Im Abstimmungskampf zur Stempelsteuer Anfang 2022 prangte auf den Plakaten der Gegner:innen der Slogan «Nur noch Lohn, Rente und Konsum besteuern? NEIN!». Das Referendumskomitee wollte damit aufzeigen, dass die Steuerlast von Konzernen fortlaufend reduziert wird, während Löhne und Renten immer stärker belastet werden. Die Anny-Klawa-Morf Stiftung hat diese Woche eine umfassende Studie veröffentlicht, welche die Kernaussage aus dem Abstimmungskampf empirisch untersucht. Die Zahlen sprechen eine klare Sprache. Zwischen 2000 und 2018 ist die Steuerlast auf Gewinne von Aktiengesellschaften und GmbH um mehr als 20 Prozent gesunken. Im gleichen Zeitraum stieg die Steuerbelastung für Einkommen aus Arbeit.
Was heisst das konkret? Eine Steuerlast für Arbeit von 48% sagt aus, dass auf 100 Franken Lohn 48 Franken Steuern bezahlt werden. Eine Steuerlast für Kapital von 33.8% bedeutet, dass auf 100 Franken steuerbare Gewinne 33.80 Franken Steuern anfallen. Dabei wird eine umfassende Sicht verglichen: Als Steuerlast für Arbeit gelten sowohl die normalen Einkommenssteuern wie aber auch Abgaben für Sozialversicherungen.
Grosse Umverteilung zwischen Kapital und Arbeit
Diese Verschiebung ist nicht ohne Folge, sondern führt zu einer stetigen Umverteilung der Vermögen. Konzerne und Reiche haben profitiert, während die Kaufkraft der breiten Bevölkerung immer mehr unter Druck kommt. Gleichzeitig entgehen so der öffentlichen Hand jährlich Milliarden von Franken an Steuereinnahmen. Peter Schmid-Scheibler, ehemaliger Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft und Stiftungsratsmitglied der Anny-Klawa-Morf-Stiftung, schreibt im Vorwort zur Studie: «In unserer Bundesverfassung ist die Besteuerung nach dem Prinzip der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit vorgesehen. Breite Schultern sollen folglich mehr stemmen müssen.» Die neue Studie stellt fest: Dieses Prinzip gerät immer mehr unter Druck.