Klimademo: «Es braucht den Druck der Strasse.»

Zahlreiche Organisationen rufen für den 30. September zur nationalen Klimademo in Bern auf. Die 20-jährige Studentin und Klimaaktivistin Lena Bühler organisiert die Grosskundgebung mit. «direkt» hat bei ihr nachgefragt, warum diese Demonstration wichtig ist.

Lena Bühler, Klimaaktivistin seit 2019. Foto: zgv

Wie bereits vor den letzten nationalen Wahlen gibt es auch dieses Jahr eine nationale Klimademo. Dazu ruft die Dachorganisation Klima-Allianz Schweiz auf. Die Klimaaktivistin und Jus-Studentin Lena Bühler ist bei der Organisation der Grosskundgebung dabei. «direkt» hat bei ihr nachgefragt, warum es auch vor diesen Wahlen eine Klimademo braucht.

«direkt»: Die Schweizer Stimmbevölkerung hat im Juni dem Klimaschutzgesetz zugestimmt. Darin ist das Netto-Null-Ziel bis 2050 festgeschrieben. Warum braucht es jetzt trotzdem noch eine Klimademo?

Lena Bühler: Es ist sehr wichtig, dass die Stimmbevölkerung das Klimaschutzgesetz angenommen hat. Es belegt, dass die Klimakrise eine der grössten Sorge der Bevölkerung ist. Dies zeigen auch zahlreiche Umfragen. Aber: Im Gesetz sind nur wenige konkrete Massnahmen verankert, wie das Netto-Null-Ziel erreicht werden soll. Das Gesetz beinhaltet beispielsweise keine Regelungen für den Schweizer Finanzplatz. Dieser hat aber durch seine Grösse einen riesigen Einfluss auf das Klima. Zudem hat der SVP-Energieminister Albert Rösti nun beschlossen, dass das Gesetz erst Anfang 2025 in Kraft treten soll. Das geht zu langsam. Wir brauchen mehr Massnahmen, und diese müssen schneller umgesetzt werden. Auch deshalb braucht es den Druck der Strasse.

Klimademo im Herbst 2020 in Zürich. Foto: Keystone (Alexandra Wey)
Welches sind eure Hauptforderungen?

Lena Bühler: Im Fokus steht die Klimagerechtigkeit. Denn es leiden nicht diejenigen Menschen, die am meisten Treibhausgas-Emissionen verursachen, am stärksten unter den Auswirkungen des Klimawandels. Der Globale Süden spürt die Auswirkungen viel verheerender als der Globale Norden. Aber auch hier sterben bei Hitzewellen immer mehr ältere Personen. Menschen, die auf dem Bau arbeiten leiden stärker als Menschen in klimatisierten Büros.

Mit der Klimademo wollen wir auch an das Parlament appellieren, dass es mit den Massnahmen gegen die Klimaerwärmung vorwärts gehen muss. Und der Bevölkerung wollen wir natürlich mitgeben, dass sie Kandidierende wählen soll, die sich für solche Massnahmen einsetzen aber auch, dass sie sich selbst für mehr Klimaschutz engagieren muss.

2019 gelang es der Klimabewegung massgeblich die nationalen Wahlen zu beeinflussen. Nun droht ein Rechtsrutsch im Herbst. Was bedeutet das für den Klimaschutz nach dem 22. Oktober?

Lena Bühler: Für den Klimaschutz wäre ein Rechtsrutsch fatal. Wir brauchen endlich ein Parlament, dass das Ausmass der Krise erkennt. Das Thema muss jetzt mit höchster Priorität behandelt werden. Natürlich gibt es auch andere Themen, die das Leben der Menschen akut und unmittelbar beeinflussen: Die Pandemie, der Ukraine-Krieg, die Inflation. Aber: Viel Zeit, um die Klimakatastrophe abzuwenden, haben wir nicht mehr.

Die Klimawahl von 2019 hat uns nicht so schnell vorwärtsgebracht, wie wir gehofft hätten. Das liegt nicht nur an den Mehrheitsverhältnissen im Parlament. Das politische System der Schweiz ist sehr langsam. Effektive Veränderungen brauchen viel Zeit. Diese haben wir aber mehr.

Während der Pandemie ist es stiller geworden rund um die Klimabewegung. Wo steht sie heute?

Lena Bühler: Wir waren immer da, auch wenn die Medien die Klimabewegung mehrmals für tot erklärt haben. Aber einfach war es nicht. Während der Pandemie konnten wir die Proteste nicht einfach in den digitalen Raum verlegen. Und dann kam der Ukraine-Krieg. Die Klimabewegung rückte medial in den Hintergrund. Wir haben aber im Kleinen viel erreicht. Mit Protesten und Gesprächen mit Behörden ist es uns zum Beispiel in Basel-Land gelungen, dass das geplante Flüssiggas-Terminal in Muttenz kleiner gebaut wird als ursprünglich geplant.

Lena Bühler bei einer Aktion auf dem Bundesplatz. Foto: zvg
Zum Schluss eine persönliche Frage: Warum bist du Klimaaktivistin geworden?

Lena Bühler: Die Klimakrise hat mich schon lange beschäftigt. Mir wurde bewusst, wie stark die Auswirkungen der Klimaerwärmung uns alle treffen wird. Als ich dann 2019 die Bilder von den ersten Klimastreiks in Zürich gesehen habe, schloss ich mich der Gruppe in Bern an. Damals war ich eine der jüngsten. Jetzt bin ich mit zwanzig Jahren eine der ältesten.


Die Klima-Demo findet am 30. September 2023 statt. Treffpunkt: 14 Uhr, Bollwerk. Weitere Infos unter www.klima-demo.ch

 

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