Textilindustrie: Kampf um faire Löhne in Kambodscha

42-Stunden-Woche? Existenzsichernder Mindestlohn? AHV? Von schweizerischen Arbeitsverhältnissen können Textilarbeiter:innen in Ländern wie Kambodscha oder Bangladesch nur träumen. Auch 12 Jahre nach dem Fabrikunglück in Rana Plaza in Bangladesch bleiben die Arbeitsbedingungen prekär.

Fotos: Solidar Suisse

Der Mindestlohn für Textilarbeiter:innen in Kambodscha beträgt gerade mal 208 Dollar im Monat. Das reicht nicht für ein Leben in Würde. Viele verschulden sich, um Essen, Miete oder Medikamente zu bezahlen. Pausen werden gestrichen, Produktionsziele hochgeschraubt – wer sich wehrt, riskiert den Job.

Mora Sar kennt die Textilfabriken Kambodschas von innen. Er arbeitete selbst lange Zeit in einer Fabrik. Als er nicht nach Hause durfte, obwohl er krank war, begann er sich gewerkschaftlich zu engagieren. Heute arbeitet er in einer leitenden Funktion für eine unabhängige Gewerkschaft und Partnerorganisation von Solidar Suisse. Im Interview erzählt er, wie wichtig die Arbeit der Gewerkschaften im Kampf gegen Missstände sind.

Mora Sar, wie steht es heute um die Rechte der Arbeitnehmer:innen?

Mora Sar: Kurzfristige Arbeitsverträge häufen sich. Die Textilarbeiter:innen zögern, ihre Rechte einzufordern oder Gewerkschaften beizutreten. Sie haben Angst, dass ihr Vertrag nicht erneuert wird.


«In einigen Fällen erkämpften wir Entschädigungen für die Arbeiter:innen, auch dank des Drucks auf Fast-Fashion-Marken.»


Wie ist die Situation in den Fabriken?

Mora Sar: Die Menschen sind in einem ausbeuterischen System gefangen. Ohne Überstunden reicht das Gehalt nicht einmal für das Allernötigste. Zudem setzen Fabriken immer höhere Produktionsziele: Wer das Ziel erreicht, bekommt einen Bonus – dann wird es erhöht. Viele verzichten auf Toilettenpausen, um die hohen Vorgaben zu erfüllen.

Was tun die Gewerkschaften?

Mora Sar: Der Mindestlohn ist das zentrale Thema. Wir sitzen am Verhandlungstisch mit den Fabrikbetreibenden und dem Arbeitsministerium. Ausserdem müssen wir ständig Druck ausüben, damit beschlossene Massnahmen für mehr soziale Sicherheit endlich umgesetzt werden.


«Modekonzerne tragen eine Mitverantwortung für die Arbeitsbedingungen in ihren Lieferketten. Konsument:innen können Druck auf sie ausüben.»


Gibt es konkrete Erfolge?

Mora Sar: Der Mindestlohn steigt, wenn auch nicht so stark, wie wir es uns wünschen. Während der Covid-19-Krise schlossen Fabriken. In einigen Fällen erkämpften wir Entschädigungen für die Arbeiter:innen, auch dank des Drucks auf Fast-Fashion-Marken. Erfreulich ist auch das wachsende Bewusstsein der Arbeiter:innen für ihre Rechte.

Was können Menschen in der Schweiz tun?

Mora Sar: Modekonzerne tragen eine Mitverantwortung für die Arbeitsbedingungen in ihren Lieferketten. Konsument:innen können Druck auf sie ausüben. Auch die Unterstützung von Organisationen wie Solidar Suisse ist extrem wichtig.


Dieser Beitrag wurde übernommen von Solidar Suisse.


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