Krankenkassenprämien: Familien brauchen Entlastung

Die Prognosen sind düster: Die Krankenkassenprämien werden nächstes Jahr noch weiter ansteigen. Nun diskutiert das Parlament die Prämien-Entlastungs-Initiative der SP. Doch wahrscheinlich will eine Mehrheit nur einen zahnlosen Gegenvorschlag.

Foto: Keystone (Anthony Anex)

Hohe Krankenkassenprämien belasten das Portemonnaie der Bevölkerungen stark. Auf dem Sorgenbarometer rangieren die Prämien weit oben. In der kommenden Sommersession entscheidet der Ständerat, ob er die Bevölkerung entlasten will. Er diskutiert über die SP-Initiative, welche die Kosten der Krankenkassenprämien auf maximal zehn Prozent des Einkommens eines Haushalts beschränken will.

Zahnloser Gegenvorschlag

Im April 2023 hat die zuständige Gesundheitskommission (SGK-S) der kleinen Kammer entschieden, dass sie einen Gegenvorschlag will. Das ist auf den ersten Blick eine gute Nachricht für Familien mit tiefen Einkommen und Pensionierte mit wenig Rente. Aber: Die Kommission hat den Gegenvorschlag derart verwässert, so dass dieser nun sehr stark von der Initiative abweicht und keine grosse Entlastung bringt. Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) kommentiert ihn mit einem schlichten «ungenügend».

Gute Chancen für Prämien-Entlastungs-Initiative

Die SP steht dem verwässerten Gegenvorschlag auch ablehnend gegenüber und setzt sich neben der Initiative für einen wirksamen Gegenvorschlag ein: «Nun muss auch der Ständerat die Sorgen der Bevölkerung ernst nehmen und einen wirksamen und vernünftigen Gegenvorschlag präsentieren», schreibt die Partei in einer Mitteilung.

Sollte es dem Ständerat nicht gelingen, einen Vorschlag zu beschliessen, der eine effektive Entlastung für die Bevölkerung bringt, dürfte dies der Prämien-Entlastungs-Initiative Aufwind geben. Denn gemäss Prognosen steht der nächste Prämienschock bevor: Laut dem Bundesamt für Gesundheit werden die Prämien wie bereits 2023 auch 2024 weiter stark ansteigen. Santésuisse-Direktorin Verena Nold warnt deshalb in einem Interview mit dem SonntagsBlick davor, dass sich bald auch Normalverdienende die Prämien nicht mehr leisten können.

Entlastung im Kanton Waadt

Dass eine Begrenzung der Prämienlast eine wirkungsvolle Entlastung für die Haushalte bringt, zeigt sich am Beispiel des Kantons Waadt. Dort wird ein Kostendeckel bei zehn Prozent des Einkommens bereits umgesetzt. Mehr als ein Drittel der Waadtländer:innen profitiert so von einer Prämienverbilligung. Im Schweizer Durchschnitt sind es deutlich weniger, in den Kantonen St. Gallen und Neuenburg nicht mal ein Fünftel.

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4 Kommentare

    • Es ist nicht entweder-oder. Im Gegenteil: Massnahmen wie z.B. eine griffige Prämienentlastung erschweren Reformen, die einfach nur der Prämiensenkung dienen, aber in der Praxis dazu führen, dass sich wirschaftlich schlecht gestellte Menschen teile ihrer Gesundheitsversorgung nicht mehr leisten können, in dem z.B. der Leistungskatalog eingegrenzt wird, durch Gateway-Modelle der Zugang zu qualitativ hochwertiger Beurteilung erschwert wird, Fallpauschalen eingeführt werden die besonders in komplexen Fällen Anreize zur Unterverversorgung setzen oder eine höhere Kostenbeteiligung dazu führt, dass Menschen, die sich das nicht leisten können, ihre Gesundheitsleistungen auf Kosten ihrer Versorgung selbst rationieren.

      Durch das Erschweren solcher Reformen verlagert sich der Lösungsdruck weg von der Augenwischerei der reinen Prämienentlastung hin zu Massnahmen, die einer tatsächlichen Kostenreduktion dienen, und wenn sich in dem Bereich nicht genug erriechen lässt, die Ressourcen in der Wirtschaft so verlagern, dass es finanzierbar ist.

      Eine verhältnismässig einfache Massnahme wäre z.B. bei der Ausgestaltung der Spezialitätenliste offener zu sein, gerade bei Medikamenten, die in anderen Ländern mit vertretbaren Zulassungsstandards bereits zugelassen sind, sowie Generika für diese, und wenig sinnvolle Altersbeschränkungen nach oben zu überdenken.

      So macht es medizinisch z.B. null Sinn, dass „Dexamphetamini sulfas“ (Hergestellt von der Amino AG), welches in der Dropa-Apotheke für 25.80 Franken zu haben ist, nicht auf der Spezialitätenliste steht, das wirkstoffgleiche Attentin (das doppelt soviel kostet) aber schon, allerdings wiederum nur für Minderjährige.

      Stärkere, aber angesichts der Mehrheit des Mitte-Rechts-Flügels politisch nur sehr schwer umsetzbare Möglichkeiten existieren in Massnahmen, die das in der Pharmaindustrie involvierte Kapital tangieren, z.B. durch Umverteilungsmassnahmen oder gar Preiskontrollen. Die Schweiz allein ist in der Hinsicht nicht in einer herausragend starken Position, anders als die EU. Nur: Egal ob EU oder Schweiz, solange sich das Wahl- und Stimmverhalten der Mehrheit nicht ändert, werden wir in der Hinsicht wahrscheinlich nicht allzuviele Erfolge sehen.

