017 und mit 58 Prozent Zustimmung zum Stromgesetz im Juni 2024 bekennt sich die Schweiz klar zum Atomausstieg. Doch nur wenige Monate nach dem deutlichen Ja zur Förderung erneuerbarer Energien im neuen Stromgesetz sorgte Rösti dafür, dass sich der Bundesrat für den Bau neuer Atomkraftwerke ausspricht. Umweltverbände und die SP verurteilten diesen Durchmarsch und erinnerten daran, dass Atomkraftwerke die Sicherheit der gesamten Bevölkerung gefährden. Das gilt auch für neue, angeblich sicherere Atomkraftwerke. Auch sie produzieren radioaktiven Abfall, der über 100’000 Jahre lang extrem gefährlich bleibt und dessen «Entsorgung» bis heute nicht gelöst ist.

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Wolf zum Abschuss freigegeben

 

Trotz dem Nein des Bundesamtes für Umwelt, der Bundeskanzlei und des Bundesamtes für Justiz ging Albert Rösti aufs Ganze: Wolfsrudel dürfen «präventiv» abgeschossen werden. Gemäss der Bundesverwaltung ist dieser Entscheid höchst fragwürdig, weil er den von der Schweiz unterzeichneten internationalen Abkommen widerspricht. Zudem verstösst die Verordnungsänderung gegen das Jagdgesetz. Darin ist die präventive Tötung ganzer Wolfsrudel nicht vorgesehen. Doch davon lässt sich Bundesrat Rösti nicht aufhalten: Die neue Verordnung trat bereits Anfang Dezember 2023 im Eiltempo in Kraft und eine erneute Revision im Sommer 2024 wird im Dezember in Kraft treten. Für seine Wolfspolitik wird der Bundesrat auch von der Berner Konvention gerügt.

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Auch der Biber lebt gefährlich

Der Wolf ist nicht das einzige Tier, das der Allianz Rösti und Anti-Biodiversitätslobby zum Opfer fallen könnte:  Der Biber, in der Schweiz Ende des 19. Jahrhunderts vollständig ausgerottet, wurde in den 1950er-Jahren wieder angesiedelt. Obwohl das Gesetz erlaubt, einige Biber zu töten, die grosse Schäden verursachen, will Albert Rösti ihren Schutz weiter schwächen. In Zukunft könnte ein Biber bereits dann zum Abschuss freigegeben werden, wenn er geringfügige Veränderungen in der Landschaft verursacht, beispielsweise durch den einfachen Bau eines Zugangswegs zu seiner Hütte. Dies hatte Rösti bereits in der Revision der Jagdverordnung dieses Jahres vorgesehen, hat aber nach grossem Aufschrei in der Vernehmlassung und den Kommissionen die proaktive Biberjagd vertagt. Für Umweltverbände ist es «unverständlich, befremdlich und unnötig», den Biber zur neuen Zielscheibe von Albert Rösti zu machen.

 

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