Die Studie des Ökonomen und Experten für Klimapolitik Lucas Chancel in der Fachzeitschrift Nature Sustainability spricht eine deutliche Sprache. Bei CO2-Emissionen herrscht enorme Ungleichheit. Die reichsten zehn Prozent der Weltbevölkerung sind für fast die Hälfte aller Emissionen verantwortlich, während auf die ärmere Hälfte der Bevölkerung weniger als 12 % der Emissionen entfallen. Allein auf das reichste Prozent der Weltbevölkerung entfallen 16.9 Prozent des totalen Ausstosses. Das bedeutet, dass ein Hundertstel der Weltbevölkerung (ca. 77 Millionen Menschen) etwa 50 Prozent mehr CO2 ausstösst als die ärmsten 50 Prozent (3.8 Milliarden Menschen).
Während in westlichen Ländern der Co2-Ausstoss für tiefe und mittlere Einkommen seit 1990 kontinuierlich abgenommen hat, haben die Emissionen des reichsten Prozents weiter zugenommen. Der Grossteil der Gesamtemissionen der Superreichen stammt aus ihren Investitionen und nicht aus dem Konsum. Letzterem sind Grenzen gesetzt, selbst wenn er exzessiv ist. Bei den Investitionen, insbesondere bei Finanzgeschäften und ihren weitreichenden Folgen, gibt es diese menschlichen Grenzen nicht.
«Alle Menschen tragen zum Klimawandel bei – aber nicht alle in gleichem Ausmass.»
Lucas Chancel
Neue Klimagesetze müssen Ungleichheit berücksichtigen
In seinen Schlussfolgerungen hält der Autor der Studie fest, dass derzeit kein Land Massnahmen beschlossen hat, um die Klimaziele für 2030 zu erreichen. Er betont, dass Klimapolitik den massiven Unterschied bei CO2-Emmissionen zwischen den reichsten und den ärmeren berücksichtigen muss. Regulierungen, Steuern und andere Klimamassnahmen müssen vor allem dort greifen, wo die Menschen hohe Emissionen verursachen. Ein Blick auf die Gesetzgebung der letzten Jahrzehnte zeigt, dass oft gerade die unteren und mittleren Einkommensklassen – und damit Menschen mit geringen Emissionen – überproportional von den Massnahmen betroffen waren.
Club of Rome: Nur wenn die reichsten 10 Prozent ihre Rechnung zahlen, können wir den Klimawandel stoppen
50 Jahre nach «Grenzen des Wachstums» hat der Club of Rome ein neues Buch publiziert. In «Eine Erde für alle» halten die Autor:innen fest, dass die wachsende Ungleichheit das grösste Hindernis für die Bekämpfung des Klimawandels ist. Ohne sofortige und aussergewöhnliche Massnahmen zur Umverteilung des Reichtums in den nächsten 50 Jahren, so die Autor:innen, würden Gesellschaften so dysfunktional, dass sie den Klimawandel nicht mehr abwenden könnten und kommenden Generationen in einer Welt leben müssen, die viel weniger attraktiv und lebenswert sei.
«Unsere Wirtschafts- und Finanzsysteme sind kaputt, und wir erreichen ein gefährliches Maß an Ungleichheit. Wollen wir den ersten Billionär sondern funktionierende, faire demokratische Gesellschaften schaffen?»
Sandrine Dixson-Declève, Autorin und Co-Präsidentin Club of Rome
Mit sofortigem Handeln ist es möglich den Klimawandel zu bekämpfen
Die gute Nachricht ist, dass der Club of Rome davon überzeugt ist, dass wir das Steuer beim Klimawandel noch herumreissen und die Erderwärmung auf plus 2 Grad beschränken können. Dies allerdings nur, wenn sofort einschneidende Massnahmen gegen die Ungleichheit ergriffen werden. Etwa Vermögens-, Konzern-, und Erbschaftsteuern, das Schliessen aller Steueroasen und dem Kampf gegen Steuerbetrug.
Konkret formuliert der Think Tank ein Szenario «The Giant Leap» mit Massnahmen in fünf Bereichen, die nötig wären:
- Beendigung der Armut durch eine Reform des internationalen Finanzsystems, um 3-4 Milliarden Menschen aus der Armut zu befreien.
- Bekämpfung der groben Ungleichheit, indem sichergestellt wird, dass die reichsten 10 Prozent nicht mehr als 40 Prozent des nationalen Einkommens erhalten.
- Stärkung der Rolle der Frauen, um bis 2050 eine vollständige Gleichstellung der Geschlechter zu erreichen.
- Umgestaltung des Lebensmittelsystems, um eine gesunde Ernährung für die Menschen und den Planeten zu gewährleisten.
- Umstellung auf saubere Energie, um bis 2050 Netto-Null-Emissionen zu erreichen.