Die Schweiz bleibt in der familienergänzenden Kinderbetreuung im Hintertreffen im Vergleich zu anderen europäischen Ländern. Während die OECD-Länder für die Altersgruppen null bis drei Jahre 0,8 Prozent des BIP ausgeben – skandinavische Länder sogar bis zu zwei Prozent – sind es in der Schweiz gerade mal 0,1 Prozent. Der im Nationalrat erzielte Kompromiss wäre ein erster Schritt für die Entlastung von Eltern gewesen. Rund 710 Millionen Franken jährlich soll der Bund in die familienexterne Kinderbetreuung investieren. Damit hätte die Schweiz ihren Rückstand teilweise aufholen können. Doch der Entscheid der ständerätlichen Bildungskommission entlarvt die Haltung der bürgerlichen Nationalräte als reines Lippenbekenntnis.
Eigentlich hätte die Vorlage in der kommenden Herbstsession im Ständerat behandelt werden sollen. Die bürgerliche Kommissionsmehrheit hat dies nun verhindert, indem sie ein alternatives Finanzierungsmodell prüfen lässt. Somit wird das Geschäft erst nach den Wahlen wieder behandelt. Befürworter:innen dieser wichtigen gleichstellungspolitischen Vorlage befürchten, dass die Vorlage nach den Wahlen still beerdigt wird. Eine Entlastung bei der familienexternen Kinderbetreuung würde damit in weite Ferne rücken.
Tiefe Frauen-Beschäftigungsquote durch mangelhaftes Kita-Angebot
Einer Studie zufolge erhalten Mütter in der Schweiz nach dem ersten Kind durchschnittlich 68 Prozent weniger Lohn als die Väter. Das liegt neben der herrschenden Lohnungleichheit auch am mangelhaften Angebot für familienergänzende Kinderbetreuung. Diese Umstände wirken sich unmittelbar auf die Renten und Löhne der betroffenen Frauen aus. Ihre Kaufkraft sinkt, sie sind stärker armutsgefährdet.
Auch wenn ein Ausbau des Kita-Angebots im ersten Schritt Kosten verursacht, hat er volkswirtschaftlich mittel- und langfristig einen positiven Effekt. Frauen, die heute unfreiwillig weniger arbeiten, könnten ihr Pensum erhöhen. Müttern, die unfreiwillig keine Lohnarbeit mehr haben, könnten leichter wieder arbeiten. Dies führt nicht nur zu mehr Steuereinnahmen, auch dem Fachkräftemangel lässt sich so entgegengenwirken.
Dies bestätigt auch eine Studie von Advance und McKinsey aus dem Jahr 2022: Das Bruttoinlandprodukt lässt sich um ganze sechs Prozent steigern, wenn Frauen nach der Geburt eines Kindes wieder im gleichen Umfang weiterarbeiten wie etwa in Schweden, wo die Kindertagesstätten staatlich finanziert sind und die Elternzeit ausgebaut ist. Dort liegt die weibliche Vollzeitbeschäftigungsquote bei 66 Prozent. In der Schweiz ist sie rund 10 Prozent tiefer.
Breite Allianz für eine Kita-Offensive
Für die Kita-Finanzierung gibt es aber noch Hoffnung: Die Kita-Initiative. Eine breite Allianz von Mitte-Rechts bis SP und Gewerkschaften hat im Sommer rund 105’000 Unterschriften für eine Kita-Offensive eingereicht. Die Initiative fordert mehr bezahlbare Kita-Plätze in der ganzen Schweiz und bessere Arbeitsbedingungen für die Kita-Angestellten. Bis ein Entscheid zur Initiative vorliegt oder die Stimmbevölkerung darüber befinden kann, wird es aber noch dauern.
Folgende Modelle fände ich akzeptabel:
1. Ab einem Beschäftigungsgrad von 160% beider Elternteile, wird was an die Kita bezahlt…
2. Der Beitrag an die Kita richtet sich nach dem Beschäftigungsgrad beider Elternteile. Bei 100% gibts nix, bei 120% ganz wenig etc.
Die Kita ist nicht dazu da mehr Freizeit zu haben, sondern um Arbeiten zu gehen…