Der Schweizer Finanzplatz hat einen massiven Einfluss auf das Klima und die Biodiversität. Er ist weltweit für mindestens das 18-fache der gesamten inländischen CO2-Emissionen verantwortlich. Doch das Bewusstsein für diese enorme Verantwortung und das transformative Potenzial des Finanzsektors wächst nur zögerlich – sowohl in der Bevölkerung als auch bei politischen Entscheidungsträger:innen.
Während die hiesige Wirtschaft und auch Privatpersonen mehr oder weniger grosse Anstrengungen für mehr Nachhaltigkeit und Klimaschutz unternehmen, ducken sich wichtige Finanzakteur:innen weg. Statt ihre Verantwortung wahrzunehmen, spielen sie den Ball der Politik zu – als wäre die Lösung der Klimakrise allein deren Aufgabe. Gleichzeitig setzt sich die Finanzlobby mit ihren Ressourcen und zahlreichen parlamentarischen Interessensvertreter:innen bis heute erfolgreich gegen verbindliche staatliche Regulierungen im Finanzsektor durch. Das Resultat: Bei Nachhaltigkeit im Finanzsektor setzt der Bund auf Selbstverantwortung.
Massnahmen bleiben somit vorwiegend freiwillig – und reichen bei weitem nicht: Ungehindert richten hier ansässige Finanzinstitute, insbesondere Grossbanken und Versicherungen, mit ihren internationalen Geschäftstätigkeiten nach wie vor grosse Schäden an. Jährlich fliessen Milliardenbeträge in umweltschädliche Aktivitäten im Ausland, etwa in die Abholzung von Regenwald oder den Ausbau von fossiler Infrastruktur.
Globale Initiativen stehen unter Druck
Auf internationaler Ebene haben in den letzten Jahren diverse globale Initiativen auf die entscheidende Rolle der globalen Finanzflüsse für die Bewältigung der Klima- und Biodiversitätskrise hingewiesen. Auch wenn die meisten davon auf das Fernziel «Netto Null Emissionen bis 2050» hinauslaufen, anstatt konkrete Ziele und Massnahmen bis 2030 einzufordern, stehen sie sinnbildlich für die Anerkennung der Verantwortung und des Handlungsbedarfs im Finanzsektor. So gibt es etwa die «Finanzminister:innen für Klima»-Initiative, unter deren Mitglieder auch die Schweiz aufgelistet ist. Allerdings haben Kenner:innen der Thematik bislang nicht den Eindruck, dass sich FDP-Finanzministerin Karin Keller-Sutter mit den Handlungsprinzipien und -möglichkeiten auseinandergesetzt hat.
Die «Net-Zero Banking Alliance Initiative» wiederum sorgte in den vergangenen Wochen für Negativschlagzeilen. Nachdem US-Präsident Donald Trump unterstrich, alle bisherigen Klimaverpflichtungen einzustampfen und die noch verfügbaren fossilen Energiereserven aus dem Boden zu holen, gab eine US-Grossbank nach der anderen ihren Austritt aus der Allianz bekannt. Die UBS, eine der Gründungsmitglieder, weicht der Frage aus, ob sie es ihren US-Konkurrenten gleichtun wird.
Finanzplatz-Initiative nimmt Finanzsektor in die Pflicht
Umso wichtiger ist es nun, diesem Trend aktiv entgegenzutreten. Die neue Finanzplatz-Initiative ist ein solches Gegenmittel. Ihr Ziel: Schweizer Finanzflüsse dürfen die Klimaerhitzung und Umweltzerstörung nicht noch weiter befeuern. Stattdessen soll das Geld endlich für den dringend benötigten Wandel hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft zur Verfügung stehen. Der Finanzsektor muss Teil der Lösung werden, anstatt Teil des Problems zu bleiben.
Die Initiative verlangt, dass Schweizer Finanzunternehmen ihre Geschäfte mit ausländischen Firmen an internationale Klima- und Biodiversitätsabkommen anpassen. Ausserdem sollen keine Finanz- oder Versicherungsleistungen mehr in neue oder erweiterte fossile Förderprojekte fliessen. Dies soll mit glaubwürdigen Transitionsplänen erreicht werden: Banken, Versicherungen, Vermögensverwalter sowie Pensionskassen müssen aufzeigen, mit welchen Strategien und Massnahmen sie die globalen Klima- und Biodiversitätsziele unterstützen.
Mindestanforderungen an Klima-Transitionspläne für Finanzinstitute werden zurzeit auch im Rahmen der Vernehmlassung zur Revision der Verordnung über die Berichterstattung über Klimabelange diskutiert. Doch die in der Vorlage vorgeschlagenen Mindestanforderungen bleiben deutlich hinter den von führenden internationalen Initiativen empfohlenen Standards zurück. Genau hier schliesst die Finanzplatz-Initiative eine entscheidende Lücke. Sie fordert robustere Mindestanforderungen und eine wirksame Aufsicht, die die Einhaltung der Bestimmungen sicherstellt und bei Bedarf Sanktionen ergreifen kann.
Asti Roesle ist Koordinatorin bei der Klima Allianz Schweiz zum Thema Finanzsektor und Klima. Die ausgebildete Forstingenieurin und Juristin ist seit über 20 Jahren Klimaaktivistin und arbeitete während 14 Jahren in internationalen Umweltprojekten bei Greenpeace.
Die Kolumne ist eine «Carte Blanche» und widerspiegelt die Meinung der Autorin.