Klimaschädlicher Autobahnausbau führt zu Mehrverkehr

Im November stimmen wir über den milliardenschweren Autobahnausbau ab. Studien zeigen, dass ein Ausbau der Spuren zu Mehrverkehr führt. Dies steht im Widerspruch mit den Schweizer Klimazielen und gefährdet den Klimaschutz.

(KEYSTONE/Jean-Christophe Bott)

Es ist eine grosse Stange Geld, die Mitte-Rechts im Parlament für den Ausbau der Schweizer Autobahnen gesprochen hat: 5,3 Milliarden Franken soll der Ausbau kosten – fast eine Milliarde mehr, als der Bundesrat ursprünglich vorgesehen hatte. Das erstaunt, denn in anderen Bereichen wie Bildung, Kultur oder der internationalen Zusammenarbeit drohen massive Kürzungen von Seiten des Bundes. Auch für die Stärkung der Kaufkraft der breiten Bevölkerung fehle scheinbar das Geld, beispielsweise beim Teuerungsausgleich bei den Renten, bei der Prämienentlastung oder bei der familienergänzenden Kinderbetreuung.

Am 24. November stimmt die Schweiz über diesen milliardenschweren Autobahnausbau ab. Der Grund: SP, Grüne, Umwelt- und Verkehrsverbände haben das Referendum dagegen ergriffen. Dies jedoch nicht in erster Linie aus finanzpolitischen Überlegungen. «direkt» zeigt die wichtigsten Punkte auf.

 1 

Mehr Strassen führen zu mehr Verkehr

Mehr Spuren erhöhen das Verkehrswachstum. Dadurch entstehen in kurzer Zeit neue Staus, wie zahlreiche Studien belegen. Der Grund: Gibt es mehr Platz auf den Autobahnen und entsprechend weniger Stau, setzen sich mehr Menschen ins Auto als zuvor. Sie füllen die neuen Spuren schrittweise wieder auf. Der gewünschte Effekt der langfristigen Entlastung bleibt somit aus. Stattdessen führt der Ausbau zu noch mehr Verkehr – egal ob auf dem Land, in den Städten oder in den Agglomerationen.

 2 

Der Autobahnausbau schadet dem Klima

Mit knapp 14 Millionen Tonnen pro Jahr verursacht der Verkehr rund ein Drittel aller klimaschädlichen Emissionen in der Schweiz. Der grösste Teil davon im Personenverkehr. Ein Blick auf die Zahlen zeigt: Rund 70 Prozent aller gefahrenen Kilometer legt die Schweizer Bevölkerung im Auto zurück und nur 20 Prozent davon im öffentlichen Verkehr. Mehr als drei Viertel der Haushalte besitzen ein Auto – und nur rund 50 Prozent ein öV-Abo. Mit dem Ausbau der Autobahnen wird es noch mehr Autos und damit eine Zunahme bei den CO2-Emissionen geben.

Auch Elektroautos sind keine Lösung, denn über den Lebenszyklus betrachtet sind sie nicht klimaneutral und lassen den Stromverbrauch ansteigen. Dadurch werden die Energiewende und der Klimaschutz erheblich erschwert.

 3 

Die Klimaziele können nicht erreicht werden

Wenn die Treibhausgasemissionen beim Personenverkehr nicht gesenkt werden, wird die Schweiz das Pariser Klimaziel Netto-Null bis 2050 nicht erreichen. Mit dem Ja zum Klimaschutzgesetz hat die Stimmbevölkerung dieses Ziel aber gesetzlich verankert. Der Autobahnausbau würde genau in die entgegengesetzte Richtung gehen. Um die Klimaneutralität zu erreichen, müsste stattdessen der öffentliche Verkehr hinsichtlich Kosten, Nutzung und Erreichbarkeit merklich attraktiver werden. Mit höheren Investitionen in den öV könnte auch die Infrastruktur ausserhalb der Städte und Agglomerationen verbessert werden. So wäre es in Zukunft nicht mehr nötig, dass sich ein Grossteil der Bevölkerung allein in ein Auto setzt, um von A nach B zu gelangen.

 4 

Betroffene gegen Autobahn-Ausbau

Nach Nyon lehnt auch in Genf die Stadtregierung den sechsspurigen Autobahnausbau mit einer klaren Mehrheit ab. Sie befürchtet, dass der Ausbau den Verkehr in der Stadt massiv erhöhen wird. Selbst das Bundesamt für Strassen (ASTRA) prognostiziert, dass in nur 12 Jahren bei der Verzweigung Vengeron 44’000 zusätzliche Autos pro Tag erwartet werden, was die Autobahn erneut an ihre Kapazitätsgrenzen bringt. Auch in Basel, Bern, St. Gallen und Schaffhausen wehren sich Betroffene, Parteien und Verbände gegen die Ausbaupläne. Neben dem Mehrverkehr müssten Einwohner:innen in St. Gallen auch den Abriss der zweitneusten Olma-Halle in Kauf nehmen, da diese für den Ausbau der dritten Röhre des Rosenbergtunnels weichen müsste.

2 Kommentare

  1. Wahrscheinlich haben Sie nicht ganz unrecht mit ihrer Argumentation.
    Nicht erwähnt haben Sie das enorme Bevölkerungswachstum der Schweiz:
    Bevölkerungsveränderung Schweiz 2010–2019 Die ständige Wohnbevölkerung der Schweiz umfasste am 31. Januar 2022 8,773 Mio. Einwohner. Das Bevölkerungswachstum beträgt seit dem Jahr 1999 jährlich rund 1 %. Der Ausländeranteil ist im gleichen Zeitraum von 19,4 % auf 25,1 % gestiegen. Eine Zunahme von ca. 80’000 Personen pro Jahr was mit ein Grund ist für die Zunahme sowohl beim privaten als auch beim öffentlichen Verkehr. Zusätzlich belastet der Bauverkehr die Strassen für die zusätzlichen Wohnungen aufgrund des enormen Bevölkerungswachstums.
    Das Thema scheut die SP wie der Teufel das Weihwasser, schade wahrscheinlich eines der Themen die auf dem Sorgenbarometer oben stehen.
    Freundliche Grüsse
    Theo strub

  2. Für den Verkehr braucht es ein kontinental koordiniertes Konzept, das vom Flugfernverkehr bis zum Wanderweg alle Verkehrsträger sowie die künftige Energie-Infrastruktur (Strom-, E-Wasserstoff- und E-Fuels-Netze) im ganzheitlichen Sinn miteinbezieht.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein