Alle zwei Wochen wird in der Schweiz eine Frau ermordet. Die Täter sind praktisch immer Männer. Auch die Fälle von häuslicher Gewalt nehmen zu. Dies zeigt auch die Anzahl der Opferhilfeberatungen: Seit 2001 haben sich diese verdreifacht.
Um darauf aufmerksam zu machen, organisiert am 23. November eine breite Allianz an feministischen Organisationen eine nationale Demonstration gegen Gewalt und Unterdrückung. Sie fordert von der Politik, die Gewaltbekämpfung endlich prioritär zu behandeln. Die Demonstration findet in Bern statt und bildet den Startpunkt der jährlichen nationalen Kampagne «16 Tage gegen Gewalt an Frauen».
Ursprung der Gewalt
Die Gewalt gegen Frauen entsteht nicht im luftleeren Raum. Das Fundament dafür bildet die patriarchale Gesellschaftsstruktur. Nach wie vor werden Frauen auf ihren Körper und ihr Aussehen reduziert und bewertet. Dies führt zu einer Objektifizierung, die wiederum in Gewalt münden kann. Oft werden Übergriffe auch heruntergespielt oder die Schuld bei der Frau vermutet: Sie habe falsche Signale gesendet oder ein zu knappes Kleid getragen. Dabei wird die Verantwortung des Täters ignoriert. So geschehen zum Beispiel beim ehemaligen CVP-Nationalrat Yannick Buttet. Er wurde trotz Verurteilung wegen sexueller Belästigung zum Präsidenten der Walliser Tourismuskammer gewählt. Mit dieser Wahl sollte er auch indirekter Vorgesetzter jener Frau werden, die er zuvor belästigt hatte. Erst nach heftigen Protesten gab Buttet einen Monat später seinen Rücktritt bekannt.
Alle Gesellschaftsschichten betroffen
Gerade in den letzten Monaten wurden weitere, zutiefst verstörende Fälle von Gewalt gegen Frauen bekannt. In Binningen hat ein Mann seine Ehefrau umgebracht und verstümmelt, in Avignon hat ein Mann seiner Frau jahrelang Schlafmittel ohne ihr Wissen verabreicht und sie von anderen Männern vergewaltigen lassen. Und immer wieder wird von berühmten Männern berichtet, die mit zahlreichen Vergewaltigungsvorwürfen konfrontiert sind: Der Rapper P. Diddy und der mittlerweile verstorbene Harrods-Besitzer Mohammed Al Fayed sind nur die zwei jüngsten Beispiele.
All diese Fälle zeigen: Gewalt an Frauen ist ein gesamtgesellschaftliches Problem. Sie betrifft nicht nur Frauen aus einer gewissen Gruppe oder aus einem gewissen Milieu. Täter können gut betuchte Chefs oder Politiker sein, berühmte Künstler, eifersüchtige Ehemänner und Ex-Partner oder einfach nur der freundliche Familienvater von nebenan.
Die Kampagne «16 Days of Activism Against Gender Violence» wurde 1991 vom Women’s Global Leadership ins Leben gerufen. Die 16 Aktionstage beginnen jeweils am 25. November, dem Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen. Abschluss ist am Tag der Menschenrechte, dem 10. Dezember. Mit diesen Daten soll deutlich gemacht werden, dass Frauenrechte Menschenrechte sind. Im Jahr 2008 lancierte Frieda – feministische Friedensorganisation (ehemals cfd) zum ersten Mal in der Schweiz die Kampagne «16 Tage gegen Gewalt an Frauen». Seither tragen jährlich rund 180 Menschenrechtsorganisationen mit einem vielfältigen Programm an Aktivitäten und Veranstaltungen zur Kampagne bei.
Die nationale Demonstration findet am Samstag, 23. November um 14 Uhr in Bern statt.