Mitte-Bundesrätin Viola Amherd tritt im März 2025 von ihrem Amt zurück. Sie wurde 2018 als achte Bundesrätin überhaupt in die Landesregierung gewählt. Zeit für einen Rückblick auf die Geschichte der Frauen im Bundesrat.
110 Männer, 10 Frauen
Seit der Einführung des Frauenstimmrechts im Jahr 1971 waren bis heute erst zehn Frauen im Bundesrat vertreten. Von den insgesamt 120 Bundesrät:innen seit 1848 waren also 110 Männer. Von den 40 gewählten Bundesratsmitgliedern seit 1971 waren 30 Männer. Betrachtet man das Gesamtbild der nationalen Politik, zeigt sich diese Untervertretung in allen Bereichen. Die Unterschiede nach Parteien sind jedoch enorm. Während bei der SP mehr als die Hälfte der Bundeshausfraktion aus Frauen besteht, hinken die bürgerlichen Parteien eklatant hinterher.
Von den bisher zehn Bundesrätinnen sind vier Sozialdemokratinnen: nämlich Elisabeth Baume-Schneider, Simonetta Sommaruga, Micheline Calmy-Rey sowie Ruth Dreifuss. Die SP strebt eine paritätische Besetzung ihrer zwei Sitze im Bundesrat an und geht dafür nötigenfalls auch mit einem reinen Frauenticket ins Rennen. Einzig die SVP stellte von den Bundesratsparteien noch nie eine Bundesrätin. Dies erstaunt kaum, beträgt doch ihr Frauenanteil in der Bundesversammlung lediglich 16 Prozent.
Der lange Weg der Frauen in den Bundesrat
Nach 136 Jahren und 93 Bundesräten wurde 1984 mit der Freisinnigen Elisabeth Kopp die erste Bundesrätin der Schweiz gewählt. Doch eigentlich hätte bereits 1983 eine Sozialdemokratin den Sprung in den Bundesrat schaffen sollen – wären da nicht die bürgerlichen Männer gewesen. Die damalige Zürcher Nationalrätin Lilian Uchtenhagen wurde von der SP-Fraktion als offizielle Kandidatin für die Nachfolge des verstorbenen SP-Bundesrats Willi Ritschard nominiert. Die bürgerlichen Männer hatten jedoch andere Pläne. Sie wählten SP-Nationalrat Otto Stich – entgegen dem Vorschlag der SP Schweiz.
«Die Regeln des Zusammenlebens und die Verteilung von Macht, Einfluss und Ressourcen sollen gleichberechtigt ausgehandelt werden. Das ist essenziell, gerade auch bei der Repräsentation in der Politik.»
Franziska Schutzbach
Nach der Nichtwahl von Lilian Uchtenhagen startete die SP 1993 einen neuen Versuch und nominierte Christiane Brunner als Nachfolgerin für den zurückgetretenen René Felber. Das Spiel wiederholte sich: Die vereinigte Bundesversammlung wählte anstelle der offiziellen Kandidatin Francis Matthey. Ein Aufschrei ging durch die Schweiz und Matthey erklärte Nichtannahme der Wahl. Als die SP der Bundesversammlung schliesslich ein Frauenticket mit Christiane Brunner und Ruth Dreifuss vorschlug, schaute die ganze Schweiz gebannt auf das Geschehen im Bundeshaus. Ruth Dreifuss wurde schliesslich im dritten Wahlgang zur zweiten Bundesrätin der Schweiz gewählt.
Eine Frage der Demokratie
Doch warum ist die paritätische Vertretung in der Landesregierung so zentral? Heute schreibt die Bundesverfassung in Artikel 175 vor, dass bei der Wahl von Bundesrät:innen darauf Rücksicht genommen werden muss, «dass die Landesgegenden und Sprachregionen angemessen vertreten sind.» Nicht aufgeführt ist das Geschlecht. Dies, obschon mehr als die Hälfte der Bevölkerung weiblich ist und ihre Unterrepräsentation einen massgeblichen Einfluss auf die Demokratie hat.
Geschlechterforscherin Franziska Schutzbach erklärt es gegenüber «direkt» nach dem Rücktritt von SP-Bundesrätin Simonetta Sommaruga so: «Frauen beanspruchen Mitsprache und Gleichberechtigung. Und sie wollen nicht nur ein Stück des Kuchens, sie wollen mitbestimmen über dessen Rezeptur», sprich: «Die Regeln des Zusammenlebens und die Verteilung von Macht, Einfluss und Ressourcen sollen gleichberechtigt ausgehandelt werden. Das ist essenziell, gerade auch bei der Repräsentation in der Politik.»
Mit Viola Amherd tritt nun die achte Bundesrätin ab. Folgt ihr ein Mitte-Mann, werden künftig nur noch zwei der sieben Sitze in der Landesregierung von Frauen besetzt sein.
Und man müsste auch einen Artikel schreiben, wie mit gewählten und ungewählten Bundesrätinnen umgegangen wurde und wird. Auf die Frau gezielt. Man müsste gerade mal der SVP einen Spiegel vorhalten. Wie sie damals über Simonetta Sommaruga hergezogen ist. Eva Herzog? Und jetzt Viola Amherd als „Sensibeli“ öffentlich ausschreibt. Ich bin sicher, dass von 30% SVP-Wählenden nicht mal die Hälfte solche feindseligen Attacken und Lügen gut finden, welche die politische Athmosphäre vergiften und vorallem Frauen vom Kandidieren abhalten. Man muss es aber öffentlich zurückweisen, laut und deutlich sagen.