Jede zweite arbeitstätige Person in der Schweiz hat bereits sexuelle oder sexistische Belästigung am Arbeitsplatz erlebt. Das zeigt eine neue Studie des Eidgenössischen Büros für die Gleichstellung von Frau und Mann (EBG) und des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO). Besonders betroffen sind Frauen, junge Berufstätige und Auszubildende. Die Ergebnisse werfen ein Schlaglicht auf die weite Verbreitung von sexueller Belästigung in der Schweiz.
Frauen und junge Angestellte besonders betroffen
44 Prozent der Frauen und 17 Prozent der Männer berichten, im Laufe ihres Berufslebens sexuelle Belästigung erfahren zu haben. Mehr als die Hälfte aller Befragten hat sexistische oder sexuelle Verhaltensweisen erlebt – von anzüglichen Kommentaren über unerwünschte Berührungen bis hin zu Übergriffen. Besonders alarmierend ist die Situation junger Frauen: Jede dritte Frau zwischen 16 und 25 Jahren war allein im vergangenen Jahr betroffen.
Die Studie macht deutlich, dass es sich bei sexueller Belästigung nicht um Einzelfälle handelt. Es zieht sich durch alle Branchen, tritt jedoch besonders häufig in Bereichen mit viel Kundenkontakt wie Gastronomie, Gesundheitswesen oder Banken auf. Meist sind männliche Arbeitskollegen die Verursacher, häufig auch in hierarchischen Verhältnissen.
Strukturelles Problem mit weitreichenden Folgen
Bei sexueller Belästigung handelt es sich nicht nur um eine persönliche Grenzüberschreitung, sondern um ein strukturelles Problem mit gravierenden Auswirkungen. Betroffene leiden oft unter Scham, Stress und Unsicherheit. Nicht selten entscheiden sie sich für einen Jobwechsel. Das Arbeitsklima wird für alle Mitarbeitenden beeinträchtigt, wenn sexistische Bemerkungen oder unerwünschte Berührungen zum Alltag gehören.
Gemäss dem Gleichstellungsgesetz und dem Arbeitsgesetz sind Arbeitgebende verpflichtet, ihre Mitarbeitenden vor sexueller Belästigung zu schützen und präventive Massnahmen zu ergreifen. Dennoch gibt es in jedem fünften Betrieb keinerlei Präventions- oder Interventionsmassnahmen. Zudem sind gemäss der Studie viele Arbeitgebende und Arbeitnehmende nicht ausreichend über die rechtlichen Rahmenbedingungen informiert. Dies erschwert sowohl die Prävention als auch die Unterstützung Betroffener.
Klare Massnahmen gefordert
Die Studie empfiehlt, sexuelle Belästigung durch verbindliche Massnahmen konsequent zu bekämpfen. Dazu gehören regelmässige Schulungen, klare Meldewege und die aktive Überwachung von Schutzmassnahmen. Unternehmen müssen ihrer Verantwortung nachkommen und ein respektvolles Arbeitsumfeld schaffen.