Dank Tempo 30: Helsinki verzeichnet ein Jahr ohne Verkehrstote

Eine ehrgeizige Politik zur Geschwindigkeitsreduzierung und eine Neugestaltung des öffentlichen Raums zeigen Wirkung: Es gab in Helsinki in den letzten zwölf Monaten keinen einzigen Verkehrstoten.

Mehrere Fussgänger:innen queren an einem sonnigen Nachmittag eine breite, mit Kopfsteinpflaster ausgelegte Strasse in Helsinki, Finnland. Im Vordergrund laufen fünf Personen in unterschiedlichen Richtungen – teils allein, teils in kleinen Abständen zueinander. Links schliesst sich ein schattiger, von hohen Bäumen gesäumter Parkbereich an, teils verdeckt von geparkten Autos und einem Verkehrsschild mit den Aufschriften „Kluuvi“ und „Kasarmitori“. Rechts reihen sich historische mehrstöckige Gebäude mit steinernen Fassaden aneinander, davor weitere parkende Fahrzeuge und Hinweisschilder. Im Hintergrund öffnen sich die breiten Strassenzüge weiter ins Helle, wo man am Horizont weitere Personen, Autos und städtisches Leben erahnt.
Foto: Flickr/Paul Curto

In Helsinki ist seit einem Jahr kein:e Fussgänger:in, Fahrradfahrer:in oder Autofahrer:in auf den Strassen ums Leben gekommen.

Die Stadtverwaltung und die örtliche Polizei bestätigten, dass seit dem letzten tödlichen Unfall im Juli 2024 kein Todesfall mehr verzeichnet wurde. Das Ergebnis wird von den Verantwortlichen der Stadt als «aussergewöhnlich» bezeichnet.

Laut Roni Utriainen, Verkehrsingenieur in der Abteilung für urbane Umwelt, war die Reduzierung der Tempolimits der entscheidende Faktor.

Tempo 30 führt zu sichereren Strassen

Heute gilt auf mehr als der Hälfte der Strassen in Helsinki Tempo 30. Und der Trend hält an: Mit Beginn des neuen Schuljahres wird die Geschwindigkeit in der Nähe von Schulen ebenfalls auf 30 km/h reduziert.

Die Logik ist einfach: Bei geringerer Geschwindigkeit kommt es seltener zu Unfällen und diese sind weitaus weniger schwerwiegend. Für besonders gefährdete Personen wie Fussgänger:innen und Radfahrer:innen bedeutet dies eine enorme Verbesserung.

Stadtplanung und verstärkte Kontrollen

Über Tempo 30 hinaus hat die Stadt auch ihre Infrastruktur grundlegend umgestaltet. Verbreiterte Gehwege, gesicherte Radwege, neu gestaltete Fussgänger:innenstreifen: Die Mobilität ist besser in den öffentlichen Raum integriert. Gleichzeitig wurde die Kontrolle mit mehr Geschwindigkeitsmessgeräten und Kameras verschärft.

Auch die technologische Entwicklung spielt eine Rolle: Autos, aber auch andere Verkehrsmittel wie Fahrräder oder Roller sind heute sicherer als noch vor einigen Jahren.

Ein stetiger Rückgang der Unfälle

Die Zahlen sprechen für sich. Zwischen 2024 und 2025 wurden in Helsinki 277 Unfälle mit Verletzten registriert. Ende der 1980er Jahre waren es noch fast 1000 pro Jahr und bis zu 30 Verkehrstote.

Dieser Fortschritt ist Teil einer langfristigen Strategie. Der Verkehrssicherheitsplan 2022–2026 Helsinkis legt den Schwerpunkt auf den Schutz der am meisten gefährdeten Verkehrsteilnehmenden: Kinder, Jugendliche, Fussgänger:innen und Fahrradfahrer:innen.

Zu den jüngsten Herausforderungen zählt der unerwartete Boom der Elektroroller. Die finnische Hauptstadt hat jedoch schnell reagiert. Um die Sicherheit zu erhöhen, haben die Behörden Vorschriften, spezielle Zonen und Tempolimits eingeführt.

Europäisches Ziel: null Verkehrstote bis 2050

Die Europäische Union hat sich ebenfalls ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: bis 2050 keine Verkehrstoten mehr. Diese Politik trägt den Namen «Vision Zero» und wird von einigen als utopisch bezeichnet. Andere europäische Städte, die ein Tempo 30 eingeführt haben, haben die gleichen Erfahrungen wie Helsinki gemacht. Es handelt sich also nicht um Träumerei, sondern um eine in vielen Stadtzentren realisierbare Realität.


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