Afghaninnen sollen weiterhin Asyl erhalten in der Schweiz

Der Nationalrat hat entschieden, dass er geflüchteten Frauen aus Afghanistan weiterhin Asyl gewähren will. Dies, nachdem die SVP und die FDP versucht haben, den entsprechenden Entscheid des Staatssekretariats für Migration rückgängig zu machen.

Foto: Keystone EPA (Samiullah Popal)

Seit der Machtübernahme der Taliban kommt es in Afghanistan zu massiven Menschenrechtsverletzungen. Am schlimmsten betroffen sind Frauen und Mädchen, die kaum noch Schulen besuchen oder gar das Haus verlassen können. So bezeichnet Human Rights Watch die geschlechterspezifische Verfolgung als «Verbrechen gegen die Menschlichkeit». Das Staatssekretariat für Migration (SEM) hat deshalb im Sommer 2023 seine Asylpraxis für afghanische Frauen geändert: Ihnen wird neu wegen der ständigen Diskriminierung von Frauen in Afghanistan Asyl gewährt – vorher erhielten die meisten Afghaninnen lediglich eine vorläufige Aufnahme. Die SVP wollte diesen Entscheid zusammen mit der FDP kippen. Nun sind die rechtsbürgerlichen Parteien im Nationalrat gescheitert.

Europäischer Gerichtshof stützt Schweizer Praxis

Ein Gutachten des Europäischen Gerichtshof stützt die Praxisänderung des SEM. So erhalten Afghaninnen in vielen EU-Ländern Asyl, einschliesslich aller Nachbarländer der Schweiz. Bis vor kurzem stützte auch das Bundesverwaltungsgericht diese Praxis.

Das Gericht hat nun aber kurz vor der Beratung im Nationalrat entschieden, dass die Praxisänderung nicht generell gelte. Als Begründung führt das Gericht an, dass die Haltung des SEM, wonach weiblichen Asylsuchenden aus Afghanistan «die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen» sei, nicht heisse, dass die Zugehörigkeit zum weiblichen Geschlecht als Asylgrund genüge. Damit die Afghaninnen als Flüchtlinge anerkannt werden, brauche es ein weiteres individuelles Verfolgungsmerkmal. Auffällig: Das Urteil haben zwei SVP- und ein FDP-Richter gefällt.

Angriff von rechts vom Tisch

Mit dem Entscheid im Nationalrat ist der Angriff von der SVP und der FDP vom Tisch. Die linke Ratshälfte zeigt sich erfreut: «Die Anerkennung der betroffenen Frauen als Flüchtlinge wird ihnen helfen, sich hier ein neues Leben aufzubauen», kommentiert etwa SP-Nationalrätin Céline Widmer. Die seit 15 Jahren in der Schweiz lebende Afghanin Aresu Rabbani unterstreicht gegenüber «direkt» auch die Vorteile für die Schweiz: «Diese Frauen könnten gerade jetzt in Zeiten des Arbeitskräftemangels viel beitragen.» Mit einer vorläufigen Aufnahme wäre das viel komplizierter.

SVP plant neue Initiative

Die SVP wird aber auch in Zukunft nichts unversucht lassen, um das Asylrecht anzugreifen. Kürzlich haben die Delegierten der Partei beschlossen, mit einer Initiative eine Obergrenze für Flüchtlinge einzuführen. Dafür wären auch systematische Grenzkontrollen nötig. Solche Massnahmen würden sowohl die Abkommen von Schengen und Dublin als auch die Genfer Flüchtlingskonvention verletzen.

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