Privilegierte alt Bundesräte stellen sich gegen die 13. AHV-Rente und verärgern Ruth Dreifuss

Eine Mehrheit der Schweizer Bevölkerung will eine 13. AHV-Rente. Nun haben Hunderttausende Haushalte einen Brief von ehemaligen Bundesräten erhalten, die davor warnen, am 3. März Ja zur entsprechenden Initiative zu stimmen. Die Reaktionen auf das Schreiben sind sehr negativ. Aus gutem Grund: Während diese ehemaligen Bundesräte sich weigern, den Kaufkraftverlust der Rentner:innen auszugleichen, beziehen sie jedes Jahr 200’000 Franken Rente.

Ruth Dreifuss ist für eine 13. AHV-Rente. Foto: Keystone (Sigi Tischler)

Dürfen sich alt Bundesrät:innen mit einer Jahresrente von 200’000 Franken gegen die Einführung einer 13. AHV-Rente wehren? Diese Frage dürften sich derzeit Hunderttausende Stimmbürger:innen stellen, nachdem sie einen von Johann Schneider-Ammann, Adolf Ogi und Doris Leuthard unterzeichneten Brief erhalten haben. Die ehemaligen Mitglieder der Landesregierung fordern dazu auf, die Initiative für eine 13. AHV-Rente abzulehnen.

Umfragen zufolge unterstützt eine Mehrheit der Bevölkerung von jung bis pensioniert die Initiative. Auffällig dabei ist, dass auch ein Grossteil der SVP-Basis Ja stimmen will. Das Hauptargument: Eine 13. AHV-Rente könnte den Kaufkraftverlust der Renter:innen zumindest teilweise ausgleichen.

Ruth Dreifuss verurteilt die «Nein»-Kampagne

Auch alt Bundesrätin Ruth Dreifuss, die sonst eher vermeidet, sich zu aktuellen politischen Fragen zu äussern, meldet sich zu Wort: Sie verurteilt die Kampagne ihrer ehemaligen Regierungskolleg:innen. Ihrer Meinung nach geht eine solche koordinierte Aktion zu weit. Ehemalige Bundesrät:innen sollten sich nach ihrer Amtszeit zurückhalten und sich nur noch privat engagieren. Dreifuss befürwortet die 13. AHV-Rente, wie sie gegenüber dem Tagesanzeiger sagt. Sie habe mit vielen Renter:innen gesprochen, die wegen der Teuerung finanzielle Probleme haben: «Viele haben Angst vor der Zukunft.»

Alt Bundesrätin Micheline Calmy-Rey ihrerseits kritisiert die ehemaligen Bundesräte nicht. Sie gibt aber auf Anfrage bekannt, dass sie für die 13. AHV-Rente sei. «Die Menschen im Rentenalter erleben schwere Zeiten. Sie müssen mit sehr geringen finanziellen Mitteln auskommen, weil alles teurer geworden ist – wie Mieten und Krankenkassenprämien», sagt sie gegenüber CH Media.

200’000 Franken Rente

Laut Bundeskanzlei erhält ein alt Bundesrat 50 Prozent seines Gehalts im Amt als Rente. Dies entspricht mehr als 200’000 Franken pro Jahr. Monatlich sind das über 16’600 Franken. Zum Vergleich: Die durchschnittliche monatliche Rente aus AHV und Pensionskasse beträgt für einen Mann 4394.60 Franken und 2953.50 Franken für eine Frau.

Die AHV gilt als zentraler Pfeiler des Schweizer Sozialmodells. Bei der aktuellen Diskussion um die 13. AHV-Rente geht ein wesentliches Element regelmässig vergessen: Die Menschen, die am meisten verdienen, sind auch diejenigen, die am meisten in die AHV einzahlen. Schätzungen zufolge erhalten 92 Prozent der Menschen im Ruhestand mehr, als sie im Laufe ihres Lebens eingezahlt haben. Die Bevölkerung wird am 3. März entscheiden, ob sie dieses System mit der 13. AHV-Rente stärken will.

8 Kommentare

  1. Ich möchte Ruth Dreifuss ganz herzlich danken für den engagierten und sachlich fundierten Artikel. Habe ihn bereits im TA gelesen. Insbesondere den Titel „Wer alt ist sollte keine Angst haben“ fand ich grossartig. Als Leserin nehme ich wahr, wie ich das schon immer tat, dass Ruth Dreifuss ein durch und durch engagierter Mensch ist. Sie orientiert sich glaubwürdig am Allgemeinwohl und erteilt somit Gier und Profitmaximierung eine Absage. Danke Ruth! Agnes Weber, alt Nationalrätin.

