80 Jahre nach Hiroshima und Nagasaki: Die Welt braucht ein Atomwaffenverbot

Vor 80 Jahren zerstörten US-Atombomben Hiroshima und Nagasaki. Hunderttausende Menschen starben, bis heute leiden die Bewohner:innen unter den Folgen. Trotzdem weigern sich viele Staaten, ein Atomwaffenverbot zu unterstützen – so auch die Schweiz.

Schwarzweiß-Luftaufnahme: Eine mächtige Pilzwolke steigt über Hiroshima auf.
Foto: keystone/Roger Viollet

Es gibt einige Daten in der Geschichte der Menschheit, die ein vor und danach markieren. Eines davon ist der 6. August 1945 – der Tag, an dem die USA ihre erste Atombombe über der japanischen Stadt Hiroshima abwarfen. Die zweite Bombe folgte drei Tage später über Nagasaki. Hunderttausende Menschen starben. Bis heute erkranken Menschen an den Langzeitfolgen der radioaktiven Strahlung.

Drohungen mit Atomwaffen wieder real

Trotzdem besitzen bis heute neun Staaten Atomwaffen: USA, Russland, China, Frankreich und Grossbritannien gelten als offizielle Atommächte. Sie haben den Atomwaffensperrvertrag von 1968 zusammen mit 190 anderen Staaten unterzeichnet und zum Teil auch ratifiziert. Damit verpflichteten sich diese Länder eigentlich zu einer langfristigen nuklearen Abrüstung.

Ebenfalls im Besitz von Atomwaffen sind Israel, Indien, Pakistan und Nordkorea. Die ersten drei haben den Vertrag nie unterzeichnet, Nordkorea zog sich 2003 aus dem Abkommen zurück. Seit dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine schlittert das Ziel der atomaren Abrüstung in eine tiefe Krise.

Der russische Präsident Vladimir Putin drohte seit Beginn seiner Invasion immer wieder damit, Atomwaffen einzusetzen. Und auch in Israel hat der Minister für religiöses und kulturelles Erbe Amichai Elijahu im November 2023 für Aufsehen gesorgt, als er den Einsatz einer Atombombe auf Gaza in Erwägung zog. Kurz: Die Bedrohung durch Atomwaffen ist heute, nur 80 Jahre nach Hiroshima und Nagasaki, so real und gross wie seit langem nicht mehr. Die im Atomwaffensperrvertrag angestrebte nukleare Abrüstung ist bislang kaum vorangekommen.

Zahlreiche Staaten fordern Atomwaffenverbot

2021 trat der UN-Atomwaffenverbotsvertrag (Treaty on the Prohibition of Nuclear Weapons TPNW)in Kraft. Bereits 94 Staaten haben ihn unterschrieben und fordern so ein komplettes Verbot von Atomwaffen. Das heisst, Entwicklung, Tests, Produktion, Transfer, Besitz, Androhung sowie der Einsatz von Atomwaffen soll für alle Staaten langfristig verboten werden.

Unter den Unterzeichnerstaaten findet sich keine einzige Atommacht, jedoch aber zahlreiche Länder des globalen Südens. Roxanne Steiger, ehemalige Sekretärin der Gruppe Schweiz ohne Armee erklärte dies im Interview mit «direkt» folgendermassen: «In der Uno haben sich jene Staaten für den Atomwaffenverbotsvertrag zusammengeschlossen, die mit den Folgen zu kämpfen haben, die die Entscheidungen der Nuklearmächte auslösen. Sie wollen sich für eine gerechtere und sicherere internationale Ordnung einzusetzen.» Die Staaten des globalen Südens wären nicht nur ungleich stark von einem Angriff mit Atomwaffen betroffen – sie leiden auch aufgrund der Förderung des Rohstoffs Uran.

Zu den Unterzeichnerstaaten des TPNW gehören aber auch Irland, Österreich und Malta. Alle drei sind, wie die Schweiz, nicht Mitglied der Nato. Im Gegensatz zu diesen drei Staaten weigert sich aber in der Schweiz der Bundesrat bis heute, den Vertrag zu unterzeichnen. Dabei wäre es gerade in Zeiten wie heute wichtig, dass sich die Schweiz für eine globale Sicherheitsarchitektur eingesetzt, die auf Multilateralismus im Rahmen der Uno und für Regeln einsetzt, die für alle gelten.

Initiative für Atomwaffenverbot im Schlussspurt

Zahlreiche Organisationen der Zivilgesellschaft wollen die Untätigkeit des Bundesrats nicht akzeptieren. Sie weisen darauf hin, dass die Unterzeichnung des Vertrags durch die Schweiz das Verbot von Atomwaffen weiter stärken würde. Zu den Organisationen gehört auch die Internationale Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen (ICAN), die 2017 für ihr Engagement für den TPNW den Friedensnobelpreis erhielt.

Zusammen mit der GSoA und zahlreichen weiteren Organisationen und Parteien wie der SP Schweiz hat ICAN eine Volksinitiative lanciert, um den Druck auf den Bundesrat zur Unterzeichnung des Vertrags zu erhöhen. Aktuell läuft die Unterschriftensammlung.


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