Wechsel bei der Wohneigentumsbesteuerung: Wer profitiert und wer verliert

Noch dieses Jahr kommt der Systemwechsel bei der Wohneigentumsbesteuerung an die Urne. Die Vorlage steht unter anderem im Gegenwind der Bergkantone. «direkt» erklärt, worum es bei der Vorlage geht, wer von der Systemänderung profitiert, und wer damit verliert.

Foto: Mauel Geisser (Keystone)

Die Stimmbevölkerung wird voraussichtlich dieses Jahr über einen Systemwechsel bei der Wohneigentumsbesteuerung entscheiden. Die vom Hauseigentümerverband lang ersehnte Reform zielt darauf ab, den Eigenmietwert abzuschaffen. Das musst du dazu wissen:

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Ungleichbehandlung von Mieter:innen und Eigentümer:innen

Die Mieten in der Schweiz explodieren. Wer sich dagegen ein eigenes Haus oder eine Wohnung leisten kann, muss gemessen am Einkommen wegen dem seit Jahren anhaltenden Trend sinkender Zinsen auf Hypotheken deutlich weniger Geld fürs Wohnen ausgeben als noch vor fünfzehn Jahren. Mit dem geplanten Systemwechsel bei der Wohneigentumsbesteuerung wird sich diese Schere zwischen Mieter:innen und Eigentümer:innen noch mehr öffnen. Der Grund: Der sogenannte Eigenmietwert soll abgeschafft werden.

So funktioniert der Eigenmietwert

Wer sich ein eigenes Haus oder eine Wohnung leisten kann, muss keine Miete zahlen und kann gleichzeitig beispielsweise Hypothekarzinsen sowie Kosten für Renovationen, Umbauten und Sanierungen von den Steuern abziehen. Weil das Bewohnen des Eigenheims aber quasi der Kapitalertrag der eigenen Immobilie ist, gibt es die Eigenmietwertbesteuerung. Dank ihr wird dieser Kapitalertrag nämlich besteuert. Anders gesagt: Steuerlich wird das Wohnen im Eigenheim behandelt, als ob die Eigenheimbesitzer:innen sich selber Miete bezahlen würden. Die Steuerbehörden schätzen die Höhe dieser Miete. Einen Teil davon müssen die Eigentümer:innen dann als Kapitalertrag versteuern. So wird verhindert, dass die Schere zwischen Mieter:innen und Eigentümer:innen noch grösser wird. Diese Eigenmietwertbesteuerung soll nun abgeschafft werden. Gewisse Steuerabzüge sollen aber weiterhin möglich bleiben.

Von der Revision profitieren vor allem wohlhabende, oft ältere Hausbesitzer:innen, deren Hypothek weitgehend abbezahlt ist. Sie zahlen in Zukunft deutlich weniger Steuern.

Mieter:innen hingegen, die weiterhin ihren Mietzins zahlen müssen und Erträge aus ihrem Vermögen versteuern, werden keine solchen Steuererleichterungen gewährt. Die Revision führt somit zu einer Benachteiligung von Mieter:innen gegenüber Hausbesitzer:innen.

Da die Vorlage vorsieht, dass künftig Hypothekarzinsen nicht mehr von den Steuern abgezogen werden können, sind auch insbesondere jüngere Hausbesitzer:innen wie Familien mit kleinen Kindern betroffen. Sie würden mit dem Systemwechsel in der Regel mehr Steuern zahlen als bisher und gehören damit ebenfalls zu den Verlier:innen der Vorlage.

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Steuerausfälle von 1,7 Milliarden Franken

Mit dem aktuell tiefen Zinsniveau führt die Revision zu jährlichen Steuerausfällen von rund 1,7 Milliarden bei Bund, Kantonen und Gemeinden. Damit wird der Bundeshaushalt und jener der Kantone zusätzlich belastet. Die bürgerliche Mehrheit im Parlament wollte aber darauf verzichten, die Vorlage haushaltsneutral zu gestalten. Dies führt unweigerlich zu Abbaumassnahmen bei ungebundenen Ausgaben des Bundes wie bei der Bildung, Kultur, Entwicklungszusammenarbeit oder der Gleichstellung.

Aber auch in den Kantonen könnte dies zu Abbaumassnahmen führen. Deshalb sprechen sich die Bergkantone, wo mehr Menschen in Eigenheimen wohnen als in städtischen Gebieten, klar gegen die Vorlage aus. Allein dadurch, dass der Eigenmietwert auch bei Zweitwohnungen entfällt, erwarten Wallis und Graubünden Steuerausfälle von rund 120 Millionen Franken.

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Weniger klimafreundliche Sanierungen

Mit der bisherigen Regelung konnten Hausbesitzer:innen Renovationen, Umbauten und Sanierungen von den Steuern abziehen. Bei Annahme der Revision fallen diese Steuerabzüge weg. Viele Hausbesitzer:innen könnten deshalb auf Investitionen in klimafreundliche Sanierungen verzichten, da diese nicht mehr steuerlich begünstigt sind. Dies könnte den Fortschritt bei der energetischen Sanierung von Wohngebäuden behindern und die Klimaziele der Schweiz gefährden.

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Zunahme der Schwarzarbeit

Die geplante Reform würde gemäss Expert:innen auch zu einer Zunahme der Schwarzarbeit führen. Wenn Renovationen, Umbauten und Sanierungen nicht mehr steuerlich begünstigt sind, müssen Hausbesitzer:innen den Steuerbehörden keine sauberen Rechnungen mehr vorlegen. Dies dürfte die Schattenwirtschaft im Bausektor verstärken.

Aktuell ist der Anteil an Schwarzarbeit in der Schweiz im Vergleich mit den europäischen Nachbarländern sehr tief. Der internationale Schattenwirtschaftsexperte Friedrich Schneider schätzt im Tagesanzeiger, dass mit der Abschaffung der Steuerabzüge die Schwarzarbeit gegenüber heute um etwa 450 bis 650 Millionen Franken pro Jahr zunähme.

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Konsequenzen der Objektsteuer unklar

Die Abschaffung des Eigenmietwerts ist verknüpft mit der Einführung einer undurchsichtigen und unerprobten «Objektsteuer». Dabei handelt es sich um eine neue Steuer, die Kantone auf Zweitliegenschaften erheben können. Diese Steuer soll die grossen Steuerausfälle in den Kantonen kompensieren. Das Problem: Die Ausgestaltung der Steuer ist völlig unklar und würde gemäss der Regierungskonferenz der Gebirgskantone zahlreiche neue Rechts- und Abgrenzungsfragen aufwerfen sowie die Bürokratie vergrössern. 19 von 26 Kantonen wehren sich deshalb gegen den geplanten Systemwechsel. Auch Eigentümer:innen könnten einen Nachteil aus dieser neuen Steuer erfahren, je nach Ausgestaltung.


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