Am 28. September wird im Kanton Bern über die Miet-Initiative abgestimmt. Diese verlangt transparente Vormieten. Das heisst: Bei einem Mieter:innenwechsel muss der bisherige Mietzins offengelegt werden. So können neue Mieter:innen überprüfen, ob die angepasste Miete gerechtfertigt ist. Missbräuchliche Erhöhungen würden so einfacher erkannt, von der Schlichtungsstelle überprüft – und wenn nötig korrigiert.
Neu ist dieses Instrument nicht. Bereits neun Kantone – darunter Freiburg, Luzern und Basel-Stadt – haben die gesetzliche Grundlage für die Offenlegung des bisherigen Mietzinses eingeführt. Diese Offenlegung soll eine preisdämpfende Wirkung auf die Mieten haben, die angesichts des Anstiegs von 30 Prozent in den letzten 20 Jahren im Kanton Bern dringend nötig ist. «direkt» hat bei Patrik Gruber, Vertrauensanwalt des Mieter:innenverbands aus dem Kanton Freiburg, nachgefragt, wie sich transparente Vormieten auswirken und was ein Ja zur Miet-Initiative für die Mieter:innen im Kanton Bern bedeuten würde.
«direkt»: Wie beurteilen Sie die Wirkung von transparenten Vormieten?
Patrik Gruber: Im Kanton Fribourg gibt es das Formular zur Mitteilung der Vormieten seit vielen Jahren. Sie ist wichtig, denn Wohnen ist kein Gut, auf dass man einfach verzichten kann. Wir alle müssen irgendwo wohnen. Als Mieter muss ich langfristige Verbindlichkeiten eingehen und bin den Vermieter:innen ausgeliefert, weil ich gar keine andere Wahl habe. Wenn sich mit mir noch 20 andere Menschen auf die gleiche Wohnung bewerben, habe ich keinen Verhandlungsspielraum. Ich muss nehmen, was ich kriege. Und da hat die Formularpflicht schon eine klare Signalwirkung.
«Vermieter:innen werden damit in ihrer Schamlosigkeit gebremst.»
«direkt»: Weil das Formular eine gewisse Transparenz bringt?
Patrik Gruber: Ja, Vermieter:innen werden damit in ihrer Schamlosigkeit gebremst. Sie haben sich schlicht weniger dafür, die Mietzinsen bei einem Wechsel der Mietenden unverhohlen und ohne Begründung zu erhöhen. Allerdings reicht eine Erhöhung von bis zu 10 Prozent laut Bundesgericht nicht, um den Anfangsmietzins anzufechten.
«Die Offenlegung der Vormieten bedeutet keinen Mehraufwand. Technisch kann das so gelöst werden, dass das Formular beim Ausdrucken des neuen Mietvertrags automatisch mitgedruckt wird.»
«direkt»: Lässt sich diese Wirkung bei einem Ja auf den Kanton Bern übertragen?
Patrik Gruber: Auf jeden Fall. Die Bekanntmachung der Vormieten ist ein wichtiges und nützliches Mittel für Mieter:innen. Deswegen hat alt Bundesrat Alain Berset in seiner Amtszeit versucht, die transparenten Vormieten landesweit einzuführen. Die Hauseigentümer:innen im Parlament haben sich aber erfolgreich dagegen gewehrt. Ihr Hauptargument war, dass es «nicht nötig» sei – ein Argument, dass immer wieder kommt, wenn es darum geht, einen Blick in ihre Bücher zu erhalten. Für mich ist klar: Eben gerade deshalb ist es nötig.
«Die Initiative hätte nicht nur eine positive Wirkung im Kanton Bern, sondern wäre ein Signal für die ganze Schweiz.»
«direkt»: Gegner:innen argumentieren, es sei ein «Bürokratiemonster ohne Wirkung». Was sagen sie dazu?
Patrik Gruber: Das geht definitiv unter die Kategorie «Scheinargumente». Die Offenlegung der Vormieten bedeutet keinen Mehraufwand. Auf dem Formular müssen genau die gleichen Informationen bekannt gegeben werden wie bei einer Mietzinserhöhung. Wenn sie mehr Geld von den Mieter:innen wollen, scheuen die Vermieter ja auch keinen «Mehraufwand». Technisch kann das so gelöst werden, dass das Formular beim Ausdrucken des neuen Mietvertrags automatisch mitgedruckt wird. Denn sowohl der alte als auch der neue Mietzins sind im System unter der Referenznummer der Wohnung wie in einer Bibliothek erfasst. Vermieter:innen, die so argumentieren, wollen bloss verhindern, dass ersichtlich ist, wieviel Gewinn sie mit einer Mietwohnung erzielen.
«direkt»: Welche Auswirkung könnten ein Ja zur Initiative in Bern haben?
Patrik Gruber: Ich denke, die Initiative hätte nicht nur eine positive Wirkung im Kanton Bern, sondern wäre ein Signal für die ganze Schweiz. Es ist wichtig, dass die Pflicht zu transparenten Vormieten in möglichst vielen Kantonen eingeführt wird und der Kanton Bern hat mit seiner Grösse zusätzlich eine gewisse Relevanz. Wird die Formularpflicht national eingeführt, könnten ausserkantonale Vermieter:innen auch nicht mehr die Ausrede bringen, dass sie nichts davon gewusst hätten.