Alt GLP-Nationalrat Roland Fischer zur Klimafonds-Initiative: «Wir brauchen zusätzliche Investitionen in die Infrastruktur.»

Alt GLP-Nationalrat Roland Fischer ist im Initiativkomitee der Klimafonds-Initiative. Der Ökonom und Dozent für Finanzpolitik an der Hochschule Luzern erklärt im Interview mit «direkt», warum die Schweiz jetzt vorwärts machen muss bei der Reduktion der Treibhausgasemissionen.

Fotos: Keystone. Montage: direkt.

«direkt»: Roland Fischer, Sie sind im Initiativkomitee der Klimafonds-Initiative. Weshalb?

Roland Fischer: Jedes Land soll einen angemessenen, seinen Möglichkeiten entsprechenden Beitrag zur Reduktion der Treibhausgase leisten. Mit ihrem starken Finanzmarkt und ihren hohen Kompetenzen in Forschung und Entwicklung kann die Schweiz eine enorme Wirkung erzielen. Bei Projekten, die einen hohen Investitionsbedarf und ein erhöhtes Risiko aufweisen, fehlt jedoch oft das notwendige private Kapital. Dazu gehören insbesondere Grossinvestitionen im Bereich der erneuerbaren Energien, zum Schutz der Artenvielfalt oder Investitionen in Negativ-Emissionstechnologien. Ein Klimafonds, der mit Staatsanleihen finanziert wird, könnte die dafür notwendigen finanziellen Mittel bereitstellen.

«direkt»: Warum braucht es genau jetzt diese Investitionen?

Roland Fischer: Die Reduktion des CO2-Ausstosses im Gebäudebereich zeigt deutlich, dass es für einen wirksamen Klimaschutz eine Kombination von Massnahmen braucht. Mit Lenkungsabgaben und Förderbeiträgen werden wichtige Anreize gesetzt. Wichtig ist aber auch, dass die für den Umbau notwendige Technologie einfach und breit verfügbar ist. Bei Wärmepumpen und anderen klimaneutralen Heizsystemen, wie etwa bei der Solarenergie, ist das heute bereits der Fall. In vielen Bereichen bestehen aber noch grosse Hindernisse, wie zum Beispiel bei den Ladestationen für Elektroautos, klimaneutralen Treibstoffen und Speichersystemen für Strom. Mit einem Klimafonds lassen sich diese Lücken einfacher und schneller schliessen.

«direkt»: Gibt es vergleichbare historische Beispiele, bei denen die Schweiz schon einmal viel Geld investiert hat, um die Infrastruktur zu modernisieren?

Roland Fischer: Als Vergleich könnte man die Finanzierung der Eisenbahngrossprojekte Bahn 2000 und NEAT heranziehen. Sie wurden ebenfalls über einen Fonds finanziert – den im Jahr 1998 geschaffenen FinÖV-Fonds. Dieser wurde 2016 durch den Bahninfrastrukturfonds (BIF) ersetzt. Heute dient er allerdings nicht nur zur Finanzierung von Neuinvestitionen, sondern auch des Betriebs und des Substanzunterhalts. Jährlich fliessen heute gut sechs Milliarden Franken in den Fonds, was vergleichbar mit den für den Klimafonds vorgesehenen Mitteln ist.


«Der Klimawandel verursacht immer mehr grosse volkswirtschaftliche Kosten, zum Beispiel aufgrund von Unwettern, Hitzewellen und einer schrumpfenden Biodiversität. Um auf diese Entwicklung zu reagieren und sie aufzuhalten, brauchen wir zusätzliche Investitionen in die Infrastruktur und neue Technologien.»


«direkt»: Kritische Stimmen sagen, dass die Initiative die Staatsverschuldung antreiben wird. Was entgegnen Sie diesen aus finanzwissenschaftlicher Sicht?

Roland Fischer: Die jährlichen Einzahlungen des Bundes in den Klimafonds würden zusätzlich zum Ausgabenplafonds der Schuldenbremse anfallen und damit die Schulden des Bundes erhöhen. Für den Bund und auch für die Schweiz als starke und stabile Volkswirtschaft wäre jedoch eine zusätzliche Verschuldung des Bundes sehr gut tragbar. Zum einen ist die Schuldenquote (Staatsschulden in Prozent des BIP) im internationalen Vergleich sehr tief und würde durch die Finanzierung des Klimafonds nur leicht steigen, wenn überhaupt. Zudem wird in der Schweiz deutlich mehr gespart als investiert. Das überschüssige Kapital wird heute im Ausland investiert und nicht hier bei uns. Die für die Finanzierung des Klimafonds notwendigen zusätzlichen Bundesanleihen wären deshalb willkommene, sichere Anlageobjekte, unter anderem auch für unsere Pensionskassen.

«direkt»: Sie sind als Hochschuldozent Experte für Finanzpolitik. Wie erklären Sie jemandem auf der Strasse in drei Sätzen, warum die Klimafonds-Initiative aus volkswirtschaftlicher Sicht sinnvoll ist?

Roland Fischer: Der Klimawandel verursacht immer mehr grosse volkswirtschaftliche Kosten, zum Beispiel aufgrund von Unwettern, Hitzewellen und einer schrumpfenden Biodiversität. Um auf diese Entwicklung zu reagieren und sie aufzuhalten, brauchen wir zusätzliche Investitionen in die Infrastruktur und neue Technologien. Ein dafür geschaffener Klimafonds trägt nicht nur dazu bei, dass die Schweiz ihre Klimaziele erreicht, sondern fördert durch Forschung und Innovation auch die Schweizer Wirtschaft.


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