Biodiversität: EU macht vorwärts

Der Rat der Europäischen Union hat die erste Verordnung über die Wiederherstellung der Natur in Europa verabschiedet. Denn durch die zunehmende Zerstörung der Lebensräume sterben immer mehr Tierarten aus. Darunter auch Arten wie Bienen oder Hummeln, die Nutz- und Wildpflanzen bestäuben. Damit sind sie ein unverzichtbarer Bestandteil der Lebensmittelproduktion.

Foto: Peter Schneider (Keystone)

Nur etwa 15 Prozent der natürlichen Lebensräume in der Europäischen Union sind in einem guten Zustand. Der Rest ist gefährdet oder bereits stark beschädigt. Flüsse, Seen, Moore und Böden trocknen aus. Das Ökosystem Wald ist bedroht. Die menschengemachte Klimakrise führt zu extremen Hitzewellen, Dürreperioden und Überschwemmungen nach Starkregen. Die dadurch zerstörten Lebensräume unzähliger Tier- und Pflanzenarten gefährden nicht zuletzt auch unsere Lebensmittelversorgung.

Insektensterben gefährdet Lebensmittelversorgung

In Europa werden vier von fünf Nutz- und Wildpflanzen von Insekten bestäubt. Bienen, Hummeln und Mücken tragen damit direkt zur Nahrungsmittelproduktion bei. Ohne Bestäubung gibt es keine Früchte und kein Gemüse – das ist also auch ein wirtschaftliches Anliegen. Auch deswegen muss das Artensterben gestoppt werden.

Mit dem Gesetz über die Wiederherstellung der Natur will die EU nicht nur die vielfältige Tier- und Pflanzenwelt retten, sondern auch die Widerstandsfähigkeit der geschädigten Lebensräume wiederherstellen – dies gegenüber Hitzewellen, Dürreperioden, Überschwemmungen und weiteren negativen Auswirkungen der Klimakrise.

Konservative wollten das Gesetz blockieren

Nach jahrelangen Verhandlungen einigten sich die EU-Umweltminister:innen auf einen Gesetzesentwurf. Doch im letzten Moment zog die Europäische Volkspartei (EVP) ihre Zustimmung zurück, mit dem Argument: Wenn weniger Flächen landwirtschaftlich genutzt werden dürfen, dann müssten mehr Lebensmittel importiert werden. Das ist jedoch nicht richtig: Denn das Gesetz soll keine neuen Schutzgebiete erschliessen, sondern lediglich zerstörte und beschädigte wiederherstellen. Die Enteignung von landwirtschaftlichen Flächen ist im Gesetz explizit ausgeschlossen.

Das EU-Parlament hat daraufhin aber dem Gesetzesvorschlag mit 336 Ja-Stimmen zu 300 Nein-Stimmen bei 13 Enthaltungen zugestimmt. Inzwischen wurde die erste Verordnung zur Wiederherstellung der Natur formell verabschiedet. Ziel ist es, Massnahmen zu ergreifen, damit bis 2030 mindestens 20 Prozent der Land- und Meeresgebiete der EU und bis 2050 alle geschädigten Ökosysteme wiederhergestellt sind. Für die Umsetzung werden nun konkrete rechtsverbindliche Ziele und Verpflichtungen festgelegt, wie zum Beispiel Massnahmen, um den Rückgang der Bestäuber-Populationen bis spätestens 2030 umzukehren.

Die Verordnung bedingt Massnahmen für unter anderem die folgenden Ziele:
  1. Wiederherstellung von mindestens 25’000 Kilometern frei fliessender Flüsse bis 2030: Nur 40 Prozent der europäischen Gewässer sind in einem guten Zustand. Nicht-nachhaltige Landwirtschaft, Wasserkraft, Dämme und Schifffahrt gelten als Hauptbelastungen.
  2. Schutz und Wiederherstellung der Artenvielfalt der Wälder, wobei bis 2030 mindestens drei Milliarden zusätzliche Bäume auf Unionsebene gepflanzt werden sollen: Etwa 80-90 Prozent aller an Land lebenden Tier- und Pflanzenarten der Welt sind in Wäldern zu Hause. Der Wald ist damit das Ökosystem mit der höchsten Biodiversität. Zusätzlich speichert er CO₂ und reinigt die Atemluft.
  3. Umkehr des Rückgangs der Bestäuber-Populationen bis 2030: Bienen und Schmetterlinge bestäuben mitunter am häufigsten Pflanzen für die Lebensmittelerzeugung. Jede dritte Bienen- und Schmetterlingsart ist eine abnehmende, bedrohte Art. Jede zehnte ist kurz vor dem Aussterben.

Ständerat setzt Lebensgrundlagen aufs Spiel

Auch in der Schweiz soll die Artenvielfalt besser geschützt werden, geht es nach den Initiant:innen der Biodiversitätsinitiative. Sie wollen den stärkeren Schutz der Biodiversität in der Bundesverfassung verankern. Es sollen mehr Flächen sowie zusätzliche finanzielle Mittel für die Biodiversität zur Verfügung gestellt werden. Nachdem der Gegenentwurf vom Bundesrat vergangenen Winter im Ständerat gescheitert ist, kommt die Initiative am 22. September zur Abstimmung.

 

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1 Kommentar

  1. Von wo sollen die „mehr Flächen“ kommen? Weshalb braucht es Geld? Pflanzen die reproduziern sich ja selber wenn sie Platz/ Flächen haben.

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