Frankreich: Das Wunder der vereinten Linken

Nach dem starken Rechtsrutsch bei den Europawahlen hat Emmanuel Macron unerwartet Neuwahlen angekündet. Das hat in Frankreich einen regelrechten Schock ausgelöst. Innerhalb kurzer Zeit ist es den linken Parteien aber nun gelungen, was seit Jahren nicht möglich war: Sie vereinigten sich im «Nouveau Front populaire» und wollen damit dem rechtsextremen «Rassemblement national» die Stirn bieten.

«Wir sind alle die neue Front der Bevölkerung»: Frau mit Schild an einer Demonstration der «Nouveau Front populaire». Foto: Olivier Corsan (Keystone/MaxPPP)

Schlag auf Schlag: Die französische Bevölkerung wählt das rechtsextreme «Rassemblement National» (RN) bei den Europawahlen zur stärksten Partei. Daraufhin beschloss Emmanuel Macron, neue Parlamentswahlen auszurufen.

Auf dem Spiel steht viel. Sollte das RN gewinnen, könnte die rechtsextreme Partei zum ersten Mal die französische Regierung anführen. Angesichts dieser Gefahr haben sich die Linksparteien unter dem «Nouveau Front populaire» (NFP) zusammengeschlossen. Fünf Punkte, wie das neue Bündnis die Bevölkerung überzeugen will.

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Kaufkraft

Die Kaufkraft der Bevölkerung steht auch in Frankreich immer stärker unter Druck. Um diese zu schützen, schlägt der NFP vor, einen Preisdeckel für lebensnotwendige Güter in den Bereichen Lebensmittel, Energie und Treibstoffe einzuführen.

Auch das Recht auf Wohnen soll verbessert und garantiert werden. Dazu will der NFP den sozialen Wohnungsbau ankurbeln: In fünf Jahren sollen jährlich 200’000 neue gemeinnützige Wohnungen gebaut werden.

Der NFP möchte ausserdem den Mindestlohn von derzeit 1400 auf 1600 Euro anheben und die Löhne an die Inflation koppeln.

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Gleichstellung

Um eine bessere Vereinbarkeit von Erwerbs- und unbezahlter Betreuungsarbeit zu ermöglichen, soll die familienergänzende Kinderbetreuung ausgebaut werden. Der NFP will 500’000 neue Kita-Plätze schaffen. Mehr öffentliche und bezahlbare Kinderbetreuungsplätze sind für die Chancengleichheit und Gleichstellung zentral.

Ebenfalls schlägt der NFP vor, einen Menstruationsurlaub in allen Unternehmen und Behörden einzuführen. Dieser sei wichtig für Frauen, die unter starken Beschwerden während der Regelblutung leiden.

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Klima

Um dem Klimawandel entgegenzuwirken, will der NFP einen Klimaplan einführen. Das Ziel: Netto-Null bis 2050, wie es das Pariser Klimaabkommen vorsieht. Dafür sollen beispielsweise grosse Autobahnausbauprojekte auf Eis gelegt werden.

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Integration

Im vergangenen Jahr sorgte in Frankreich das sogenannte Einwanderungsgesetz für viel Gesprächsstoff. Das Gesetz will den Zugang zu Sozialleistungen für Flüchtlinge verschärfen. Zudem sollten Höchstquoten für die Migration festgelegt und die Möglichkeit zur Familienzusammenführung eingeschränkt werden. Der französische Verfassungsrat zensierte im Januar 2024 mehr als ein Drittel der Artikel des geplanten Einwanderungsgesetzes. Ziel des NFP ist, dieses Gesetz komplett aufzuheben.

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Internationale Zusammenarbeit

Auch die internationale Zusammenarbeit und Politik stehen auf der Agenda des NFP. Er möchte den Frieden in Europa stärken und unterstützt die Souveränität und Freiheit des ukrainischen Volkes sowie die Integrität seiner Grenzen. In Bezug auf den Krieg im Nahen Osten fordert der NFP, Palästina neben dem Staat Israel ebenfalls als Staat anzuerkennen. Zudem fordert er einen sofortigen Waffenstillstand im Gazastreifen.

«Rassemblement National» weiterhin im Aufwind

Ob sich der NFP gegen das rechtsextreme RN durchsetzen kann, ist fraglich. Kurz vor dem ersten Wahlgang am 30. Juni liegt RN gemäss Umfragen mit 36 Prozent Wähler:innenanteil vor dem NFP mit knapp 30 Prozent. Deutlich dahinter befindet sich Emmanuel Macrons Bewegung «Ensemble» mit 20 Prozent.

In der Schweiz leben rund 170’000 Menschen mit Stimmrecht in Frankreich. Sie können am Sonntag, 30. Juni an der Wahlurne für den ersten Wahlgang wählen. Der zweite Wahlgang findet eine Woche später, am 7. Juli, statt.

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