Ein Viertel aller Wiener:innen wohnt in Gemeindewohnungen

Der Wiener Gemeindebau ist weltbekannt. Die wohl heute noch sichtbarste Erinnerung an das «Rote Wien» prägt massgeblich das Stadtbild und die Wiener Wohnpolitik. Insgesamt sind in Österreichs Hauptstadt 220’000 Gemeindewohnungen errichtet worden – das ist rund ein Viertel aller Wohnungen in Wien. Eine halbe Million Mieter:innen wohnt in einer Gemeindewohnung.

Der Karl Marx-Hof gehört zu den bekanntesten Wohnbauten der Stadt Wien. Foto: Claudio Divizia (Keystone/Chromorange)

Begonnen hat der Gemeindebau in Wien in der Zwischenkriegszeit. Mit dem Ende der Habsburgermonarchie herrschte Anfang des 20. Jahrhunderts akuter Wohnungsmangel in der gesamten Stadt. 300’000 Wiener:innen waren wohnungslos, als die Sozialdemokratische Arbeiterpartei (SDAP) 1919 in den Wiener Gemeinderat gewählt wurde und die Zeit des «Roten Wiens» begann.

Erstes Wohnbauprogramm brachte 25’000 neue Wohnungen

Die ursprünglich geplante Förderung von Genossenschaftswohnungen erwies sich schnell als unrealistisch. Die Wiener:innen besassen schlicht kein Kapital dafür. So entstand der Plan für das erste Wiener Wohnbauprogramm. Dieses wurde 1923 beschlossen und war der Startschuss für den Bau von 25’000 Wohnungen. So entstanden der «Karl Marx-Hof», der «Metzleinstalerhof» oder das «Hundertwasser-Krawinahaus». Sie gehören auch heute noch zu den bekanntesten Wohnbauten der Stadt.

Das Rote Wien: 63’000 neue Wohnungen in 21 Jahren

Um den Wohnungsbau zu erleichtern, führte Finanzstadtrat Hugo Breitner 1923 die Wohnbausteuer ein. Eine durchschnittliche Gemeindewohnung war 1926 etwa 40 bis 50 Quadratmeter gross und kostete nur knapp vier Prozent eines normalen Arbeiter:innenlohns – ein Mietzins der heute undenkbar ist. In einem zweiten Wohnbauprogramm konnten bis 1934 über 63’000 Wohnungen gebaut und bezogen werden. Damit wohnte jede:r zehnte Wiener:in in einer Gemeindewohnung und die Gemeinde Wien wurde zur grössten Grundbesitzerin der Stadt.

Wiederaufbau beschleunigte gemeinnützigen Wohnbau

Mit dem Ende des Roten Wiens und dem Beginn des Austrofaschismus wurde der gemeinnützige Wohnbau zwischen 1934 und 1945 eingestellt. Nach dem Zweiten Weltkrieg begann der Wiederaufbau und damit ein neues Kapitel für den Wiener Gemeindebau. 1951 wurde die 100’000ste Wohnung seit Beginn der Wohnbauprogramme fertiggestellt. Bis zum Beginn der 1960er Jahre verdoppelte sich damit die Zahl der Gemeindewohnungen in der Grossstadt.

Gemeinnütziger Wohnbau heute wieder hoch gefragt

Auch heute noch setzt sich die Stadt Wien für mehr bezahlbaren Wohnraum ein. 2012 beschloss der damalige Wohnbaustadtrat Michael Ludwig das neue SMART-Wohnbauprogramm für kompaktes und kostengünstiges Wohnen. 2017 erfolgte der Spatenstich für das Wohnbauprogramm «Gemeindewohnungen Neu». Bereits 120 Wohnungen konnten bezogen werden und 3’700 weitere sind geplant. Dabei verlangt die Stadt von den Mieter:innen keine Eigenmittel und keine Kaution. Das Mietverhältnis ist unbefristet und kostengünstig.

Insgesamt werden momentan im geförderten Wohnbau etwa 5’500 bis 6’000 Wohnungen pro Jahr fertig gestellt. In Bau sind aktuell etwa 8’000, in Planung weitere 9’000 Wohnungen.

Wohnbauprogramme im Überblick

  • 1923 Erstes Wohnbauprogramm (25’000 Wohnungen)
  • 1927 Zusatzprogramm (5’000 Wohnungen)
  • 1927 Zweites Wohnbauprogramm (30’000 Wohnungen)
  • 1978 Wohnbauprogramm (35’000 Wohnungen)
  • 2012 Wohnbauprogramm SMART
  • 2017 Gemeindewohnungen Neu (etwa 3’820 Wohnungen)
  • eine Karte aller Wiener Gemeindebauten findet man hier.

Dieser Artikel wurde grösstenteils von NeueZeit.at übernommen.

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