BVG-Vorlage führt zu tieferen Netto-Einkommen und tieferen Renten

Frauen verfügen über rund einen Drittel tiefere Renten als Männer. Vor der Abstimmung über das Rentenalter versprachen Politiker:innen aller Parteien, das Problem bei der beruflichen Vorsorge anzugehen. Doch nun zeigt sich: Der ständerätliche Vorschlag erhöht die Frauenrenten nicht. Im Gegenteil, die Renten dürften sogar sinken.

Alex Kuprecht (SVP), Thomas Minder (parteilos), und Werner Salzmann (SVP) diskutieren während der Debatte um die BVG-Reform. (KEYSTONE/Peter Klaunzer)

Im Abstimmungskampf um die Erhöhung des AHV-Frauenrentenalters waren die tieferen Frauenrenten immer wieder Thema. Die Linken begründeten damit ihren Widerstand gegen die Vorlage. Die Rechten versprachen, dieses Problem bei der beruflichen Vorsorge anzugehen. Sinnvollerweise hätten die Stimmberechtigten bereits vor der Abstimmung über das Frauenrentenalter erfahren sollen, wie die Vorlage ausgestalten wird. Doch die bürgerliche Mehrheit im Parlament schob die Reform auf die lange Bank. Das SRF schrieb von einem «eigenartigen Politschauspiel».

Versprechen gebrochen

Kurz vor der Abstimmung im September betonte Kathrin Bertschy, GLP-Nationalrätin und Co-Präsidentin von Alliance F, im Blick: «Wir müssen diese Gelegenheit nutzen, um die Rentenlücke zwischen den Geschlechtern massiv zu verkleinern.» Im selben Atemzug haben Bertschy und andere bürgerliche Politiker:innen Verbesserungen für die Frauen verhindert. Gemäss ständerätlichem Vorschlag werden die Rentenzuschläge zeitlich befristet, und die Berechnungsmethode wurde so festgelegt, dass rund die Hälfte der Versicherten leer ausgehen würde. Im Unterschied zum Kompromiss von Gewerkschaften und Arbeitgeberverband müssen sich weder Arbeitgeber noch Personen mit sehr hohen Einkommen solidarisch an der Finanzierung beteiligen. Für die Versicherten bringt der bürgerliche Vorschlag eine spürbare Verschlechterung.

Bürgerlicher Kahlschlag: Von Rentensicherung zum Rentenabbau

Ursprünglich lag ein Kompromiss auf dem Tisch. Arbeitgeber und Gewerkschaften hatten zusammen mit dem Bundesrat eine Vorlage ausgearbeitet, die für alle Verbesserungen gebracht hätte – der sogenannte Sozialpartner-Kompromiss. Doch eine bürgerliche Allianz strich die sozialen Ausgleichsmassnahmen aus der Vorlage.

Die aktuelle Vorlage sieht nun folgende Massnahmen vor:

  1. Der Umwandlungssatz soll von 6,8 auf 6 Prozent gesenkt werden. Der Umwandlungssatz bestimmt die Rentenhöhe. Konkret wird dieser Satz auf das angesparte Altersguthaben angewendet. Eine Senkung des Umwandlungssatzes führt deshalb zu tieferen Renten für alle.
  2. Tiefe Einkommen bezahlen unverhältnismässig hohe Beiträge. Mit einer niedrigeren Eintrittsschwelle und tieferen Koordinationsabzügen werden mehr Lohnanteile versichert. Das führt zu einer etwas höheren Rente, während des Arbeitslebens aber zu einem tieferen Netto-Lohn. Das kann gerade für Menschen mit einem tiefen Einkommen einschneidend sein.
  3. Fünfzehn Jahrgänge erhalten Rentenzuschläge. Rund die Hälfte der Rentner:innen wird damit eine Kompensation für die Senkung des Umwandlungssatzes von 6,8 auf 6 Prozent erhalten, die andere Hälfte wird leer ausgehen. Ausserdem erhalten beim vorliegenden Vorschlag nur diejenigen einen Rentenzuschlag, die mindestens zehn Jahre vor der Pensionierung versichert waren. Das heisst: Eine 56-Jährige, die bisher nicht bei einer Pensionskasse versichert war (z. B. wegen mehreren Teilzeit-Jobs), kriegt keinen Rentenzuschlag.

Die Debatte im Parlament dürfte spannend werden. Sollten die bürgerlichen Parteien ihr Versprechen für die Verbesserung der Frauenrenten nicht einhalten, wird die Vorlage bei den Linken und dem Stimmvolk einen schweren Stand haben. Die Debatte in der Wintersession wird für die Zukunft der beruflichen Vorsorge wegweisend sein.

 

Der Sozialpartner-Kompromiss
Die Voraussetzungen für eine breit abgestützte Lösung, die für die Mehrheit der Bevölkerung Vorteile brächte, wären eigentlich gegeben: Der Schweizerische Gewerkschaftsbund, Travail.Suisse und der Arbeitgeberverband erarbeiteten einen Kompromissvorschlag mit drei Kernelemente: Kompensation einer Senkung des Umwandlungssatzes mit Rentenzuschlag für Neurentner:innen, Verbesserung der Rentensituation von Personen mit tiefen Einkommen und eine bessere Absicherung von Menschen, die mit tiefen Teilzeitpensen heute benachteiligt sind.

1 Kommentar

  1. als überzeugter sozialist bin ich der meinung, dass wir an dieser BVG-misere eine gwisse mitschuld tragen. viele meiner kollegen und freunde fragen mich oft, was die im parlament eigentlich wollen. würde unsere partei ein eigenes radio betreiben und mattea und cédric würden die problematik so erklären wie auf facbook würden viele leute das auch besser verstehen und bei abstimmungen auch entsprechend honorieren.viele meiner freunde wären auch bereit geld für ein radio zu spenden.
    trotzdem viel erfolg im parlament bei euren bemühungen für verbesserungen hg toni

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