  1. Die Krankenkassen steigen ins Unermessliche. Und alles wird teurer. Wenn das so weitergeht, laufen wir in eine „Kollaps“.
    Aber fragt man sich auch mal, warum das so ist?
    Da ist natürlich auch einerseits die teure Apparatemedizin, aber andererseits sind es die Pharmafirmen, die – zititiere Dr. Andres Bircher, Enkel von dem berühmten Maximilian Bircher: nur „eine Hirnhälfte haben“, nämlich diese, die auf Gewinnmaximierung schaut.
    Und grade wenn man diesen berühmten Namen erwähnt: Sie haben Erfahrungen mit tausenden Patienten, denen offensichtlich geholfen werden konnte, mit ihrer Regulativmedizin/ Frischkostdiät. Und das sind dann offenbar echte Heilungen, die gesund geworden sind, und keine Medikamente mehr brauchen, die ja jeweils immer nur die Symptome überdecken, lebenslang genommen werden müssen, und z.T. drastische Nebenwirkungen haben. Hr. A. Bircher war dann auch sehr resignativ, was unsere Realität im Gesundheitswesen anbelangt – sie werde eben von den Pharmariesen diktiert. Seine Herangehensweise ist natürlich nur eine Möglichkeit. Bekannt ist ja auch, dass Fastenkuren oft zu Besserungen und sogar Heilungen führen können, grade bei chronischen Krankheiten. Russland hat z.B. eine lange Tradition mit dem Fasten. Es gibt dort niederschwellige Fastenkliniken, die für jedermann erschwinglich ist (Wieso muss eine Fastenkur teuer sein, wo man doch fast nichts isst?), ausserdem gibt es auch die traditionelle russische Medizin, die auf Naturheilkunde basiert. Das ist aber nur ein Beispiel. Mir scheint, dass wir in der Schweiz eigentlich ein „Entwicklungsland“ sind in traditioneller Naturheilkunde. Allenfalls in Appenzell gibt es das, aber es wird auch nicht staatlich gefördert. Zwar gab es, nachdem Pascal Couchepin Komplementärmedizin, wie TCM, Homöpathie, Antroposophie, Phytotherapie und Neuraltherapie aus der Grundversicherung ausschliessen wollte, dann eine Gegenbewegung und Abstimmung 2009, die mit 67 % hoch angenommen wurde, aber was nützt einem das, wenn man praktisch keinen Arzt findet (das ist ja die Bedingung, dass es von einem Arzt verordnet wird mit Zusatzausbildung), der z.B. in Phytotherapie/ Traditioneller europäischer Naturheilkunde, Homöopathie, Neuraltherapie, Antroposophie eine Zusatzausbildung absolviert hat?
    Es gibt natürlich die Möglichkeit über den EMR sich mit einer Zusatzversicherung Alternativmedizin behandeln zu lassen – aber die Suche nach einem geeigneten Therapeuten kann auch sehr schwierig sein. Und so Kliniken, wie beispielsweise die Paracelsus Klinik in Lustmühle, die auch mit regulativer Medizin arbeitet, sind zum Teil sehr teuer, und da zahlt die Krankenkasse dann gar nichts oder kaum etwas daran.
    Des Weiteren muss man aber erwähnen, dass, und das weiss ich, weil ich oft Webinare zu Gesundheitsthemen schaue, wohl 90 % aller (chronischen) Krankheiten stressinduziert sind. Und das die Leute am Arbeitsplatz nicht überlastet werden, da gibt es wohl auch kein sinnvolles Konzept dagegen(?) Oder es ist viel zu wenig ein Thema (?)
    Aber es geht ja noch weiter: Die Ernährung in der Bevölkerung ist ja oft auch katastrophal. Es wird immer noch viel zu viel Fleisch gegessen (eine grosse St. Galler Bratwurst täglich pro Person und Tag, von der Menge her) Und viele Leute essen überhaupt keine Vitalstoffe / Gemüse (Männer! Das ist wohl ein Machoproblem. Gemüseessen wird als unmännlich taxiert – Fleisch muss her) Aber in vielen Kantinen wird wohl auch keine vegetarische Kost angeboten. Jedenfalls führt diese Ernährung auch zu Fettleibigkeit und Folgekrankheiten.
    Und offenbar hat die Anzahl Raucher während der Pandemie von 25 % auf 30 % zugenommen. Rauchen ist eine Katastrophe für den Körper, psychisch und physisch – jährlich sterben 9’500 Menschen in der Schweiz am Tabakgebrauch. Völlig unötigerweise. Während der Pandemie starben 16’500 Menschen an Covid, aber 19’000 am Rauchen. Die Gesundheitskosten gehen in die Milliarden.
    Also müsste man doch bei all den genannten Dingen mal ansetzen!

  2. Krankheitskosten werden seit ich wieder in der Schweiz lebe durch die alljährlichen
    Pràmienerhöhungen langsam zu einem Luxus, den man sich kaum leisten kann, vor Allen betrifft das Leute mit niedrigen Einkommen. Die Kluft zwischen den Menschen , die für wenig Lohn oder nicht mehr arbeiten und den Reichen, die in der Schweiz ordentlich von der Politik profitieren und immer reicher werden, vergrössert sich stetig- leider!

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