  2. Traurig, diese Ex-Bundesräte – und dass sich sogar der Ogi dafür einspannen lässt! Da hocken diese in ihren wohlgepolsterten Nestern und krähen gegen die weniger Bemittelten durchs ganze Land. Gschämig sagt man dem hier im Bernbiet, gschämig Herr Ogi ! Ich war fast 20 Jahre Heimleiter und kenne das Gerangel um die Ergänzungsleistung und Hilflosenentschädigung- hab manchen Bittstellern nach 1. Ablehnung Rekurse geschrieben, da die Angehörigen dazu nicht fähig waren. Ach, die reiche Schweiz, reich für die Reichen, arm für die Armen! Ich selbst bin als Bub armengenössig aufgewachsen und weiss, was Armut für eine degradierende und niederdrückende Auswirkung hat!

  3. Solange x Milliarden zur Bankenrettung möglich sind und Geld ins Ausland verschachert wird, können wir uns auch das leisten. Geld gibts genügend, nur nicht für den kleinen Bürger bzw. Rentner… Ausserdem ist die Rente keine wirkliche Giesskanne oder zumindest eine, in die reiche Personen bzw. Gutverdiener viel mehr einzahlen… Was sich die 5 Altbundesräte leisten (Meinungsmanipulation), ist eine Frechheit, ich ändere meine Meinung bestimmt nicht! 👍Darf geteilt werden👍

  4. Gemäss Bundesverfassung Artikel 112 haben die AHV Renten den Existenzbedarf angemessen zu decken. Dies tun sie bei weitem nicht. Deshalb ist die 13. AHV Rente mehr als nötig.

  5. Das ist unglaublich, was sich diese 3 Alt-Bundesräte erlauben. Eine Dreistigkeit sondergleichen, sich jedes Jahr bis zum Lebensende die Summe von ca. 200’000 als Rente auszuzahlen und die ihnen zustehende AHV noch dazu einzufordern (Siehe Alt- Bundesrat Blocher)

    Zum Dank am Volk sind sie gegen eine Erhöhung oder gar die 13. AHV-Rente.

    Das sind Volksabzocker! Kein Arbeiter kann bekommt nach seiner Pensionierung die Hälfte seines Einkommens.
    Gerade die „Bessergestellten“ die aufgrund ihrer exorbitanten grossen Löhne und ihrer Rückstellungen eigentlich keine bescheidene AHV benötigen, führen sich wie Raubritter auf.
    Eine Schande für unser Land.

  6. Sogar die Toten lassen sie nicht in ruhe.
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    Die Toten würden sich im Grabe umdrehen wenn sie das wüssten. Peinlich, Peinlich, Peinlich für die Alt-Bundesräte/Innen wo sich für Lügen einspannen lassen.
    DANKE Frau Alt-Bundesrätin Ruth Dreifuss, dass sie sich für uns so einsetzen.

  7. Die Behauptung, dass man sich die 13. AHV „NICHT LEISTEN KÖNNE“ ist eine Schutzbehauptung der Initiativ-Gegner. Die korrekte Aussage dort wäre „WIR WOLLEN UNS DAS NICHT LEISTEN“. Wobei das „uns nicht leisten“ effektiv wäre, wir wollen das den anderen nicht leisten“. Darum gehts.
    Die Drohung, dass eine MWST-Erhöhung den bedürftigen Rentnern noch mehr Geld aus der Tasche ziehen würde, ist fadenscheinig. Treffen würde das möglichweise jene Personen, die sich Konsum in grossem Umfang leisten können – nicht die ohnehin nur am Limit konsumieren Könnenden. Da ist das fast nicht spürbar.
    Ändern/Anpassen der AHV-Beiträge? Wenn das System das erfordert, damit es noch seinen Sinn erfüllen kann, dann ja. Das ist nicht eine Verlagerung von Lasten an eine jüngere Generation. Die jüngere Generation wird ihrerseits wieder profitieren. Es wäre halt Zeit, nicht das System AHV durch immer wieder andere Versicherungsmodelle zu konkurrenzieren, die dem Gedanken der AHV zuwider arbeiten. Hier ist das Parlament gefragt. Nicht zum Verhindern !
    Beat Schild

  8. Ja, eigentlich sollte die AHV ermöglichen, dass der gewohnte Lebensstil weitergeführt werden kann…. Witz des Jahres!!! Mit der bescheidenen AHV kann dann knapp die Wohnung und die Krankenkasse bezahlt werden und vorallem die Frauen, die keine PK haben, geht es finanziell dann alles andere als gut, und dies in der reichen Schweiz!!! Danke Frau Alt-Bundesrätin, dass Sie sich für alle, die es nötig haben, einsetzen.

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